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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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sänftiget. War schön anzusehen. Den 4. October war zu Mittag ein ge¬
bratener Ochse der mit Schöps-, Kälber-, Rinder- und Schweinebraten belegt
war, dem Volke preisgegeben. Abends kam die Reihe an uns. Da wir die
Glückwünsche auf der Bühne abzulegen hatten in Form eines Prologus, darauf
folgte Iphigenia. Die Zuschauer waren häufig, denn das war das erste Mal
daß man ein solches Stück in Braunschweig sah. Madame Müller mit ihrem
Bruder Friedrich Elensohu kamen von Hannover herüber und sahen uus zu.
Sie schienen böse zu seyn weil wir da waren und sind auch nicht zu uus
gekommen ungeachtet wir sie bitten lassen. -- Dieser Tag war die einzige Ur-
sach daß wir die Leipziger Messe nicht besuchen kommen und Sr. Durchl.
meynten es wäre nur Einmal Huldigung. Den 5. October lief Wein ans dem
Schloßplatze und zwar von dem dort stehenden Löwen. Abends war ein
schöner Ball und damit der Schluß. Hernach sind folgende Wochen Soldaten
gemustert wordeu und täglich war Abends Komödie. Hierauf ging die Herr¬
schaft nach Blankenburg und wir sind hierher geschickt worden da wir täglich
die Herrschaften wieder erwarten, unterdessen aber das ziemlich wüste Komödieu-
haus wieder in guten Stand bringen lassen. Hierbei muß ich auch sagen daß
wir alle noch leben und gesund sind. Die Iphigenia ist wieder mit vier
Frauenspersonen besetzt . . . Daphnis und Chloe ist abgeschrieben und darf
nur noch einmahl durchgelesen werden, so kann ich es mit Dank zurück
geben?c."

Ein fernerer Neuberscher Brief vom 12. Juli 1732 folgt aus Hamburg:

E. H. nehmen nicht übel auf daß hiermit beschwerlich bin und kürzlich
sage oder schreibe daß wir alle hier noch leben, Komödien und Tragödien
spielen und noch so ziemlich Zuschauer haben. Die Mühe so zur Verbesserung
des Geschmacks angewendet scheint nicht gar vergebens zu seyn. Es finden
sich auch hier verschiedene bekehrte Herzen, Leute denen man es fast nicht zu¬
trauen können siud nunmehr Liebhaber der Poesie geworden und viele finden
an den ordentlich gesetzten Stücken ein gutes Belieben, davon der Sulla ein
Zeuge seyn kann. Die meisten Vornehmen sind nicht in Hamburg (hier ist
vornehm soviel als Naihsherr und dcsgl.) Etwas Adeliche sind hier und
die kommen fleißig . . . Herr Haamau befindet sich wohl, er ist bey uns
gewesen, hat aber niemals so viel Geduld ein Stück ganz anzusehen und an¬
zuhören :c.

Folgt wiederum von Reuber ein Brief aus Hamburg vom 6. Juli 1735:

Daß E. H. sich mit der Frau Professorin in vergnügten Wohlstande befinden
>mögen wünschen ich und meine Frau von Herzen, dabey wir denn auch unsern
wohlgemeynten Wunsch zum glücklich angetretenen Ehestande nicht weitläufig
doch aufrichtig abstatten. Es müsse ihnen lebenslang wohlgehen :c.


sänftiget. War schön anzusehen. Den 4. October war zu Mittag ein ge¬
bratener Ochse der mit Schöps-, Kälber-, Rinder- und Schweinebraten belegt
war, dem Volke preisgegeben. Abends kam die Reihe an uns. Da wir die
Glückwünsche auf der Bühne abzulegen hatten in Form eines Prologus, darauf
folgte Iphigenia. Die Zuschauer waren häufig, denn das war das erste Mal
daß man ein solches Stück in Braunschweig sah. Madame Müller mit ihrem
Bruder Friedrich Elensohu kamen von Hannover herüber und sahen uus zu.
Sie schienen böse zu seyn weil wir da waren und sind auch nicht zu uus
gekommen ungeachtet wir sie bitten lassen. — Dieser Tag war die einzige Ur-
sach daß wir die Leipziger Messe nicht besuchen kommen und Sr. Durchl.
meynten es wäre nur Einmal Huldigung. Den 5. October lief Wein ans dem
Schloßplatze und zwar von dem dort stehenden Löwen. Abends war ein
schöner Ball und damit der Schluß. Hernach sind folgende Wochen Soldaten
gemustert wordeu und täglich war Abends Komödie. Hierauf ging die Herr¬
schaft nach Blankenburg und wir sind hierher geschickt worden da wir täglich
die Herrschaften wieder erwarten, unterdessen aber das ziemlich wüste Komödieu-
haus wieder in guten Stand bringen lassen. Hierbei muß ich auch sagen daß
wir alle noch leben und gesund sind. Die Iphigenia ist wieder mit vier
Frauenspersonen besetzt . . . Daphnis und Chloe ist abgeschrieben und darf
nur noch einmahl durchgelesen werden, so kann ich es mit Dank zurück
geben?c."

Ein fernerer Neuberscher Brief vom 12. Juli 1732 folgt aus Hamburg:

E. H. nehmen nicht übel auf daß hiermit beschwerlich bin und kürzlich
sage oder schreibe daß wir alle hier noch leben, Komödien und Tragödien
spielen und noch so ziemlich Zuschauer haben. Die Mühe so zur Verbesserung
des Geschmacks angewendet scheint nicht gar vergebens zu seyn. Es finden
sich auch hier verschiedene bekehrte Herzen, Leute denen man es fast nicht zu¬
trauen können siud nunmehr Liebhaber der Poesie geworden und viele finden
an den ordentlich gesetzten Stücken ein gutes Belieben, davon der Sulla ein
Zeuge seyn kann. Die meisten Vornehmen sind nicht in Hamburg (hier ist
vornehm soviel als Naihsherr und dcsgl.) Etwas Adeliche sind hier und
die kommen fleißig . . . Herr Haamau befindet sich wohl, er ist bey uns
gewesen, hat aber niemals so viel Geduld ein Stück ganz anzusehen und an¬
zuhören :c.

Folgt wiederum von Reuber ein Brief aus Hamburg vom 6. Juli 1735:

Daß E. H. sich mit der Frau Professorin in vergnügten Wohlstande befinden
>mögen wünschen ich und meine Frau von Herzen, dabey wir denn auch unsern
wohlgemeynten Wunsch zum glücklich angetretenen Ehestande nicht weitläufig
doch aufrichtig abstatten. Es müsse ihnen lebenslang wohlgehen :c.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/437>, abgerufen am 23.07.2024.