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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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Dennoch steht der Opium-Export nicht an der Spitze des Exporthandels
überhaupt. Die Haupt aus fuhr geht nämlich nach Großbritannien und be¬
steht in erster Linie aus Baumwolle, demnächst ostindischem Hanf, Reis, Indigo,
Thee und Häuten.

Sie wird nur von dein Export aus den Vereinigten Staaten Nordamerikas
nach England übertroffen. Demnach kommt auch der Haupt-Import aus
Großbritannien, und zwar besteht derselbe vornehmlich aus Baumwollen-Waaren
und Eisen. Dein Handel mit Großbritannien folgt derjenige mit China und
Japan.^) -- Einen wichtigen Factor des Handels, das Eisenbahnnetz,
das sich strahlenförmig von den Häfen in das Land verbreitet, haben wir
schon erwähnt. Auch das Telegraphennetz besitzt eine verhältnißmäßige
Dichtigkeit. Dazu kommen gute Land- und Wasser-Straß en.

Was die Industrie betrifft, so ist darin durch die Einführung englischer
Fabrikate und Maschinen eine große Umwälzung eingetreten, die noch kaum
ihren Abschluß erreicht haben dürfte. Die alte einheimische Industrie ist an
vielen Orten im Aussterben. Dafür finden die Jndier zahlreich Beschäftigung
in den Fabriken, eine Thätigkeit, zu der sie sich sehr geeignet erweisen.

Sowohl die Dampf-Industrie, wie die Communication per Eisenbahn ver-
thenernd und die Ausrüstung der Schisse erschwerend war der Umstand, daß
man bisher nur Kohlen schlechter Qualität in Indien gewann. Neuerdings
sind jedoch bedeutende Kohlenlager besserer Qualität aufgefunden worden.

Für das Erziehungswesen geschieht sehr viel von Seiten der Re¬
gierung. Die Zahl der Erziehungs-Jnstitute beträgt 10,000, in denen 1,300,000
Zöglinge auf Staatskosten unterrichtet werden. Die Regierung urtheilt selbst
günstig über die Fortschritte der Schulbildung im Volk, dennoch enthält sich noch
ein sehr großer Theil des Schulbesuchs, z. B. im Pandschab 70°/g der Kinder
schulfähigen Alters. In einigen Landestheilen thut das frühzeitige Heirathen
dem Schulbesuch erheblichen Abbruch. In den unteren und mittleren Schulen
wird durchweg in der Landessprache unterrichtet, in den höheren sind außer
der englischen Sprache anch die arabische und persische, das Hindostani und
Sanskrit Lehrspracheu. Außerdem existiren Privat- und Gemeindeschulen, und
die Errichtung technischer und industrieller Lehranstalten ist augenblicklich ein
Hauptaugenmerk der Regierung. Es kommt derselben nämlich darauf an, den
Jndiern womöglich alle Berufszweige zu eröffnen, sie so zu nützlichen Gliedern der
Gesellschaft zu machen und gleichzeitig jeden Grund zur Unzufriedenheit zu
entfernen, wie solcher augenblicklich z. B. durch Stellen-Maugel im juristischen
und Staatsdienst geboten wird, während gerade um diese Carriere die jungen



'2) Vergl, Nartin, tuo Ltittssman'" z^rbook, 187", das mehrfach ans Quelle benutzt ist.

Dennoch steht der Opium-Export nicht an der Spitze des Exporthandels
überhaupt. Die Haupt aus fuhr geht nämlich nach Großbritannien und be¬
steht in erster Linie aus Baumwolle, demnächst ostindischem Hanf, Reis, Indigo,
Thee und Häuten.

Sie wird nur von dein Export aus den Vereinigten Staaten Nordamerikas
nach England übertroffen. Demnach kommt auch der Haupt-Import aus
Großbritannien, und zwar besteht derselbe vornehmlich aus Baumwollen-Waaren
und Eisen. Dein Handel mit Großbritannien folgt derjenige mit China und
Japan.^) — Einen wichtigen Factor des Handels, das Eisenbahnnetz,
das sich strahlenförmig von den Häfen in das Land verbreitet, haben wir
schon erwähnt. Auch das Telegraphennetz besitzt eine verhältnißmäßige
Dichtigkeit. Dazu kommen gute Land- und Wasser-Straß en.

Was die Industrie betrifft, so ist darin durch die Einführung englischer
Fabrikate und Maschinen eine große Umwälzung eingetreten, die noch kaum
ihren Abschluß erreicht haben dürfte. Die alte einheimische Industrie ist an
vielen Orten im Aussterben. Dafür finden die Jndier zahlreich Beschäftigung
in den Fabriken, eine Thätigkeit, zu der sie sich sehr geeignet erweisen.

Sowohl die Dampf-Industrie, wie die Communication per Eisenbahn ver-
thenernd und die Ausrüstung der Schisse erschwerend war der Umstand, daß
man bisher nur Kohlen schlechter Qualität in Indien gewann. Neuerdings
sind jedoch bedeutende Kohlenlager besserer Qualität aufgefunden worden.

Für das Erziehungswesen geschieht sehr viel von Seiten der Re¬
gierung. Die Zahl der Erziehungs-Jnstitute beträgt 10,000, in denen 1,300,000
Zöglinge auf Staatskosten unterrichtet werden. Die Regierung urtheilt selbst
günstig über die Fortschritte der Schulbildung im Volk, dennoch enthält sich noch
ein sehr großer Theil des Schulbesuchs, z. B. im Pandschab 70°/g der Kinder
schulfähigen Alters. In einigen Landestheilen thut das frühzeitige Heirathen
dem Schulbesuch erheblichen Abbruch. In den unteren und mittleren Schulen
wird durchweg in der Landessprache unterrichtet, in den höheren sind außer
der englischen Sprache anch die arabische und persische, das Hindostani und
Sanskrit Lehrspracheu. Außerdem existiren Privat- und Gemeindeschulen, und
die Errichtung technischer und industrieller Lehranstalten ist augenblicklich ein
Hauptaugenmerk der Regierung. Es kommt derselben nämlich darauf an, den
Jndiern womöglich alle Berufszweige zu eröffnen, sie so zu nützlichen Gliedern der
Gesellschaft zu machen und gleichzeitig jeden Grund zur Unzufriedenheit zu
entfernen, wie solcher augenblicklich z. B. durch Stellen-Maugel im juristischen
und Staatsdienst geboten wird, während gerade um diese Carriere die jungen



'2) Vergl, Nartin, tuo Ltittssman'» z^rbook, 187», das mehrfach ans Quelle benutzt ist.
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[0219] Dennoch steht der Opium-Export nicht an der Spitze des Exporthandels überhaupt. Die Haupt aus fuhr geht nämlich nach Großbritannien und be¬ steht in erster Linie aus Baumwolle, demnächst ostindischem Hanf, Reis, Indigo, Thee und Häuten. Sie wird nur von dein Export aus den Vereinigten Staaten Nordamerikas nach England übertroffen. Demnach kommt auch der Haupt-Import aus Großbritannien, und zwar besteht derselbe vornehmlich aus Baumwollen-Waaren und Eisen. Dein Handel mit Großbritannien folgt derjenige mit China und Japan.^) — Einen wichtigen Factor des Handels, das Eisenbahnnetz, das sich strahlenförmig von den Häfen in das Land verbreitet, haben wir schon erwähnt. Auch das Telegraphennetz besitzt eine verhältnißmäßige Dichtigkeit. Dazu kommen gute Land- und Wasser-Straß en. Was die Industrie betrifft, so ist darin durch die Einführung englischer Fabrikate und Maschinen eine große Umwälzung eingetreten, die noch kaum ihren Abschluß erreicht haben dürfte. Die alte einheimische Industrie ist an vielen Orten im Aussterben. Dafür finden die Jndier zahlreich Beschäftigung in den Fabriken, eine Thätigkeit, zu der sie sich sehr geeignet erweisen. Sowohl die Dampf-Industrie, wie die Communication per Eisenbahn ver- thenernd und die Ausrüstung der Schisse erschwerend war der Umstand, daß man bisher nur Kohlen schlechter Qualität in Indien gewann. Neuerdings sind jedoch bedeutende Kohlenlager besserer Qualität aufgefunden worden. Für das Erziehungswesen geschieht sehr viel von Seiten der Re¬ gierung. Die Zahl der Erziehungs-Jnstitute beträgt 10,000, in denen 1,300,000 Zöglinge auf Staatskosten unterrichtet werden. Die Regierung urtheilt selbst günstig über die Fortschritte der Schulbildung im Volk, dennoch enthält sich noch ein sehr großer Theil des Schulbesuchs, z. B. im Pandschab 70°/g der Kinder schulfähigen Alters. In einigen Landestheilen thut das frühzeitige Heirathen dem Schulbesuch erheblichen Abbruch. In den unteren und mittleren Schulen wird durchweg in der Landessprache unterrichtet, in den höheren sind außer der englischen Sprache anch die arabische und persische, das Hindostani und Sanskrit Lehrspracheu. Außerdem existiren Privat- und Gemeindeschulen, und die Errichtung technischer und industrieller Lehranstalten ist augenblicklich ein Hauptaugenmerk der Regierung. Es kommt derselben nämlich darauf an, den Jndiern womöglich alle Berufszweige zu eröffnen, sie so zu nützlichen Gliedern der Gesellschaft zu machen und gleichzeitig jeden Grund zur Unzufriedenheit zu entfernen, wie solcher augenblicklich z. B. durch Stellen-Maugel im juristischen und Staatsdienst geboten wird, während gerade um diese Carriere die jungen '2) Vergl, Nartin, tuo Ltittssman'» z^rbook, 187», das mehrfach ans Quelle benutzt ist.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/219>, abgerufen am 23.07.2024.