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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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Höre niemand als mich. Ich will Alles hervorsuchen, Dich zu ergötzen." Im
letzten Auftritt singt Wagner ein ziemlich plattes Lied, um seinen Herrn zu
erheitern. Noch einmal lockt diesen dann Mephistopheles, indem er verspricht,
sein Auge zu erquicken und ihm die angenehmsten Scenen des Vergnügens zu
zeige". Faust folgt ihm darauf, obwohl er meint, ermüden könne er ihn, aber
nicht erquicken.

In der ersten Scene des dritten Aufzuges gibt Jthuriel den Eltern
Fausts Aufschluß darüber, wie es mit ihrem Sohne steht. Sie sind tief be¬
trübt, bekommen aber dann die Versicherung, ihn noch von der Gefahr, in der
er schwebt, retten zu können. Sie sollen Faust bereden, Alles zu verlassen
und ihnen zu folgen. In der tugendhaften Armuth solle er ihnen wieder ge¬
schenkt werden; denn sein Herz sei noch nicht ganz verderbt. Er solle mit
ihrer Ankunft überrascht werden. Sie gehen darauf in den Vorsaal, von wo
er sie rufen will, wenn es Zeit ist. Der zweite Auftritt zeigt uus wieder
Jthuriel und Mephistopheles im Streite um Fausts Seele sowie um verschiedene
Fragen in Betreff des Verhältnisses Gottes zu den Menschen, wobei Jthuriel
seinem Gegner nachweist, daß sein Verstand sich zum Begreifen der göttlichen
Geheimnisse und des schönen Zusammenhanges seiner ewigen Schöpfung nicht
aufzuschwingen vermöge. Die dritte Scene sowie die vierte lassen uns Mephi¬
stopheles bei der Arbeit sehen, Faust zu vergnügen. Er führt ihm eine Schar
schöner Mädchen zu und bittet ihn, nnter ihnen zu wählen. Ein Gastmahl
wird aufgetragen, an dem Helena mit ihrem Sohne theilnimmt. Man ißt
und trinkt, es wird ein Lied gesungen, Banken und Trompeten lassen eine
rauschende Musik hören. Da tritt Jthuriel mit Fausts Eltern in den Saal.
Jener springt erschrocken auf, die Gäste entfernen sich mit Mephistopheles, auch
Helena verläßt das Zimmer. Theodor und Elisabeth überhäufen nun ihren
Sohn mit Vorwürfen wegen seines Stolzes und seiner Undankbarkeit, dann
wegen seines ruchlosen Lebens überhaupt. Faust wirft sich ihnen zu Füßen
und bittet um ihr Mitleid. Die Mutter wird gerührt. Faust gesteht, wie er
allmählich so tief gesunken ist, und schließt verzweifelnd: "Die Wellen reißen
mich fort. Ich ringe umsonst wider den mächtigen Strom der Gewohnheit.
Geht, theure Eltern, seid glücklich, vergesset Euren unwürdigen Sohn, er kann
nicht mehr Anspruch auf die Glückseligkeit macheu." Die Mutter bittet ihn,
sich ihr mietet zu geben, und den Vater, ihm zu verzeihen. Theodor thut
dies unter der Bedingung, daß Fällst ihm sogleich folge und alles verlasse,
was ihn den Eltern wieder entreißen könne. Faust will eben mit ihnen fort,
als Mephistopheles mit Helena und Eduard kommt. Helena bittet ihren Ge¬
liebten flehentlich, zu bleiben, und als er erröthet, schweigt und zaudert, zieht
sie einen Dolch und droht ihren Sohn damit zu erstechen, wenn er ihr uicht


Höre niemand als mich. Ich will Alles hervorsuchen, Dich zu ergötzen." Im
letzten Auftritt singt Wagner ein ziemlich plattes Lied, um seinen Herrn zu
erheitern. Noch einmal lockt diesen dann Mephistopheles, indem er verspricht,
sein Auge zu erquicken und ihm die angenehmsten Scenen des Vergnügens zu
zeige«. Faust folgt ihm darauf, obwohl er meint, ermüden könne er ihn, aber
nicht erquicken.

In der ersten Scene des dritten Aufzuges gibt Jthuriel den Eltern
Fausts Aufschluß darüber, wie es mit ihrem Sohne steht. Sie sind tief be¬
trübt, bekommen aber dann die Versicherung, ihn noch von der Gefahr, in der
er schwebt, retten zu können. Sie sollen Faust bereden, Alles zu verlassen
und ihnen zu folgen. In der tugendhaften Armuth solle er ihnen wieder ge¬
schenkt werden; denn sein Herz sei noch nicht ganz verderbt. Er solle mit
ihrer Ankunft überrascht werden. Sie gehen darauf in den Vorsaal, von wo
er sie rufen will, wenn es Zeit ist. Der zweite Auftritt zeigt uus wieder
Jthuriel und Mephistopheles im Streite um Fausts Seele sowie um verschiedene
Fragen in Betreff des Verhältnisses Gottes zu den Menschen, wobei Jthuriel
seinem Gegner nachweist, daß sein Verstand sich zum Begreifen der göttlichen
Geheimnisse und des schönen Zusammenhanges seiner ewigen Schöpfung nicht
aufzuschwingen vermöge. Die dritte Scene sowie die vierte lassen uns Mephi¬
stopheles bei der Arbeit sehen, Faust zu vergnügen. Er führt ihm eine Schar
schöner Mädchen zu und bittet ihn, nnter ihnen zu wählen. Ein Gastmahl
wird aufgetragen, an dem Helena mit ihrem Sohne theilnimmt. Man ißt
und trinkt, es wird ein Lied gesungen, Banken und Trompeten lassen eine
rauschende Musik hören. Da tritt Jthuriel mit Fausts Eltern in den Saal.
Jener springt erschrocken auf, die Gäste entfernen sich mit Mephistopheles, auch
Helena verläßt das Zimmer. Theodor und Elisabeth überhäufen nun ihren
Sohn mit Vorwürfen wegen seines Stolzes und seiner Undankbarkeit, dann
wegen seines ruchlosen Lebens überhaupt. Faust wirft sich ihnen zu Füßen
und bittet um ihr Mitleid. Die Mutter wird gerührt. Faust gesteht, wie er
allmählich so tief gesunken ist, und schließt verzweifelnd: „Die Wellen reißen
mich fort. Ich ringe umsonst wider den mächtigen Strom der Gewohnheit.
Geht, theure Eltern, seid glücklich, vergesset Euren unwürdigen Sohn, er kann
nicht mehr Anspruch auf die Glückseligkeit macheu." Die Mutter bittet ihn,
sich ihr mietet zu geben, und den Vater, ihm zu verzeihen. Theodor thut
dies unter der Bedingung, daß Fällst ihm sogleich folge und alles verlasse,
was ihn den Eltern wieder entreißen könne. Faust will eben mit ihnen fort,
als Mephistopheles mit Helena und Eduard kommt. Helena bittet ihren Ge¬
liebten flehentlich, zu bleiben, und als er erröthet, schweigt und zaudert, zieht
sie einen Dolch und droht ihren Sohn damit zu erstechen, wenn er ihr uicht


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/459>, abgerufen am 23.07.2024.