Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.hat er für den von Ansbcich angenommen. Ueber den beiden andern bisherigen Aber noch mit einer andern Gegnerschaft hatte der oben genannte bisherige Schon bei der letzten Reichs- und Landtagswahl hatte diese Partei sich hat er für den von Ansbcich angenommen. Ueber den beiden andern bisherigen Aber noch mit einer andern Gegnerschaft hatte der oben genannte bisherige Schon bei der letzten Reichs- und Landtagswahl hatte diese Partei sich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0319" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/137492"/> <p xml:id="ID_1040" prev="#ID_1039"> hat er für den von Ansbcich angenommen. Ueber den beiden andern bisherigen<lb/> aus Bayern entsandten Mitgliedern der Fortschrittspartei, Frankenburger und<lb/> Erhard, schwebt noch das Damoklesschwert der Stichwahl. Indem ich dieses<lb/> schreibe, wird für den ersteren in Nürnberg der erneute Wahlkampf gekämpft.<lb/> Es ist ein erbitterter und hoffentlich siegreicher. Das war eine der bittern<lb/> Überraschungen, von denen wir vorhin sprachen: in Nürnberg, der bisherigen<lb/> Hauptstadt des Fortschritts, wo es an politischer Bildung und politischer Arbeit<lb/> nicht fehlt, erreichen die Sozialdemokraten die Majorität von 10,025 Stimmen,<lb/> und der Candidat der Liberalen erhält nur 9919, ein Frankenburger ist von<lb/> einen: Grillenberger, einem der kecksten sozialistischen Agitatoren geschlagen. Wir<lb/> sind hier an dem Punkte, auch bei uns in Bayern das riesige Anwachsen dieser<lb/> Partei, die bedeutende Steigerung des Prvzentverhnltuisses bei der Stimmen¬<lb/> abgabe seitens derselben constatiren zu müssen. Auch hier war die sozial¬<lb/> demokratische Organisation eine ganz vortreffliche; an fanatisirten Wühlern,<lb/> und — was eigentlich am schwersten erklärbar ist — an reichlicher, immer nen zu¬<lb/> fließender Geldunterstützung für diese hat es nie gefehlt. Noch in einem zweiten<lb/> Bezirk, Erlangen - Fürth, hat es der sozialistische Candidat gegenüber dem<lb/> nationalliberalen, Professor Marqnardsen, zu einer ansehnlichen Minorität<lb/> gebracht. ></p><lb/> <p xml:id="ID_1041"> Aber noch mit einer andern Gegnerschaft hatte der oben genannte bisherige<lb/> Abgeordnete zu kämpfen. Sein Wahlbezirk war einer der allerdings wenigen,<lb/> in welchen die Fortschrittspartei den anderswo freilich zähe festgehaltenen<lb/> Versuch machte, einen eignen Kandidaten aufzustellen und durchzubringen.<lb/> Wenn irgendwo, so war das bei uns in Bayern ein ganz ungerechtfertigter,<lb/> weil äußerst gefährlicher Vorgang. Einmal sind im größten Theil unsres<lb/> Volks die Begriffe von der Parteistellung im Reichstag uoch nicht so verkehrt,<lb/> daß die Leute streng über Freund und Feind des „Kompromisses" zu Ge¬<lb/> richt gesessen wären — und dann stand gerade in solchen Kreisen, wo man<lb/> den fortschrittlichen Candidaten gegen den nationalliberalen einzuschieben suchte,<lb/> eine dritte Partei auf der Lauer, die für sie abfallenden Früchte der Zer¬<lb/> splitterung aufzulesen und einzuheimsen. Das war die deuschconfervative.</p><lb/> <p xml:id="ID_1042" next="#ID_1043"> Schon bei der letzten Reichs- und Landtagswahl hatte diese Partei sich<lb/> möglichst geltend zu machen gesucht. Sie war damals noch sehr jung und<lb/> fand im Ganzen nur in engeren, kleinen, vom Adel und der evangelisch-ortho¬<lb/> doxen Geistlichkeit bearbeiteten Kreisen Eingang und Anhänger. Auch das ist,<lb/> seit dem im Sommer vorigen Jahres ihre Fusion mit der allgemeinen deut¬<lb/> schen conservativen Partei vollzogen worden, anders geworden. Die oben<lb/> Genannten, unsre Junker und der Clerus, haben sich im Süden wie im Nor¬<lb/> den noch mehr gefunden und aneinander geschlossen: dort wie hier dieselben</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0319]
hat er für den von Ansbcich angenommen. Ueber den beiden andern bisherigen
aus Bayern entsandten Mitgliedern der Fortschrittspartei, Frankenburger und
Erhard, schwebt noch das Damoklesschwert der Stichwahl. Indem ich dieses
schreibe, wird für den ersteren in Nürnberg der erneute Wahlkampf gekämpft.
Es ist ein erbitterter und hoffentlich siegreicher. Das war eine der bittern
Überraschungen, von denen wir vorhin sprachen: in Nürnberg, der bisherigen
Hauptstadt des Fortschritts, wo es an politischer Bildung und politischer Arbeit
nicht fehlt, erreichen die Sozialdemokraten die Majorität von 10,025 Stimmen,
und der Candidat der Liberalen erhält nur 9919, ein Frankenburger ist von
einen: Grillenberger, einem der kecksten sozialistischen Agitatoren geschlagen. Wir
sind hier an dem Punkte, auch bei uns in Bayern das riesige Anwachsen dieser
Partei, die bedeutende Steigerung des Prvzentverhnltuisses bei der Stimmen¬
abgabe seitens derselben constatiren zu müssen. Auch hier war die sozial¬
demokratische Organisation eine ganz vortreffliche; an fanatisirten Wühlern,
und — was eigentlich am schwersten erklärbar ist — an reichlicher, immer nen zu¬
fließender Geldunterstützung für diese hat es nie gefehlt. Noch in einem zweiten
Bezirk, Erlangen - Fürth, hat es der sozialistische Candidat gegenüber dem
nationalliberalen, Professor Marqnardsen, zu einer ansehnlichen Minorität
gebracht. >
Aber noch mit einer andern Gegnerschaft hatte der oben genannte bisherige
Abgeordnete zu kämpfen. Sein Wahlbezirk war einer der allerdings wenigen,
in welchen die Fortschrittspartei den anderswo freilich zähe festgehaltenen
Versuch machte, einen eignen Kandidaten aufzustellen und durchzubringen.
Wenn irgendwo, so war das bei uns in Bayern ein ganz ungerechtfertigter,
weil äußerst gefährlicher Vorgang. Einmal sind im größten Theil unsres
Volks die Begriffe von der Parteistellung im Reichstag uoch nicht so verkehrt,
daß die Leute streng über Freund und Feind des „Kompromisses" zu Ge¬
richt gesessen wären — und dann stand gerade in solchen Kreisen, wo man
den fortschrittlichen Candidaten gegen den nationalliberalen einzuschieben suchte,
eine dritte Partei auf der Lauer, die für sie abfallenden Früchte der Zer¬
splitterung aufzulesen und einzuheimsen. Das war die deuschconfervative.
Schon bei der letzten Reichs- und Landtagswahl hatte diese Partei sich
möglichst geltend zu machen gesucht. Sie war damals noch sehr jung und
fand im Ganzen nur in engeren, kleinen, vom Adel und der evangelisch-ortho¬
doxen Geistlichkeit bearbeiteten Kreisen Eingang und Anhänger. Auch das ist,
seit dem im Sommer vorigen Jahres ihre Fusion mit der allgemeinen deut¬
schen conservativen Partei vollzogen worden, anders geworden. Die oben
Genannten, unsre Junker und der Clerus, haben sich im Süden wie im Nor¬
den noch mehr gefunden und aneinander geschlossen: dort wie hier dieselben
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