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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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im Staude sind. Der Versasser sucht dann festzustellen, was bisher in Preußen
zu diesem Zwecke geschehen ist, und wie viel noch zu wünschen übrig bleibt, und
kommt dabei zu folgenden Vorschlägen: 1) Einführung der obligatorischen ele¬
mentaren Fortbildungsschule für Arbeiter, Lehrlinge und Gesellen bis zum
vollendeten siebzehnten Lebensjahre, unter Erhebung eines vom Arbeitgeber zu
zahlenden Schulgeldes; 2) Einführung der gewerblichen Fortbildungsschule,
deren Besuch von dem der unter 1) genannten entbindet, und deren Verwal¬
tung zum Ressort des Handelsministeriums gehört; 3) Beibehaltung von nicht
nach dem Plane vom 21. März 1870 reorganisirten Gewerbeschulen unter
Verminderung des Ziels in der Mathematik und Aufnahme des Deutschen in
den Unterrichtsplan; 4) Berechtigung der nicht reorganisirten Gewerbe-, der
Berg- und der übrigen besser eingerichteten Spezialfachschuleu, uuter Aufsicht
staatlicher Behörden Entlassuugsprüfuugen einzuführen, deren Bestehen den
Geprüften die Berechtigung zu kürzerer Dienstzeit, wenn mich unter weniger be¬
vorzugenden Bestimmungen wie deu Einjährig-Freiwilligen, erwirbt; 5) Beauf¬
sichtigung der unter 4) angeführten Lehranstalten dnrch Beamte, die zu diesem
Zwecke angestellt sind. Wir finden diese Vorschläge in der Schrift wohlbegründet,
und wenn wir auch nicht allem, was der Verfasser vorträgt, beizustimmen ver¬
mögen, so stehen wir doch nicht an, jene als im hohen Grade der Beachtung
werth zu bezeichnen.


Die Weltgeschichte in sangbaren Weisen. Zur Unterstützung des Gedächt¬
nisses und zur Erheiterung für Jung und Alt bearbeitet von Karl Neophllus.
Musikalischer Scherz. Für eine Siugstiuime mit Begleitung des Piarioforte einge^
richtet von A. Wagner. 1. Theil: Griechische Geschichte. 2. Aufl.
Leipzig. Kochs Verlag.

An Unterstützung des Gedächtnisses ist hierbei im Ernste wohl weniger
gedacht, und die Erheiterung wird mit ziemlich schalen Versen im Stile von
"Die Hussiten zogen vor Naumburg" versucht, die dadurch, daß derselbe Spaß
in wenig veränderter Form immer wiederkehrt, nicht wirksamer werden. Amü¬
santer wirkt, daß diese Verse nach bekannten Volks- und Studentenmelodien
gesungen werden sollen, die nur dem Takt und Metrum nach, nicht aber nach
dem Sinn und der Stimmung zu ihnen passen. Manches -- z. B. die Verse
über das Zeitalter des Perikles uach der Melodie "Dentschland, Deutschland
über Alles" und die über deu peloponnesischen Krieg, die wie "Wohlauf noch
getrunken deu funkelnden Wein" zu singen sind -- ist hier in der That recht
drollig. Auf die Dauer aber- wird derartige Komik durch steten Gebrauch er¬
schöpft und das Spiel langweilig, weshalb nur von einer Fortsetzung av-
rathen möchten.^___' _________^____________ ^




Verantwortlicher Redacteur i or. Hans Binni in Leipzig.
Verlag van F. L. Herdig in Leipzig. - Druck van Hüthel Herrmann i" Leipzig.

im Staude sind. Der Versasser sucht dann festzustellen, was bisher in Preußen
zu diesem Zwecke geschehen ist, und wie viel noch zu wünschen übrig bleibt, und
kommt dabei zu folgenden Vorschlägen: 1) Einführung der obligatorischen ele¬
mentaren Fortbildungsschule für Arbeiter, Lehrlinge und Gesellen bis zum
vollendeten siebzehnten Lebensjahre, unter Erhebung eines vom Arbeitgeber zu
zahlenden Schulgeldes; 2) Einführung der gewerblichen Fortbildungsschule,
deren Besuch von dem der unter 1) genannten entbindet, und deren Verwal¬
tung zum Ressort des Handelsministeriums gehört; 3) Beibehaltung von nicht
nach dem Plane vom 21. März 1870 reorganisirten Gewerbeschulen unter
Verminderung des Ziels in der Mathematik und Aufnahme des Deutschen in
den Unterrichtsplan; 4) Berechtigung der nicht reorganisirten Gewerbe-, der
Berg- und der übrigen besser eingerichteten Spezialfachschuleu, uuter Aufsicht
staatlicher Behörden Entlassuugsprüfuugen einzuführen, deren Bestehen den
Geprüften die Berechtigung zu kürzerer Dienstzeit, wenn mich unter weniger be¬
vorzugenden Bestimmungen wie deu Einjährig-Freiwilligen, erwirbt; 5) Beauf¬
sichtigung der unter 4) angeführten Lehranstalten dnrch Beamte, die zu diesem
Zwecke angestellt sind. Wir finden diese Vorschläge in der Schrift wohlbegründet,
und wenn wir auch nicht allem, was der Verfasser vorträgt, beizustimmen ver¬
mögen, so stehen wir doch nicht an, jene als im hohen Grade der Beachtung
werth zu bezeichnen.


Die Weltgeschichte in sangbaren Weisen. Zur Unterstützung des Gedächt¬
nisses und zur Erheiterung für Jung und Alt bearbeitet von Karl Neophllus.
Musikalischer Scherz. Für eine Siugstiuime mit Begleitung des Piarioforte einge^
richtet von A. Wagner. 1. Theil: Griechische Geschichte. 2. Aufl.
Leipzig. Kochs Verlag.

An Unterstützung des Gedächtnisses ist hierbei im Ernste wohl weniger
gedacht, und die Erheiterung wird mit ziemlich schalen Versen im Stile von
„Die Hussiten zogen vor Naumburg" versucht, die dadurch, daß derselbe Spaß
in wenig veränderter Form immer wiederkehrt, nicht wirksamer werden. Amü¬
santer wirkt, daß diese Verse nach bekannten Volks- und Studentenmelodien
gesungen werden sollen, die nur dem Takt und Metrum nach, nicht aber nach
dem Sinn und der Stimmung zu ihnen passen. Manches — z. B. die Verse
über das Zeitalter des Perikles uach der Melodie „Dentschland, Deutschland
über Alles" und die über deu peloponnesischen Krieg, die wie „Wohlauf noch
getrunken deu funkelnden Wein" zu singen sind — ist hier in der That recht
drollig. Auf die Dauer aber- wird derartige Komik durch steten Gebrauch er¬
schöpft und das Spiel langweilig, weshalb nur von einer Fortsetzung av-
rathen möchten.^___' _________^____________ ^




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/488>, abgerufen am 23.07.2024.