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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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Die Hauptbestimmungen der Kompromiß- oder Ansgleichungsbill waren
nun aber folgende: Es sollte eine Kommission, bestehend aus fünf Senatoren,
fünf Repräsentanten und fünf Mitgliedern des höchsten Gerichtshofes der Ver¬
einigten Staaten als Schicdsgcrichtshvs gebildet werden. Diesem Tribunale
sollten die streitige:: Elektornlstimmen, über welche sich die beiden Kongre߬
häuser in gemeinsamer Sitzung beim Auszählen des Elektoralvotums nicht
sofort einigen konnten, zur nähern Prüfung und Entscheidung (clveision) vor¬
gelegt werde::. Die Mitglieder der schiedsrichterliche:: Kommission mußten
schwören, daß sie alle ihnen vorgelegte:: Fragen unparteiisch prüfen und "ein
gerechtes Urtheil true? MlAmoiit,) darüber in Gemäßheit der Verfassung
und der Gesetze" abgeben wollten. Der Kommission sollte dieselbe Gewalt zu¬
gestanden werden, welche die beiden Kongreßhänser, mochten sie getrennt oder
zusammen tagen, besitzen; sie sollte ihre Entscheidungen nach Stimmenmehrheit
treffen. Ihre Entscheidungen, die übrigens nnr ni llve, d. h. für die gerade
vorliegende Präsidentenwahl Kraft hatten, sollten nicht ohne Weiteres die Kraft
einer definitiven Entscheidung haben, sondern in letzter Instanz den beiden
Häusern des Kongresses zur Genehmigung oder Verwerfung vorgelegt werden;
um dieselben zu verwerfe::, sollte es aber eines übereinstimmenden Be¬
schlusses (convuii-vnd an-clor) beider Hänser bedürfen. Im Falle, daß ein
Kongreßhaus dafür und das andere dagegen stimmte, sollte die Entscheidung
der Funfzehner-KomMission als end giltige Entscheidung feststehen. Die
sechste Sektion der Kompromißbill sicherte übrigens dem unterliegenden Präsident¬
schaftskandidaten den Rechtsweg, d. h. er konnte vor den Gerichten der Ver¬
einigten Staaten, namentlich vor dem Oberbundesgerichte, sein vermeintliches
Recht weiter verfolge".

Die Funfzehner - Kommission war aus folgenden Mitgliedern zusammen¬
gesetzt: der Senat delegirte die Republikaner Edmunds, Morton nud Freling-
huysen und die Demokraten Bayard und Thurnau, das Repräsentantenhaus
entsandte die Demokraten Payne, Hunton und Abbott und die Republikaner
Hoar und Garfield; vom Oberbundesgericht traten bei die Richter: Cliffvrd,
strong, Miller, Mett und, nachdem Davis, der Freund Abraham Lincolns,
abgelehnt, weil er zum Bnndcssenator für den Staat Illinois erwählt war
und deshalb aus dem Oberbnndesgericht ausscheiden mußte, Bradley.

Von entscheidender Wichtigkeit waren die Verhandlungen vor und in der
Funfzehner - Kommission (den beiden Parteien war erlaubt worden, sich durch
je zwei Mitglieder als Rechtsanwälte vertreten zu lassen) in Betreff der Fest¬
stellung der Grenzen der Rechte der einzelnen Uuionsstaciten und der Union
als solcher bei der Wahl der Präsidentenwähler oder der Elektoren. Die Kom¬
mission war hier in ihrer Mehrheit (mit acht gegen sieben Stimmen) der An-


Die Hauptbestimmungen der Kompromiß- oder Ansgleichungsbill waren
nun aber folgende: Es sollte eine Kommission, bestehend aus fünf Senatoren,
fünf Repräsentanten und fünf Mitgliedern des höchsten Gerichtshofes der Ver¬
einigten Staaten als Schicdsgcrichtshvs gebildet werden. Diesem Tribunale
sollten die streitige:: Elektornlstimmen, über welche sich die beiden Kongre߬
häuser in gemeinsamer Sitzung beim Auszählen des Elektoralvotums nicht
sofort einigen konnten, zur nähern Prüfung und Entscheidung (clveision) vor¬
gelegt werde::. Die Mitglieder der schiedsrichterliche:: Kommission mußten
schwören, daß sie alle ihnen vorgelegte:: Fragen unparteiisch prüfen und „ein
gerechtes Urtheil true? MlAmoiit,) darüber in Gemäßheit der Verfassung
und der Gesetze" abgeben wollten. Der Kommission sollte dieselbe Gewalt zu¬
gestanden werden, welche die beiden Kongreßhänser, mochten sie getrennt oder
zusammen tagen, besitzen; sie sollte ihre Entscheidungen nach Stimmenmehrheit
treffen. Ihre Entscheidungen, die übrigens nnr ni llve, d. h. für die gerade
vorliegende Präsidentenwahl Kraft hatten, sollten nicht ohne Weiteres die Kraft
einer definitiven Entscheidung haben, sondern in letzter Instanz den beiden
Häusern des Kongresses zur Genehmigung oder Verwerfung vorgelegt werden;
um dieselben zu verwerfe::, sollte es aber eines übereinstimmenden Be¬
schlusses (convuii-vnd an-clor) beider Hänser bedürfen. Im Falle, daß ein
Kongreßhaus dafür und das andere dagegen stimmte, sollte die Entscheidung
der Funfzehner-KomMission als end giltige Entscheidung feststehen. Die
sechste Sektion der Kompromißbill sicherte übrigens dem unterliegenden Präsident¬
schaftskandidaten den Rechtsweg, d. h. er konnte vor den Gerichten der Ver¬
einigten Staaten, namentlich vor dem Oberbundesgerichte, sein vermeintliches
Recht weiter verfolge«.

Die Funfzehner - Kommission war aus folgenden Mitgliedern zusammen¬
gesetzt: der Senat delegirte die Republikaner Edmunds, Morton nud Freling-
huysen und die Demokraten Bayard und Thurnau, das Repräsentantenhaus
entsandte die Demokraten Payne, Hunton und Abbott und die Republikaner
Hoar und Garfield; vom Oberbundesgericht traten bei die Richter: Cliffvrd,
strong, Miller, Mett und, nachdem Davis, der Freund Abraham Lincolns,
abgelehnt, weil er zum Bnndcssenator für den Staat Illinois erwählt war
und deshalb aus dem Oberbnndesgericht ausscheiden mußte, Bradley.

Von entscheidender Wichtigkeit waren die Verhandlungen vor und in der
Funfzehner - Kommission (den beiden Parteien war erlaubt worden, sich durch
je zwei Mitglieder als Rechtsanwälte vertreten zu lassen) in Betreff der Fest¬
stellung der Grenzen der Rechte der einzelnen Uuionsstaciten und der Union
als solcher bei der Wahl der Präsidentenwähler oder der Elektoren. Die Kom¬
mission war hier in ihrer Mehrheit (mit acht gegen sieben Stimmen) der An-


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[0477] Die Hauptbestimmungen der Kompromiß- oder Ansgleichungsbill waren nun aber folgende: Es sollte eine Kommission, bestehend aus fünf Senatoren, fünf Repräsentanten und fünf Mitgliedern des höchsten Gerichtshofes der Ver¬ einigten Staaten als Schicdsgcrichtshvs gebildet werden. Diesem Tribunale sollten die streitige:: Elektornlstimmen, über welche sich die beiden Kongre߬ häuser in gemeinsamer Sitzung beim Auszählen des Elektoralvotums nicht sofort einigen konnten, zur nähern Prüfung und Entscheidung (clveision) vor¬ gelegt werde::. Die Mitglieder der schiedsrichterliche:: Kommission mußten schwören, daß sie alle ihnen vorgelegte:: Fragen unparteiisch prüfen und „ein gerechtes Urtheil true? MlAmoiit,) darüber in Gemäßheit der Verfassung und der Gesetze" abgeben wollten. Der Kommission sollte dieselbe Gewalt zu¬ gestanden werden, welche die beiden Kongreßhänser, mochten sie getrennt oder zusammen tagen, besitzen; sie sollte ihre Entscheidungen nach Stimmenmehrheit treffen. Ihre Entscheidungen, die übrigens nnr ni llve, d. h. für die gerade vorliegende Präsidentenwahl Kraft hatten, sollten nicht ohne Weiteres die Kraft einer definitiven Entscheidung haben, sondern in letzter Instanz den beiden Häusern des Kongresses zur Genehmigung oder Verwerfung vorgelegt werden; um dieselben zu verwerfe::, sollte es aber eines übereinstimmenden Be¬ schlusses (convuii-vnd an-clor) beider Hänser bedürfen. Im Falle, daß ein Kongreßhaus dafür und das andere dagegen stimmte, sollte die Entscheidung der Funfzehner-KomMission als end giltige Entscheidung feststehen. Die sechste Sektion der Kompromißbill sicherte übrigens dem unterliegenden Präsident¬ schaftskandidaten den Rechtsweg, d. h. er konnte vor den Gerichten der Ver¬ einigten Staaten, namentlich vor dem Oberbundesgerichte, sein vermeintliches Recht weiter verfolge«. Die Funfzehner - Kommission war aus folgenden Mitgliedern zusammen¬ gesetzt: der Senat delegirte die Republikaner Edmunds, Morton nud Freling- huysen und die Demokraten Bayard und Thurnau, das Repräsentantenhaus entsandte die Demokraten Payne, Hunton und Abbott und die Republikaner Hoar und Garfield; vom Oberbundesgericht traten bei die Richter: Cliffvrd, strong, Miller, Mett und, nachdem Davis, der Freund Abraham Lincolns, abgelehnt, weil er zum Bnndcssenator für den Staat Illinois erwählt war und deshalb aus dem Oberbnndesgericht ausscheiden mußte, Bradley. Von entscheidender Wichtigkeit waren die Verhandlungen vor und in der Funfzehner - Kommission (den beiden Parteien war erlaubt worden, sich durch je zwei Mitglieder als Rechtsanwälte vertreten zu lassen) in Betreff der Fest¬ stellung der Grenzen der Rechte der einzelnen Uuionsstaciten und der Union als solcher bei der Wahl der Präsidentenwähler oder der Elektoren. Die Kom¬ mission war hier in ihrer Mehrheit (mit acht gegen sieben Stimmen) der An-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/477>, abgerufen am 23.07.2024.