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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.

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der Aphrodite neben der Bildsäule der Göttin eine Statue der Phryne auf¬
stellen. Ursprünglich arm, hatte sie durch die Geschenke ihrer Verehrer solchen
Reichthum gewonnen, daß sie den Thebauern anbieten konnte, auf eigene Kosten
die Mauern der zerstörten Vaterstadt wieder aufzubauen.

Noch zur Zeit des peloponnesischen Krieges lebte in Korinth die als hab¬
süchtig und wählerisch geltende ältere Lais, die aber die reichsten und vor¬
nehmsten Männer unter ihre Verehrer und selbst Philosophen wie den Hedoniker
Aristippos zu ihren Freunden zählte. Ein Denkmal in Korinth stellte sie als
widderzerreißende Löwin dar.

Eine jüngere Lais war Tochter der Tim antra, der bekannten Freundin
der Alkibiades und soll zu Hypereides in Beziehungen gestanden ha¬
ben, nachdem sie aus Sicilien, vielleicht als Krieggefangene, nach Korinth
gekommen war. Als sie von dem Feldherrn Demosthenes für ihre Gunst
10,000 Drachmen verlangte, soll ihr derselbe mit den Worten den Rücken ge¬
wendet haben: "So theuer kaufe ich die Reue nicht". Später ging sie mit
einem gewissen Hippolochos nach Thessalien und wurde dort von andern Frauen
aus Neid über ihre Schönheit gesteinigt.

Mit dem Verfall des politischen wie des socialen Lebens nach dem pelo-
ponnesischen Kriege mußte die in Rede stehende Frauenklasse an Umfang und
Einfluß noch zunehmen. Doch begnüge ich mich ans der großen Zahl der
Hetären, die im vierten Jahrhundert zahlreichen Geschäftskreisen eine eigenthüm¬
liche Signatur ausdrücke", einige wenige herauszuheben.

Eine Freundin Alexander's des Großen war Thals aus Athen, die ihn
auf seinen Kriegszügen bis nach Indien hin begleitete und dnrch Schönheit,
Geist und Liebenswürdigkeit den König eng an sich fesselte. Sie soll es ge¬
wesen sein, die nach einem schwelgerischen Gelage in der eroberten Königsburg
von Persepolis in trunkener Siegeslust und bakchantischen Festtaumel den
König und die Zechgenossen dazu fortriß, die Fackeln in das Cederngetäfel des
prachtvollen Palastes zu werfen und durch den Brand der alten Königsstadt
die Verbrennung Athen's durch die Ahnen der Perser zu rächen. Nach Alexan¬
der's Tode wurde sie die Gemahlin seines Feldherrn Ptolemäus Lage, der in
der Folge den ägyptischen Thron bestieg. -- Eins der berühmtesten Gemälde
des Alterthums war eine Kranzwinderin von Pausias, in welcher der Maler
seine Freundin, die berühmte Glykera von Sikyon dargestellt hatte. -- Eine
andere Glykera, sowie Pythionike genossen am Hofe des Harpnlvs,
Myrrhina an dem der Demetrios königliche Ehren.

Zuletzt bleibt mir noch die schöne Aspasi a aus Milet zu erwähnen. Wenn
ich sie nicht mit unter die übrigen Hetären eingereiht habe, so geschah es, um


der Aphrodite neben der Bildsäule der Göttin eine Statue der Phryne auf¬
stellen. Ursprünglich arm, hatte sie durch die Geschenke ihrer Verehrer solchen
Reichthum gewonnen, daß sie den Thebauern anbieten konnte, auf eigene Kosten
die Mauern der zerstörten Vaterstadt wieder aufzubauen.

Noch zur Zeit des peloponnesischen Krieges lebte in Korinth die als hab¬
süchtig und wählerisch geltende ältere Lais, die aber die reichsten und vor¬
nehmsten Männer unter ihre Verehrer und selbst Philosophen wie den Hedoniker
Aristippos zu ihren Freunden zählte. Ein Denkmal in Korinth stellte sie als
widderzerreißende Löwin dar.

Eine jüngere Lais war Tochter der Tim antra, der bekannten Freundin
der Alkibiades und soll zu Hypereides in Beziehungen gestanden ha¬
ben, nachdem sie aus Sicilien, vielleicht als Krieggefangene, nach Korinth
gekommen war. Als sie von dem Feldherrn Demosthenes für ihre Gunst
10,000 Drachmen verlangte, soll ihr derselbe mit den Worten den Rücken ge¬
wendet haben: „So theuer kaufe ich die Reue nicht". Später ging sie mit
einem gewissen Hippolochos nach Thessalien und wurde dort von andern Frauen
aus Neid über ihre Schönheit gesteinigt.

Mit dem Verfall des politischen wie des socialen Lebens nach dem pelo-
ponnesischen Kriege mußte die in Rede stehende Frauenklasse an Umfang und
Einfluß noch zunehmen. Doch begnüge ich mich ans der großen Zahl der
Hetären, die im vierten Jahrhundert zahlreichen Geschäftskreisen eine eigenthüm¬
liche Signatur ausdrücke», einige wenige herauszuheben.

Eine Freundin Alexander's des Großen war Thals aus Athen, die ihn
auf seinen Kriegszügen bis nach Indien hin begleitete und dnrch Schönheit,
Geist und Liebenswürdigkeit den König eng an sich fesselte. Sie soll es ge¬
wesen sein, die nach einem schwelgerischen Gelage in der eroberten Königsburg
von Persepolis in trunkener Siegeslust und bakchantischen Festtaumel den
König und die Zechgenossen dazu fortriß, die Fackeln in das Cederngetäfel des
prachtvollen Palastes zu werfen und durch den Brand der alten Königsstadt
die Verbrennung Athen's durch die Ahnen der Perser zu rächen. Nach Alexan¬
der's Tode wurde sie die Gemahlin seines Feldherrn Ptolemäus Lage, der in
der Folge den ägyptischen Thron bestieg. — Eins der berühmtesten Gemälde
des Alterthums war eine Kranzwinderin von Pausias, in welcher der Maler
seine Freundin, die berühmte Glykera von Sikyon dargestellt hatte. — Eine
andere Glykera, sowie Pythionike genossen am Hofe des Harpnlvs,
Myrrhina an dem der Demetrios königliche Ehren.

Zuletzt bleibt mir noch die schöne Aspasi a aus Milet zu erwähnen. Wenn
ich sie nicht mit unter die übrigen Hetären eingereiht habe, so geschah es, um


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/306>, abgerufen am 03.07.2024.