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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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ein mächtiger Gang von Bleiglanz entgegenleuchtete. Der Pique war kam fünf
Meter tief. Vor Ort ließen wir ein paar Schüsse einbringen, um Proben
zur genauern Untersuchung zu bekommen. An den frischen Brnchflcichen er¬
kannte man sogleich, daß die Erze außer Bleiglanz und Bleischweif uoch
Weißgiltig, Fahlerz, Kupferkies und Zinkblende enthielten. (Die spätern Ana¬
lysen der bleiischen Erze im Muffelofen ergaben -- vom Blei, Kupfer und
Zink ganz abgesehen -- einen durchschnittlichen Silbergehalt von 1'/," Prozent.
Der Kupferkies und die Blende zeigten sogar deutliche Spuren von Gold.)
Wie nicht anders zu erwarten stand, setzte der Erzgang in der Uebergangs-
formativn auf, die hier vom Trachyt überflossen war und daher nicht zu Tage
trat. Ju der That bildete ein dunkler Thonschiefer das Hangende sowohl wie
das Liegende. Daß diese kleine Arbeit mit der großen Grube der Dürrerze
nichts gemein hatte und einer neueren Zeit angehörte, unterlag keinem Zweifel.
Unser Gewährsmann gestand denn auch, daß ein Halbindianer aus Vei6n
diesen Gang entdeckt, den Pique geöffnet und sogar einen Stollen zur Lösung
der Wasser begonnen habe, den er ebenfalls mit Steinen und Erde verschloß.
Nach dem geringen Haldensturze zu urtheile", welcher, um zu täuschen, seit¬
wärts angeschüttet war, konnte er auch mit dem Stollen nicht weit gekommen
sein. Ob er mit diesem Stollen zugleich auch die Dürrerze anzutreffen hoffte,
ist der großen Entfernung wegen nicht anzunehmen, wahrscheinlicher gedachte
er den Gang der bleiischen Erze in der Thalsohle zu schneiden und zu ent¬
wässern schon in der Absicht, die Erze rein auszuhalten und nach der Küste
zum Verkauf zu bringen. Nur die Furcht, daß der Cura ihm die Schätze
streitig machen würde, soll ihn veranlaßt haben, von der Arbeit wieder ab¬
zustehen.

Am andern Morgen nahm ich mir vor, den Berg selbst und seine vielen
kleinen Oeffnungen zu untersuchen, die von weitem wie Kaninchenhöhlen aus¬
sahen. Mein deutscher Reisegefährte war etwas gebirgskrank geworden und
blieb zu Haus. Er behielt einen unserer Bergleute bei sich, der zugleich
designirt wurde, das Mittagessen zu bereite" und die Pferde und Maulthiere
zur Weide und Tränke in das Thal zu sichren, wo Pasto, ein etwas weicheres
Gras, in üppiger Fülle am Bache wuchs. Ich trat daher meine Wanderung
wie dem alten Indianer und dem andern Bergmann an. Ersterer wußte über
jene Arbeiten nur wenig zu berichte", da sie einer früheren Periode angehörten.
Nach der Tradition hätten schon die Inkas hier Gold graben lassen, welches
in manekas (vereinzelten Anhäufungen) über die Oberfläche des Berges ver¬
theilt gewesen, aber rein abgebaut wäre, sodaß wir davon nichts mehr finden
würden. Trotzdem ließ ich Schießzeug und Patronen mitnehmen in der Hoff¬
nung, durch neue Anbruche doch noch Reste des edeln Metalles zu entdecken.


Grmzbow, I. 1377. 65

ein mächtiger Gang von Bleiglanz entgegenleuchtete. Der Pique war kam fünf
Meter tief. Vor Ort ließen wir ein paar Schüsse einbringen, um Proben
zur genauern Untersuchung zu bekommen. An den frischen Brnchflcichen er¬
kannte man sogleich, daß die Erze außer Bleiglanz und Bleischweif uoch
Weißgiltig, Fahlerz, Kupferkies und Zinkblende enthielten. (Die spätern Ana¬
lysen der bleiischen Erze im Muffelofen ergaben — vom Blei, Kupfer und
Zink ganz abgesehen — einen durchschnittlichen Silbergehalt von 1'/,» Prozent.
Der Kupferkies und die Blende zeigten sogar deutliche Spuren von Gold.)
Wie nicht anders zu erwarten stand, setzte der Erzgang in der Uebergangs-
formativn auf, die hier vom Trachyt überflossen war und daher nicht zu Tage
trat. Ju der That bildete ein dunkler Thonschiefer das Hangende sowohl wie
das Liegende. Daß diese kleine Arbeit mit der großen Grube der Dürrerze
nichts gemein hatte und einer neueren Zeit angehörte, unterlag keinem Zweifel.
Unser Gewährsmann gestand denn auch, daß ein Halbindianer aus Vei6n
diesen Gang entdeckt, den Pique geöffnet und sogar einen Stollen zur Lösung
der Wasser begonnen habe, den er ebenfalls mit Steinen und Erde verschloß.
Nach dem geringen Haldensturze zu urtheile», welcher, um zu täuschen, seit¬
wärts angeschüttet war, konnte er auch mit dem Stollen nicht weit gekommen
sein. Ob er mit diesem Stollen zugleich auch die Dürrerze anzutreffen hoffte,
ist der großen Entfernung wegen nicht anzunehmen, wahrscheinlicher gedachte
er den Gang der bleiischen Erze in der Thalsohle zu schneiden und zu ent¬
wässern schon in der Absicht, die Erze rein auszuhalten und nach der Küste
zum Verkauf zu bringen. Nur die Furcht, daß der Cura ihm die Schätze
streitig machen würde, soll ihn veranlaßt haben, von der Arbeit wieder ab¬
zustehen.

Am andern Morgen nahm ich mir vor, den Berg selbst und seine vielen
kleinen Oeffnungen zu untersuchen, die von weitem wie Kaninchenhöhlen aus¬
sahen. Mein deutscher Reisegefährte war etwas gebirgskrank geworden und
blieb zu Haus. Er behielt einen unserer Bergleute bei sich, der zugleich
designirt wurde, das Mittagessen zu bereite» und die Pferde und Maulthiere
zur Weide und Tränke in das Thal zu sichren, wo Pasto, ein etwas weicheres
Gras, in üppiger Fülle am Bache wuchs. Ich trat daher meine Wanderung
wie dem alten Indianer und dem andern Bergmann an. Ersterer wußte über
jene Arbeiten nur wenig zu berichte», da sie einer früheren Periode angehörten.
Nach der Tradition hätten schon die Inkas hier Gold graben lassen, welches
in manekas (vereinzelten Anhäufungen) über die Oberfläche des Berges ver¬
theilt gewesen, aber rein abgebaut wäre, sodaß wir davon nichts mehr finden
würden. Trotzdem ließ ich Schießzeug und Patronen mitnehmen in der Hoff¬
nung, durch neue Anbruche doch noch Reste des edeln Metalles zu entdecken.


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[0521] ein mächtiger Gang von Bleiglanz entgegenleuchtete. Der Pique war kam fünf Meter tief. Vor Ort ließen wir ein paar Schüsse einbringen, um Proben zur genauern Untersuchung zu bekommen. An den frischen Brnchflcichen er¬ kannte man sogleich, daß die Erze außer Bleiglanz und Bleischweif uoch Weißgiltig, Fahlerz, Kupferkies und Zinkblende enthielten. (Die spätern Ana¬ lysen der bleiischen Erze im Muffelofen ergaben — vom Blei, Kupfer und Zink ganz abgesehen — einen durchschnittlichen Silbergehalt von 1'/,» Prozent. Der Kupferkies und die Blende zeigten sogar deutliche Spuren von Gold.) Wie nicht anders zu erwarten stand, setzte der Erzgang in der Uebergangs- formativn auf, die hier vom Trachyt überflossen war und daher nicht zu Tage trat. Ju der That bildete ein dunkler Thonschiefer das Hangende sowohl wie das Liegende. Daß diese kleine Arbeit mit der großen Grube der Dürrerze nichts gemein hatte und einer neueren Zeit angehörte, unterlag keinem Zweifel. Unser Gewährsmann gestand denn auch, daß ein Halbindianer aus Vei6n diesen Gang entdeckt, den Pique geöffnet und sogar einen Stollen zur Lösung der Wasser begonnen habe, den er ebenfalls mit Steinen und Erde verschloß. Nach dem geringen Haldensturze zu urtheile», welcher, um zu täuschen, seit¬ wärts angeschüttet war, konnte er auch mit dem Stollen nicht weit gekommen sein. Ob er mit diesem Stollen zugleich auch die Dürrerze anzutreffen hoffte, ist der großen Entfernung wegen nicht anzunehmen, wahrscheinlicher gedachte er den Gang der bleiischen Erze in der Thalsohle zu schneiden und zu ent¬ wässern schon in der Absicht, die Erze rein auszuhalten und nach der Küste zum Verkauf zu bringen. Nur die Furcht, daß der Cura ihm die Schätze streitig machen würde, soll ihn veranlaßt haben, von der Arbeit wieder ab¬ zustehen. Am andern Morgen nahm ich mir vor, den Berg selbst und seine vielen kleinen Oeffnungen zu untersuchen, die von weitem wie Kaninchenhöhlen aus¬ sahen. Mein deutscher Reisegefährte war etwas gebirgskrank geworden und blieb zu Haus. Er behielt einen unserer Bergleute bei sich, der zugleich designirt wurde, das Mittagessen zu bereite» und die Pferde und Maulthiere zur Weide und Tränke in das Thal zu sichren, wo Pasto, ein etwas weicheres Gras, in üppiger Fülle am Bache wuchs. Ich trat daher meine Wanderung wie dem alten Indianer und dem andern Bergmann an. Ersterer wußte über jene Arbeiten nur wenig zu berichte», da sie einer früheren Periode angehörten. Nach der Tradition hätten schon die Inkas hier Gold graben lassen, welches in manekas (vereinzelten Anhäufungen) über die Oberfläche des Berges ver¬ theilt gewesen, aber rein abgebaut wäre, sodaß wir davon nichts mehr finden würden. Trotzdem ließ ich Schießzeug und Patronen mitnehmen in der Hoff¬ nung, durch neue Anbruche doch noch Reste des edeln Metalles zu entdecken. Grmzbow, I. 1377. 65

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/521>, abgerufen am 23.07.2024.