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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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Regimenter zu rekrntiren und durch sie die alten englischen Regimenter zu
ersetzend)

Der Beschäftigung nach sind die Jndier wesentlich ein acker¬
bauendes Volk. Der Ackerbau wird fast nur von Eingebornen betrieben
-- es sind deren 37^ Millionen, dagegen nnr 614 Engländer. Die Ackerbauer
befinden sich zumeist in einer Art Erbpachts- oder Lehnsverhältuiß verschiedenen
Systems zur Regierung. Die sogenannten Zemindars, die event, wieder
kleinere Pächter unter sich haben, zahlen jährlich eine bestimmte Summe an
die Regierung; bei dem sogenannten Dorf-Renten-System liegt die Last
dem ganzen Dorfe ob, und bei dem sehr verbreiteten sogenannten rxotvar-
System ist das Land veräußbarer Besitz, von dem der Besitzer nur vertrieben
werden kann, wenn er seine Steuer uicht bezahlt, während er andrerseits in schlechten
Jahren von der Regierung Unterstützung erhält. Der Ackerbau liefert der Regierung
bei weitem den größten Steuerertrag, 21 Millionen L. von 49 Millionen
Gesamteinnahme im Jahre 1874. Es ist daher natürlich, daß die Regierung
der angemessenen Regelung dieser Einkünfte und der Hebung des Ackerbaues
die größte Aufmerksamkeit zuwendet. Das Land wird vermessen, die Bonnae
der Aecker geschätzt und die Grundsteuer regulirt. Zahlreiche Bewüsse--
rungs-Systeme werden angelegt und heben die Kultur des Landes; ein
weitverzweigtes Eisenbahnnetz, das im Jahre 1875 eine Ausdehnung von
6192 englischen Meilen hatte und in Bezug auf seine Dichtigkeit zwischen
Schweden und Rußland steht, sichert den Absatz. Diese Kulturhebungsmittel
werden bei Festsetzung der Grundsteuer in Rechnung gezogen und tragen so
unmittelbar Zinsen. Trotzdem sind die Verhältnisse noch nicht so geordnet,
daß nicht noch kürzlich in Folge ungünstiger Ernte eine große Hungersnoth
in Bengalen entstehen konnte und zur Zeit aufs Neue eine solche im südlichen
Indien signalisirt ist. Die häufig erforderlichen gerichtlichen Exemtionen, um
die Grundsteuer einzutreiben, veranlassen die Regierung, im Blanbuche dieses
Jahres das Sachverhältniß näher zu beleuchten.

Nächst dem Ackerbau gewährt der monopolisirte Handel mit Opium
und Salz") die größte Einnahme. Der Saft alles in britischen Territorium
gebauten Modus muß der Regierung zu gewissen Preisen verkauft werden, die
daraus in ihren Factoreien Opium gewinnen läßt, welcher wieder an Kaufleute
behufs Exports nach China versteigert wird. Von dem in den Eingebornen-
Stciaten gewonnenen Opium") wird in den englischen Häfen ein hoher Aus¬
gangszoll erhoben.





°) Vergl. einen hier mehrfach benutzten Aufsatz der "National-Zeitung" v. Februar 1870
"die politische Organisation Britisch Indiens."
'°) Im Jahre 1872 -- 8 resp. K Mill, L.
Der meiste Opium wird in Malwa gewonnen-

Regimenter zu rekrntiren und durch sie die alten englischen Regimenter zu
ersetzend)

Der Beschäftigung nach sind die Jndier wesentlich ein acker¬
bauendes Volk. Der Ackerbau wird fast nur von Eingebornen betrieben
— es sind deren 37^ Millionen, dagegen nnr 614 Engländer. Die Ackerbauer
befinden sich zumeist in einer Art Erbpachts- oder Lehnsverhältuiß verschiedenen
Systems zur Regierung. Die sogenannten Zemindars, die event, wieder
kleinere Pächter unter sich haben, zahlen jährlich eine bestimmte Summe an
die Regierung; bei dem sogenannten Dorf-Renten-System liegt die Last
dem ganzen Dorfe ob, und bei dem sehr verbreiteten sogenannten rxotvar-
System ist das Land veräußbarer Besitz, von dem der Besitzer nur vertrieben
werden kann, wenn er seine Steuer uicht bezahlt, während er andrerseits in schlechten
Jahren von der Regierung Unterstützung erhält. Der Ackerbau liefert der Regierung
bei weitem den größten Steuerertrag, 21 Millionen L. von 49 Millionen
Gesamteinnahme im Jahre 1874. Es ist daher natürlich, daß die Regierung
der angemessenen Regelung dieser Einkünfte und der Hebung des Ackerbaues
die größte Aufmerksamkeit zuwendet. Das Land wird vermessen, die Bonnae
der Aecker geschätzt und die Grundsteuer regulirt. Zahlreiche Bewüsse--
rungs-Systeme werden angelegt und heben die Kultur des Landes; ein
weitverzweigtes Eisenbahnnetz, das im Jahre 1875 eine Ausdehnung von
6192 englischen Meilen hatte und in Bezug auf seine Dichtigkeit zwischen
Schweden und Rußland steht, sichert den Absatz. Diese Kulturhebungsmittel
werden bei Festsetzung der Grundsteuer in Rechnung gezogen und tragen so
unmittelbar Zinsen. Trotzdem sind die Verhältnisse noch nicht so geordnet,
daß nicht noch kürzlich in Folge ungünstiger Ernte eine große Hungersnoth
in Bengalen entstehen konnte und zur Zeit aufs Neue eine solche im südlichen
Indien signalisirt ist. Die häufig erforderlichen gerichtlichen Exemtionen, um
die Grundsteuer einzutreiben, veranlassen die Regierung, im Blanbuche dieses
Jahres das Sachverhältniß näher zu beleuchten.

Nächst dem Ackerbau gewährt der monopolisirte Handel mit Opium
und Salz") die größte Einnahme. Der Saft alles in britischen Territorium
gebauten Modus muß der Regierung zu gewissen Preisen verkauft werden, die
daraus in ihren Factoreien Opium gewinnen läßt, welcher wieder an Kaufleute
behufs Exports nach China versteigert wird. Von dem in den Eingebornen-
Stciaten gewonnenen Opium") wird in den englischen Häfen ein hoher Aus¬
gangszoll erhoben.





°) Vergl. einen hier mehrfach benutzten Aufsatz der „National-Zeitung" v. Februar 1870
„die politische Organisation Britisch Indiens."
'°) Im Jahre 1872 — 8 resp. K Mill, L.
Der meiste Opium wird in Malwa gewonnen-
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[0218] Regimenter zu rekrntiren und durch sie die alten englischen Regimenter zu ersetzend) Der Beschäftigung nach sind die Jndier wesentlich ein acker¬ bauendes Volk. Der Ackerbau wird fast nur von Eingebornen betrieben — es sind deren 37^ Millionen, dagegen nnr 614 Engländer. Die Ackerbauer befinden sich zumeist in einer Art Erbpachts- oder Lehnsverhältuiß verschiedenen Systems zur Regierung. Die sogenannten Zemindars, die event, wieder kleinere Pächter unter sich haben, zahlen jährlich eine bestimmte Summe an die Regierung; bei dem sogenannten Dorf-Renten-System liegt die Last dem ganzen Dorfe ob, und bei dem sehr verbreiteten sogenannten rxotvar- System ist das Land veräußbarer Besitz, von dem der Besitzer nur vertrieben werden kann, wenn er seine Steuer uicht bezahlt, während er andrerseits in schlechten Jahren von der Regierung Unterstützung erhält. Der Ackerbau liefert der Regierung bei weitem den größten Steuerertrag, 21 Millionen L. von 49 Millionen Gesamteinnahme im Jahre 1874. Es ist daher natürlich, daß die Regierung der angemessenen Regelung dieser Einkünfte und der Hebung des Ackerbaues die größte Aufmerksamkeit zuwendet. Das Land wird vermessen, die Bonnae der Aecker geschätzt und die Grundsteuer regulirt. Zahlreiche Bewüsse-- rungs-Systeme werden angelegt und heben die Kultur des Landes; ein weitverzweigtes Eisenbahnnetz, das im Jahre 1875 eine Ausdehnung von 6192 englischen Meilen hatte und in Bezug auf seine Dichtigkeit zwischen Schweden und Rußland steht, sichert den Absatz. Diese Kulturhebungsmittel werden bei Festsetzung der Grundsteuer in Rechnung gezogen und tragen so unmittelbar Zinsen. Trotzdem sind die Verhältnisse noch nicht so geordnet, daß nicht noch kürzlich in Folge ungünstiger Ernte eine große Hungersnoth in Bengalen entstehen konnte und zur Zeit aufs Neue eine solche im südlichen Indien signalisirt ist. Die häufig erforderlichen gerichtlichen Exemtionen, um die Grundsteuer einzutreiben, veranlassen die Regierung, im Blanbuche dieses Jahres das Sachverhältniß näher zu beleuchten. Nächst dem Ackerbau gewährt der monopolisirte Handel mit Opium und Salz") die größte Einnahme. Der Saft alles in britischen Territorium gebauten Modus muß der Regierung zu gewissen Preisen verkauft werden, die daraus in ihren Factoreien Opium gewinnen läßt, welcher wieder an Kaufleute behufs Exports nach China versteigert wird. Von dem in den Eingebornen- Stciaten gewonnenen Opium") wird in den englischen Häfen ein hoher Aus¬ gangszoll erhoben. °) Vergl. einen hier mehrfach benutzten Aufsatz der „National-Zeitung" v. Februar 1870 „die politische Organisation Britisch Indiens." '°) Im Jahre 1872 — 8 resp. K Mill, L. Der meiste Opium wird in Malwa gewonnen-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/218>, abgerufen am 23.07.2024.