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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.

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an die Stelle der Religion getreten ist." Ein Beispiel ist, was Schaepman
selbst über das Konzil, welches die Unfehlbarkeit des Papstes zum Dogma
erhob, sagt, und ein anderes der abgeschmackte Aufsatz über den Herzog Albrecht
von Brandenburg. Dort heißt es u. a.: "Leichtsinnig oder vermessen, auf¬
fahrend in eitlem Hochmuth oder die Schwäche verbergend hinter sinnlosem Spott,
stieß die protestantische, stieß die schismatische Welt die Einladung zurück. Es
standen Lehrer auf, die den großen Lehrer auf Petri Stuhl des Irrthums und der
Urkunde, der Ungerechtigkeit und der Anmaßung beschuldigten. Alles, was nichtig und
verächtlich ist, aber sich groß und stark wähnte, erhob sich . . . Was außer¬
halb dieses Kreises stand, was nicht einmal mehr zum Schisma oder zur Re¬
formation gehörte, die revolutionäre Welt, die revolutionäre Staatsmacht sah
mit Verachtung oder mit Mißtrauen, mit neidischem Haß oder eiskalter Gleich¬
gültigkeit auf das Konzil herab. Zuweilen ließen sie ihre Stimme hören, zu¬
weilen versuchten sie das Zeugniß, welches das Konzil von dem Worte Gottes
und von Christus ablegen sollte, zu einem Zeugniß ihrer Bosheit zu ernie¬
drigen . . . Dann wurde geschmeichelt und gedroht, geflucht und gescholten.
Aber was nützte dies alles? Ruhig und stetig ging das Werk Gottes seinen
Gang . . . Kräftiger als die Pläne der Menschen erwies sich der Geist der
Allmacht. Noch einmal erscholl die Stimme des Lebendigen über die Welt.
Noch einen Augenblick schien die Sonne des Friedens, das Konzil vollendete
sein Werk . . . errichtete die stolze Säule der Wahrheit". -- Der "Kathvliek",
von den warmvnder Professoren herausgegeben, erinnert nicht blos durch seinen
Titel an das gleichnamige Mainzer Organ. Wissenschaftliche Anregungen, neue
Gedanken sucht man hier vergeblich, um so konsequenter aber verfolgt diese
Zeitschrift polemische Zwecke, deren Ausdruck von Band zu Band heftiger ge¬
worden ist, und berücksichtigte man früher wenigstens hin und wieder theologisch
gebildete Gegner, so ist man jetzt auf den Standpunkt gewöhnlicher Zeitungs¬
artikel herabgesunken und verschmäht, wenn es dem deutschen Reichskanzler
gilt -- man vergleiche bei Nippold Seite 317 bis 319 -- selbst Gemein¬
heiten nicht.

Ganz außerordentlich haben in den letzten sechzig Jahren in Holland die
Klöster zugenommen. In Nordbraband zählte man deren 1861 schon fünf¬
undachtzig, in Limburg vierunddreißig, in Gelderland sechzehn, in Südholland
zwölf, in Nordholland zehn, in Seeland drei, in Utrecht sechs, in Friesland
drei, in Overyssel fünf und in Groningen zwei. Die Gesammtzahl ergibt neun-
unddreißig Mönchs- und einhundertsiebeuunddreißig Nonnenklöster, in denen sich
rund dreitausend Insassen befinden. In der französischen Zeit waren die Klöster
bis auf wenige beseitigt worden. Diese wenigen, zusammen acht, von denen
sechs in Nordbraband, eins in Limburg und eins in Mastricht lagen, waren


an die Stelle der Religion getreten ist." Ein Beispiel ist, was Schaepman
selbst über das Konzil, welches die Unfehlbarkeit des Papstes zum Dogma
erhob, sagt, und ein anderes der abgeschmackte Aufsatz über den Herzog Albrecht
von Brandenburg. Dort heißt es u. a.: „Leichtsinnig oder vermessen, auf¬
fahrend in eitlem Hochmuth oder die Schwäche verbergend hinter sinnlosem Spott,
stieß die protestantische, stieß die schismatische Welt die Einladung zurück. Es
standen Lehrer auf, die den großen Lehrer auf Petri Stuhl des Irrthums und der
Urkunde, der Ungerechtigkeit und der Anmaßung beschuldigten. Alles, was nichtig und
verächtlich ist, aber sich groß und stark wähnte, erhob sich . . . Was außer¬
halb dieses Kreises stand, was nicht einmal mehr zum Schisma oder zur Re¬
formation gehörte, die revolutionäre Welt, die revolutionäre Staatsmacht sah
mit Verachtung oder mit Mißtrauen, mit neidischem Haß oder eiskalter Gleich¬
gültigkeit auf das Konzil herab. Zuweilen ließen sie ihre Stimme hören, zu¬
weilen versuchten sie das Zeugniß, welches das Konzil von dem Worte Gottes
und von Christus ablegen sollte, zu einem Zeugniß ihrer Bosheit zu ernie¬
drigen . . . Dann wurde geschmeichelt und gedroht, geflucht und gescholten.
Aber was nützte dies alles? Ruhig und stetig ging das Werk Gottes seinen
Gang . . . Kräftiger als die Pläne der Menschen erwies sich der Geist der
Allmacht. Noch einmal erscholl die Stimme des Lebendigen über die Welt.
Noch einen Augenblick schien die Sonne des Friedens, das Konzil vollendete
sein Werk . . . errichtete die stolze Säule der Wahrheit". — Der „Kathvliek",
von den warmvnder Professoren herausgegeben, erinnert nicht blos durch seinen
Titel an das gleichnamige Mainzer Organ. Wissenschaftliche Anregungen, neue
Gedanken sucht man hier vergeblich, um so konsequenter aber verfolgt diese
Zeitschrift polemische Zwecke, deren Ausdruck von Band zu Band heftiger ge¬
worden ist, und berücksichtigte man früher wenigstens hin und wieder theologisch
gebildete Gegner, so ist man jetzt auf den Standpunkt gewöhnlicher Zeitungs¬
artikel herabgesunken und verschmäht, wenn es dem deutschen Reichskanzler
gilt — man vergleiche bei Nippold Seite 317 bis 319 — selbst Gemein¬
heiten nicht.

Ganz außerordentlich haben in den letzten sechzig Jahren in Holland die
Klöster zugenommen. In Nordbraband zählte man deren 1861 schon fünf¬
undachtzig, in Limburg vierunddreißig, in Gelderland sechzehn, in Südholland
zwölf, in Nordholland zehn, in Seeland drei, in Utrecht sechs, in Friesland
drei, in Overyssel fünf und in Groningen zwei. Die Gesammtzahl ergibt neun-
unddreißig Mönchs- und einhundertsiebeuunddreißig Nonnenklöster, in denen sich
rund dreitausend Insassen befinden. In der französischen Zeit waren die Klöster
bis auf wenige beseitigt worden. Diese wenigen, zusammen acht, von denen
sechs in Nordbraband, eins in Limburg und eins in Mastricht lagen, waren


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/112>, abgerufen am 23.07.2024.