Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

als vierzehn der ihrigen, mis sie bemerkten, wie er Korn und Raps in Fülle
anbaute, und wie seine früher moosigen Wiesen nach ihrer Entwässerung einen
üppigen Graswuchs zu treiben begannen, gingen ihnen die Augen auf, und
sie, die anfangs gespottet, beeilten sich, die neue Betriebsweise in ihren Wirth¬
schaften nachzuahmen. Die Folge aber war, daß sie in wenigen Jahren über
150,000 Thaler Schulden abtragen und überdies ihre Ställe erweitern, ihre
Scheunen vergrößern und ganz neue Gebäude herstellen konnten. Durch einen
Freund, den Leipziger Professor Leske, angeregt, schrieb Schubart von 1781
an in das Magazin für Naturkunde, Mathematik und Oekonomie auch Ab¬
handlungen über die Landwirthschaft im Allgemeinen, über den Anbau vou
Tabak, Krapp, Runkelrüben und Klee und über die Düngung mit Gyps, die
als auf praktische Erfahrung gegründet bei Tausenden von Landwirthen leb¬
haften Anklang fanden. Den Gipfel feiner reformatorischen Thätigkeit aber
erreichte er erst, als die Berliner Akademie der Wissenschaften 1783 die Fragen
aufstellte: "1. Welche Futterkräuter sind überhaupt zum trocknen oder frischen
Gebrauch die besten, sie mögen in Grasung, Blatt- oder Wurzelwerk und in
kleinen Kräutern bestehen? 2. Welche sind darunter ihrer gesunden und nahr¬
haften Eigenschaften halber am leichtesten und häufigsten, anch bald mit wirk¬
lichem Nutzen zu erziehen? 3. Welche Bestellnngsarten und Unterschiede müssen
dabei in Acht genommen werden?" Schubarts Beantwortung dieser Fragen
wurde mit dem Preise gekrönt und dies öffentlich bekannt gemacht, woraus
sein Ruf sich mit einem Schlage durch ganz Deutschland und Oesterreich ver¬
breitete. Aus allen Gegenden eilten Fürsten und Grafen, Gelehrte, Beamte
und einfache Landwirthe nach Würchwitz, um die neue landwirtschaftliche
Methode durch Augenschein kennen zu lernen. Der Fürst Egon von Fürsten¬
berg ließ die Schubartsche Preisschrift ins Czechische übersetzen und dnrch ganz
Böhmen unentgeltlich vertheilen. Anderwärts wurde sie nachgedruckt, und die
übrigen Abhandlungen des Reformators erlebten Auflage über Auflage. Die
Herzöge von Dessau, Köthen und Weimar beehrten ihn mit ihrem Vertrauen,
die Fürsten von Schwarzenberg und Fürstenberg, die Grafen von Schönburg,
Clam und Coloredo waren seine persönlichen Freunde. Der Herzog von Ko-
burg ernannte ihn 1785 zum Geheimen Rath, und Kaiser Joseph II. erhob ihn
in den Adelsstand. Aber um so heftiger traten daheim, jetzt noch vom Neid
gestachelt, seine Widersacher gegen ihn auf, indem sie ihre Verfolgungen vor¬
züglich an feine Schrift über Hut, Trift und Bräche knüpften. Schubart er¬
zählte darin, daß die Aufhebung des Hut- und Triftzwanges schon in Preußen,
Anhalt, Ansbach - Bayreuth, Baden, Baiern, Hessen - Darmstadt, Kurpfalz und
Zweibrücken theils begonnen, theils durchgeführt sei, und daß er in seiner
Correspondenz bereits Zusicherungen erhalten habe, daß sie demnächst anch in


als vierzehn der ihrigen, mis sie bemerkten, wie er Korn und Raps in Fülle
anbaute, und wie seine früher moosigen Wiesen nach ihrer Entwässerung einen
üppigen Graswuchs zu treiben begannen, gingen ihnen die Augen auf, und
sie, die anfangs gespottet, beeilten sich, die neue Betriebsweise in ihren Wirth¬
schaften nachzuahmen. Die Folge aber war, daß sie in wenigen Jahren über
150,000 Thaler Schulden abtragen und überdies ihre Ställe erweitern, ihre
Scheunen vergrößern und ganz neue Gebäude herstellen konnten. Durch einen
Freund, den Leipziger Professor Leske, angeregt, schrieb Schubart von 1781
an in das Magazin für Naturkunde, Mathematik und Oekonomie auch Ab¬
handlungen über die Landwirthschaft im Allgemeinen, über den Anbau vou
Tabak, Krapp, Runkelrüben und Klee und über die Düngung mit Gyps, die
als auf praktische Erfahrung gegründet bei Tausenden von Landwirthen leb¬
haften Anklang fanden. Den Gipfel feiner reformatorischen Thätigkeit aber
erreichte er erst, als die Berliner Akademie der Wissenschaften 1783 die Fragen
aufstellte: „1. Welche Futterkräuter sind überhaupt zum trocknen oder frischen
Gebrauch die besten, sie mögen in Grasung, Blatt- oder Wurzelwerk und in
kleinen Kräutern bestehen? 2. Welche sind darunter ihrer gesunden und nahr¬
haften Eigenschaften halber am leichtesten und häufigsten, anch bald mit wirk¬
lichem Nutzen zu erziehen? 3. Welche Bestellnngsarten und Unterschiede müssen
dabei in Acht genommen werden?" Schubarts Beantwortung dieser Fragen
wurde mit dem Preise gekrönt und dies öffentlich bekannt gemacht, woraus
sein Ruf sich mit einem Schlage durch ganz Deutschland und Oesterreich ver¬
breitete. Aus allen Gegenden eilten Fürsten und Grafen, Gelehrte, Beamte
und einfache Landwirthe nach Würchwitz, um die neue landwirtschaftliche
Methode durch Augenschein kennen zu lernen. Der Fürst Egon von Fürsten¬
berg ließ die Schubartsche Preisschrift ins Czechische übersetzen und dnrch ganz
Böhmen unentgeltlich vertheilen. Anderwärts wurde sie nachgedruckt, und die
übrigen Abhandlungen des Reformators erlebten Auflage über Auflage. Die
Herzöge von Dessau, Köthen und Weimar beehrten ihn mit ihrem Vertrauen,
die Fürsten von Schwarzenberg und Fürstenberg, die Grafen von Schönburg,
Clam und Coloredo waren seine persönlichen Freunde. Der Herzog von Ko-
burg ernannte ihn 1785 zum Geheimen Rath, und Kaiser Joseph II. erhob ihn
in den Adelsstand. Aber um so heftiger traten daheim, jetzt noch vom Neid
gestachelt, seine Widersacher gegen ihn auf, indem sie ihre Verfolgungen vor¬
züglich an feine Schrift über Hut, Trift und Bräche knüpften. Schubart er¬
zählte darin, daß die Aufhebung des Hut- und Triftzwanges schon in Preußen,
Anhalt, Ansbach - Bayreuth, Baden, Baiern, Hessen - Darmstadt, Kurpfalz und
Zweibrücken theils begonnen, theils durchgeführt sei, und daß er in seiner
Correspondenz bereits Zusicherungen erhalten habe, daß sie demnächst anch in


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0373" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/137546"/>
          <p xml:id="ID_1222" prev="#ID_1221" next="#ID_1223"> als vierzehn der ihrigen, mis sie bemerkten, wie er Korn und Raps in Fülle<lb/>
anbaute, und wie seine früher moosigen Wiesen nach ihrer Entwässerung einen<lb/>
üppigen Graswuchs zu treiben begannen, gingen ihnen die Augen auf, und<lb/>
sie, die anfangs gespottet, beeilten sich, die neue Betriebsweise in ihren Wirth¬<lb/>
schaften nachzuahmen. Die Folge aber war, daß sie in wenigen Jahren über<lb/>
150,000 Thaler Schulden abtragen und überdies ihre Ställe erweitern, ihre<lb/>
Scheunen vergrößern und ganz neue Gebäude herstellen konnten. Durch einen<lb/>
Freund, den Leipziger Professor Leske, angeregt, schrieb Schubart von 1781<lb/>
an in das Magazin für Naturkunde, Mathematik und Oekonomie auch Ab¬<lb/>
handlungen über die Landwirthschaft im Allgemeinen, über den Anbau vou<lb/>
Tabak, Krapp, Runkelrüben und Klee und über die Düngung mit Gyps, die<lb/>
als auf praktische Erfahrung gegründet bei Tausenden von Landwirthen leb¬<lb/>
haften Anklang fanden. Den Gipfel feiner reformatorischen Thätigkeit aber<lb/>
erreichte er erst, als die Berliner Akademie der Wissenschaften 1783 die Fragen<lb/>
aufstellte: &#x201E;1. Welche Futterkräuter sind überhaupt zum trocknen oder frischen<lb/>
Gebrauch die besten, sie mögen in Grasung, Blatt- oder Wurzelwerk und in<lb/>
kleinen Kräutern bestehen? 2. Welche sind darunter ihrer gesunden und nahr¬<lb/>
haften Eigenschaften halber am leichtesten und häufigsten, anch bald mit wirk¬<lb/>
lichem Nutzen zu erziehen? 3. Welche Bestellnngsarten und Unterschiede müssen<lb/>
dabei in Acht genommen werden?"  Schubarts Beantwortung dieser Fragen<lb/>
wurde mit dem Preise gekrönt und dies öffentlich bekannt gemacht, woraus<lb/>
sein Ruf sich mit einem Schlage durch ganz Deutschland und Oesterreich ver¬<lb/>
breitete. Aus allen Gegenden eilten Fürsten und Grafen, Gelehrte, Beamte<lb/>
und einfache Landwirthe nach Würchwitz, um die neue landwirtschaftliche<lb/>
Methode durch Augenschein kennen zu lernen. Der Fürst Egon von Fürsten¬<lb/>
berg ließ die Schubartsche Preisschrift ins Czechische übersetzen und dnrch ganz<lb/>
Böhmen unentgeltlich vertheilen. Anderwärts wurde sie nachgedruckt, und die<lb/>
übrigen Abhandlungen des Reformators erlebten Auflage über Auflage. Die<lb/>
Herzöge von Dessau, Köthen und Weimar beehrten ihn mit ihrem Vertrauen,<lb/>
die Fürsten von Schwarzenberg und Fürstenberg, die Grafen von Schönburg,<lb/>
Clam und Coloredo waren seine persönlichen Freunde. Der Herzog von Ko-<lb/>
burg ernannte ihn 1785 zum Geheimen Rath, und Kaiser Joseph II. erhob ihn<lb/>
in den Adelsstand. Aber um so heftiger traten daheim, jetzt noch vom Neid<lb/>
gestachelt, seine Widersacher gegen ihn auf, indem sie ihre Verfolgungen vor¬<lb/>
züglich an feine Schrift über Hut, Trift und Bräche knüpften. Schubart er¬<lb/>
zählte darin, daß die Aufhebung des Hut- und Triftzwanges schon in Preußen,<lb/>
Anhalt, Ansbach - Bayreuth, Baden, Baiern, Hessen - Darmstadt, Kurpfalz und<lb/>
Zweibrücken theils begonnen, theils durchgeführt sei, und daß er in seiner<lb/>
Correspondenz bereits Zusicherungen erhalten habe, daß sie demnächst anch in</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0373] als vierzehn der ihrigen, mis sie bemerkten, wie er Korn und Raps in Fülle anbaute, und wie seine früher moosigen Wiesen nach ihrer Entwässerung einen üppigen Graswuchs zu treiben begannen, gingen ihnen die Augen auf, und sie, die anfangs gespottet, beeilten sich, die neue Betriebsweise in ihren Wirth¬ schaften nachzuahmen. Die Folge aber war, daß sie in wenigen Jahren über 150,000 Thaler Schulden abtragen und überdies ihre Ställe erweitern, ihre Scheunen vergrößern und ganz neue Gebäude herstellen konnten. Durch einen Freund, den Leipziger Professor Leske, angeregt, schrieb Schubart von 1781 an in das Magazin für Naturkunde, Mathematik und Oekonomie auch Ab¬ handlungen über die Landwirthschaft im Allgemeinen, über den Anbau vou Tabak, Krapp, Runkelrüben und Klee und über die Düngung mit Gyps, die als auf praktische Erfahrung gegründet bei Tausenden von Landwirthen leb¬ haften Anklang fanden. Den Gipfel feiner reformatorischen Thätigkeit aber erreichte er erst, als die Berliner Akademie der Wissenschaften 1783 die Fragen aufstellte: „1. Welche Futterkräuter sind überhaupt zum trocknen oder frischen Gebrauch die besten, sie mögen in Grasung, Blatt- oder Wurzelwerk und in kleinen Kräutern bestehen? 2. Welche sind darunter ihrer gesunden und nahr¬ haften Eigenschaften halber am leichtesten und häufigsten, anch bald mit wirk¬ lichem Nutzen zu erziehen? 3. Welche Bestellnngsarten und Unterschiede müssen dabei in Acht genommen werden?" Schubarts Beantwortung dieser Fragen wurde mit dem Preise gekrönt und dies öffentlich bekannt gemacht, woraus sein Ruf sich mit einem Schlage durch ganz Deutschland und Oesterreich ver¬ breitete. Aus allen Gegenden eilten Fürsten und Grafen, Gelehrte, Beamte und einfache Landwirthe nach Würchwitz, um die neue landwirtschaftliche Methode durch Augenschein kennen zu lernen. Der Fürst Egon von Fürsten¬ berg ließ die Schubartsche Preisschrift ins Czechische übersetzen und dnrch ganz Böhmen unentgeltlich vertheilen. Anderwärts wurde sie nachgedruckt, und die übrigen Abhandlungen des Reformators erlebten Auflage über Auflage. Die Herzöge von Dessau, Köthen und Weimar beehrten ihn mit ihrem Vertrauen, die Fürsten von Schwarzenberg und Fürstenberg, die Grafen von Schönburg, Clam und Coloredo waren seine persönlichen Freunde. Der Herzog von Ko- burg ernannte ihn 1785 zum Geheimen Rath, und Kaiser Joseph II. erhob ihn in den Adelsstand. Aber um so heftiger traten daheim, jetzt noch vom Neid gestachelt, seine Widersacher gegen ihn auf, indem sie ihre Verfolgungen vor¬ züglich an feine Schrift über Hut, Trift und Bräche knüpften. Schubart er¬ zählte darin, daß die Aufhebung des Hut- und Triftzwanges schon in Preußen, Anhalt, Ansbach - Bayreuth, Baden, Baiern, Hessen - Darmstadt, Kurpfalz und Zweibrücken theils begonnen, theils durchgeführt sei, und daß er in seiner Correspondenz bereits Zusicherungen erhalten habe, daß sie demnächst anch in

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/373
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/373>, abgerufen am 23.07.2024.