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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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um anders aus als bei uns! und bey so guten Anstalten ist's nicht zu ver¬
kennen, daß die französischen Comödianten in gutem Stande sind."

Ich schließe mit dem zweiten der beiden Briefe der Nenberin, deren oben
schon Erwähnung gethan worden ist, von denen Danzel aber nur den kürzeren
mittheilte, den vom August 1734. Inzwischen hat Gottsched sich verlobt und
die Neubers davon benachrichtigt. Die Gratulation Johann Neubers bei Ge¬
legenheit der darauf im Sommer erfolgten Verheirathung wurde oben schou
wiedergegeben. Vorher schrieb aber schon die Nenberin selbst und zwar am
15. Februar 1735. Der Brief ist schon wegen seines Einganges interessant.
Wenn eine hübsche Komödiantin mit jeden: Gönner und Förderer in den Ver¬
dacht erotischer Beziehungen zu kommen pflegt, so ist dieser Verdacht anch der
Nenberin natürlich nicht erspart worden. Danzel gedenkt eines solchen, findet
aber die von Rost in Gang gebrachten Gerüchte durch den feierlichen und
unterthänigen Ton des von ihm -- Danzel -- mitgetheilten Briefes gründlich
widerlegt "wenigstens für diese frühere Zeit." Diese Einschränkung scheint
mir durch nichts motivirt. Die Neuberin hatte, als sie in solch respektvoller
Weise mit dem hochangesehenen Professor correspondirte, nahezu die Vierziger
erreicht, während er in der Mitte der Dreißiger stand, und da er um diese
Zeit sich mit der erst zweiundzwanzigjährigen, ebenso geistreichen wie anmuthi¬
gen Adelgunde Kulmus verband, so ist Danzels Vorbehalt ohne Zweifel
überflüssig.

Der Febraarbrief der Neuberin lautet wie folgt: E. H. lassen sich
mein langes Stillschweigen nicht befremden. Es hat von meiner Hochachtung
gegen Sie nicht das Geringste gemindert; im Gegentheil aber wohl das be¬
ständigste und verpflichtetste Andenken von Ihnen unverletzt beybehalten. Ich
ergetze mich vom Grunde der Seele an dero vollkommenen Vergnügen und
wünsche zu dero getroffenen schönen Wahl auch die längste Dauer von Allein,
was Ihnen werth ist. Es hat mir die Nachricht davon schon Herr May ge¬
schrieben; nun bin ich durch dero höchjtgeehrteste Zuschrift zum andern Male
damit erfreuet worden und versichre daß ich den geliebesten Theil von Ihnen
in dero vernünftigen und klugen Braut mit eben der Hochachtung verehre als
es die verbindlichste Schuldigkeit erfordert. Ich bewundre dero Wahl aus der
mir von Ihr gemachten Beschreibung und wünsche nichts mehr als daß ich
Gelegenheit haben möchte Ihr meine mündliche Verehrung an den Tag zu
legen --und derselben Bekanntschaft werthgeschützt zu sein. Ich bin nun ganz
außer Sorge um E. H. Ruhe und vollkommenes Vergnügen. Das verworrene
Schicksal muß sich doch einmal schämen und sich in seiner Vollkommenheit
zeigen. Es ist doch kaum geschickt, Ihnen so viel Gutes zu erweisen als Sie
würdigst verdienen. Gott gebe Ihnen Beiden das Gute was ich Ihnen aus


um anders aus als bei uns! und bey so guten Anstalten ist's nicht zu ver¬
kennen, daß die französischen Comödianten in gutem Stande sind."

Ich schließe mit dem zweiten der beiden Briefe der Nenberin, deren oben
schon Erwähnung gethan worden ist, von denen Danzel aber nur den kürzeren
mittheilte, den vom August 1734. Inzwischen hat Gottsched sich verlobt und
die Neubers davon benachrichtigt. Die Gratulation Johann Neubers bei Ge¬
legenheit der darauf im Sommer erfolgten Verheirathung wurde oben schou
wiedergegeben. Vorher schrieb aber schon die Nenberin selbst und zwar am
15. Februar 1735. Der Brief ist schon wegen seines Einganges interessant.
Wenn eine hübsche Komödiantin mit jeden: Gönner und Förderer in den Ver¬
dacht erotischer Beziehungen zu kommen pflegt, so ist dieser Verdacht anch der
Nenberin natürlich nicht erspart worden. Danzel gedenkt eines solchen, findet
aber die von Rost in Gang gebrachten Gerüchte durch den feierlichen und
unterthänigen Ton des von ihm — Danzel — mitgetheilten Briefes gründlich
widerlegt „wenigstens für diese frühere Zeit." Diese Einschränkung scheint
mir durch nichts motivirt. Die Neuberin hatte, als sie in solch respektvoller
Weise mit dem hochangesehenen Professor correspondirte, nahezu die Vierziger
erreicht, während er in der Mitte der Dreißiger stand, und da er um diese
Zeit sich mit der erst zweiundzwanzigjährigen, ebenso geistreichen wie anmuthi¬
gen Adelgunde Kulmus verband, so ist Danzels Vorbehalt ohne Zweifel
überflüssig.

Der Febraarbrief der Neuberin lautet wie folgt: E. H. lassen sich
mein langes Stillschweigen nicht befremden. Es hat von meiner Hochachtung
gegen Sie nicht das Geringste gemindert; im Gegentheil aber wohl das be¬
ständigste und verpflichtetste Andenken von Ihnen unverletzt beybehalten. Ich
ergetze mich vom Grunde der Seele an dero vollkommenen Vergnügen und
wünsche zu dero getroffenen schönen Wahl auch die längste Dauer von Allein,
was Ihnen werth ist. Es hat mir die Nachricht davon schon Herr May ge¬
schrieben; nun bin ich durch dero höchjtgeehrteste Zuschrift zum andern Male
damit erfreuet worden und versichre daß ich den geliebesten Theil von Ihnen
in dero vernünftigen und klugen Braut mit eben der Hochachtung verehre als
es die verbindlichste Schuldigkeit erfordert. Ich bewundre dero Wahl aus der
mir von Ihr gemachten Beschreibung und wünsche nichts mehr als daß ich
Gelegenheit haben möchte Ihr meine mündliche Verehrung an den Tag zu
legen —und derselben Bekanntschaft werthgeschützt zu sein. Ich bin nun ganz
außer Sorge um E. H. Ruhe und vollkommenes Vergnügen. Das verworrene
Schicksal muß sich doch einmal schämen und sich in seiner Vollkommenheit
zeigen. Es ist doch kaum geschickt, Ihnen so viel Gutes zu erweisen als Sie
würdigst verdienen. Gott gebe Ihnen Beiden das Gute was ich Ihnen aus


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/439>, abgerufen am 26.08.2024.