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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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Zuvor sei aber noch das oben schon erwähnte Pamphlet abgethan, welches
sich ebenfalls auf der Dresdner Bibliothek befindet. Der Prospekt lautet:

Probe Eines Heldengedichts In acht Büchern, Welches künftig alle 14
Tage Gesangweise herausgegeben werden soll und welches den Titel führet
Leben und Thaten Der weltberüchtigten und besten Lomöcliaiitin unsrer Zeit,
nehmlich Der Hochedlen und Tugendbegabten Frauen ?R,^VL5s ?i-iöäeriea
Oaroling, Nsuberin, gebohrene ^eissendornm, Principalin :e. le. Auf ihr Be¬
gehren und Häufiges Nachfragen ihrer Freunde an das Licht gestellet von N-
I'rieärien LiöZmuncl nez^r AwiekAviensis der Gottes Gelahrtheit eifrigst be¬
flissenen. Zwickau 1743.

"Im 8. Buche", heißt es dann nach Erledigung der übrigen Theile des
Prospekts, "wird ihre Abfahrt von dieser Weltbühne beschrieben werden, und
sollte Frau Neuberin zwischen hier und 70 Wochen nicht sterben, wie sie denn
schwerlich von ihrer Krankheit, in der sie leider, wie mir ein Brief eben meldet,
itzo liget, wieder genesen kann, so muß sich der gütige Leser freilich mit dem
8. Buche so lange gedulden, bis ihr seliger Tod wirklich erfolget ist."

Einstweilen gebe der Verfasser eine Probe, im Styl der Frau Neuberin,
"alles schön seichte und unordentlich." Zum Schluß wird, für den Fall, daß der
Verfasser durch den Tod behindert sein sollte, seinen Pränumeranten alles
Verheißene zu liefern, versprochen, daß der Bruder des Magisters die Sache
fortsetzen werde. Der 2. Band enthält denn auch die Anzeige seines Todes
seitens des Bruders D. W. Meyer Registrator 1744; dieser begnügt sich
übrigens mit Abdruck eines quasi bei dem Herausgeber eingegangenen Briefs,
der die Neuberin zu verunglimpfen sucht, und des bekannten Briefs, worin die
Schweizer -- Bodmer und Genossen -- die Neuberin beglückwünschen, daß sie
mit Gottsched gebrochen habe.

Aus dem Gesammtinhalt der zwei Pamphlete sei noch Folgendes er¬
wähnt: An einer Stelle heißt es, die Neuberin sei in Braun schweig in Se.
Blasii-Kirchen kopuliret worden, an einer andern: Reuber solle gar nicht ihr
Mann sein, sie wolle einen Herrn Kahle heirathen, ihr Liebhaber Suppig
greife aber frei in ihre Kasse. Bestohlen werde dieselbe durch Reuber, der als
lang und gelblich geschildert wird, wie er auch den Kopf hängen lasse. Zur
Vervollständigung ihres beigefügten Bildes, das etwa der Kaiserin Katharina
gleicht, -- ein guter Kupferstich von ihr ist noch im Kunsthandel -- wird ge¬
sagt: sie habe nicht weit vom Munde eine Warze, schnüre ihre Brüste in die
Höhe und zähle dreiundfünfzig Jahre (sie war damals siebenundvierzig Jahre).
Den Schluß bildet ein Gedicht ans die Neuberin und Suppig.

Dieses ganze Machwerk, so kläglich es ist, hat doch in so fern Werth, als
es beweist, wie wenig selbst ihre Widersacher gegen die Nenberin etwas


Zuvor sei aber noch das oben schon erwähnte Pamphlet abgethan, welches
sich ebenfalls auf der Dresdner Bibliothek befindet. Der Prospekt lautet:

Probe Eines Heldengedichts In acht Büchern, Welches künftig alle 14
Tage Gesangweise herausgegeben werden soll und welches den Titel führet
Leben und Thaten Der weltberüchtigten und besten Lomöcliaiitin unsrer Zeit,
nehmlich Der Hochedlen und Tugendbegabten Frauen ?R,^VL5s ?i-iöäeriea
Oaroling, Nsuberin, gebohrene ^eissendornm, Principalin :e. le. Auf ihr Be¬
gehren und Häufiges Nachfragen ihrer Freunde an das Licht gestellet von N-
I'rieärien LiöZmuncl nez^r AwiekAviensis der Gottes Gelahrtheit eifrigst be¬
flissenen. Zwickau 1743.

„Im 8. Buche", heißt es dann nach Erledigung der übrigen Theile des
Prospekts, „wird ihre Abfahrt von dieser Weltbühne beschrieben werden, und
sollte Frau Neuberin zwischen hier und 70 Wochen nicht sterben, wie sie denn
schwerlich von ihrer Krankheit, in der sie leider, wie mir ein Brief eben meldet,
itzo liget, wieder genesen kann, so muß sich der gütige Leser freilich mit dem
8. Buche so lange gedulden, bis ihr seliger Tod wirklich erfolget ist."

Einstweilen gebe der Verfasser eine Probe, im Styl der Frau Neuberin,
„alles schön seichte und unordentlich." Zum Schluß wird, für den Fall, daß der
Verfasser durch den Tod behindert sein sollte, seinen Pränumeranten alles
Verheißene zu liefern, versprochen, daß der Bruder des Magisters die Sache
fortsetzen werde. Der 2. Band enthält denn auch die Anzeige seines Todes
seitens des Bruders D. W. Meyer Registrator 1744; dieser begnügt sich
übrigens mit Abdruck eines quasi bei dem Herausgeber eingegangenen Briefs,
der die Neuberin zu verunglimpfen sucht, und des bekannten Briefs, worin die
Schweizer — Bodmer und Genossen — die Neuberin beglückwünschen, daß sie
mit Gottsched gebrochen habe.

Aus dem Gesammtinhalt der zwei Pamphlete sei noch Folgendes er¬
wähnt: An einer Stelle heißt es, die Neuberin sei in Braun schweig in Se.
Blasii-Kirchen kopuliret worden, an einer andern: Reuber solle gar nicht ihr
Mann sein, sie wolle einen Herrn Kahle heirathen, ihr Liebhaber Suppig
greife aber frei in ihre Kasse. Bestohlen werde dieselbe durch Reuber, der als
lang und gelblich geschildert wird, wie er auch den Kopf hängen lasse. Zur
Vervollständigung ihres beigefügten Bildes, das etwa der Kaiserin Katharina
gleicht, — ein guter Kupferstich von ihr ist noch im Kunsthandel — wird ge¬
sagt: sie habe nicht weit vom Munde eine Warze, schnüre ihre Brüste in die
Höhe und zähle dreiundfünfzig Jahre (sie war damals siebenundvierzig Jahre).
Den Schluß bildet ein Gedicht ans die Neuberin und Suppig.

Dieses ganze Machwerk, so kläglich es ist, hat doch in so fern Werth, als
es beweist, wie wenig selbst ihre Widersacher gegen die Nenberin etwas


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[0434] Zuvor sei aber noch das oben schon erwähnte Pamphlet abgethan, welches sich ebenfalls auf der Dresdner Bibliothek befindet. Der Prospekt lautet: Probe Eines Heldengedichts In acht Büchern, Welches künftig alle 14 Tage Gesangweise herausgegeben werden soll und welches den Titel führet Leben und Thaten Der weltberüchtigten und besten Lomöcliaiitin unsrer Zeit, nehmlich Der Hochedlen und Tugendbegabten Frauen ?R,^VL5s ?i-iöäeriea Oaroling, Nsuberin, gebohrene ^eissendornm, Principalin :e. le. Auf ihr Be¬ gehren und Häufiges Nachfragen ihrer Freunde an das Licht gestellet von N- I'rieärien LiöZmuncl nez^r AwiekAviensis der Gottes Gelahrtheit eifrigst be¬ flissenen. Zwickau 1743. „Im 8. Buche", heißt es dann nach Erledigung der übrigen Theile des Prospekts, „wird ihre Abfahrt von dieser Weltbühne beschrieben werden, und sollte Frau Neuberin zwischen hier und 70 Wochen nicht sterben, wie sie denn schwerlich von ihrer Krankheit, in der sie leider, wie mir ein Brief eben meldet, itzo liget, wieder genesen kann, so muß sich der gütige Leser freilich mit dem 8. Buche so lange gedulden, bis ihr seliger Tod wirklich erfolget ist." Einstweilen gebe der Verfasser eine Probe, im Styl der Frau Neuberin, „alles schön seichte und unordentlich." Zum Schluß wird, für den Fall, daß der Verfasser durch den Tod behindert sein sollte, seinen Pränumeranten alles Verheißene zu liefern, versprochen, daß der Bruder des Magisters die Sache fortsetzen werde. Der 2. Band enthält denn auch die Anzeige seines Todes seitens des Bruders D. W. Meyer Registrator 1744; dieser begnügt sich übrigens mit Abdruck eines quasi bei dem Herausgeber eingegangenen Briefs, der die Neuberin zu verunglimpfen sucht, und des bekannten Briefs, worin die Schweizer — Bodmer und Genossen — die Neuberin beglückwünschen, daß sie mit Gottsched gebrochen habe. Aus dem Gesammtinhalt der zwei Pamphlete sei noch Folgendes er¬ wähnt: An einer Stelle heißt es, die Neuberin sei in Braun schweig in Se. Blasii-Kirchen kopuliret worden, an einer andern: Reuber solle gar nicht ihr Mann sein, sie wolle einen Herrn Kahle heirathen, ihr Liebhaber Suppig greife aber frei in ihre Kasse. Bestohlen werde dieselbe durch Reuber, der als lang und gelblich geschildert wird, wie er auch den Kopf hängen lasse. Zur Vervollständigung ihres beigefügten Bildes, das etwa der Kaiserin Katharina gleicht, — ein guter Kupferstich von ihr ist noch im Kunsthandel — wird ge¬ sagt: sie habe nicht weit vom Munde eine Warze, schnüre ihre Brüste in die Höhe und zähle dreiundfünfzig Jahre (sie war damals siebenundvierzig Jahre). Den Schluß bildet ein Gedicht ans die Neuberin und Suppig. Dieses ganze Machwerk, so kläglich es ist, hat doch in so fern Werth, als es beweist, wie wenig selbst ihre Widersacher gegen die Nenberin etwas

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/434>, abgerufen am 23.07.2024.