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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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lion der oft indischen Compagnie in Bezug auf die Territorial-Verwal-
tung, Politik, Militair- und Finanz-Wesen einer Regierungs - Commissi o n
untergeordnet.

Tippo Sahib ergriff noch zweimal das Schwert. Erst 1799 endeten
diese Kämpfe, indem der indische Fürst Reich und Leben verlor.

Nachdem die Engländer während der napoleonischen Kriege die französi¬
schen und holländischen Besitzungen an sich gebracht hatten, blieben die
Mahratten als einzige Feinde übrig. Von 1803 an dauerten die Kämpfe
mit diesem Volksstamm bis zu seiner völligen Unterwerfung im Jahre 1817.
England, oder vielmehr die Compagnie, übte nun theils unmittelbar theils
mittelbar Herrschaft über das ganze Ostindien vom Indus bis zum
Ganges und vom Himalaya bis zur Südspitze der Halbinsel ans. Auch der
letzte eingeborene nominelle Herrscher von Indien, der Groß-
Mogul Schah Almen, war 1806 gestorben, nachdem er die letzten drei
Jahre als Pensionär der Engländer gelebt, die ihn aus schmachvoller Gefan¬
genschaft befreit hatten. Sein Sohn Schah Akbar führte noch bis 1827,
obwohl lediglich Privatmann, den Titel seines glorreichen Geschlechts, doch auch
dieser wurde ihm dann als mit der englischen Autorität unverträglich ge¬
nommen.

Mit dieser Macht-Ausdehnung noch nicht zufrieden, suchte England sein
Gebiet auch über den Indus hinaus nach Westen zu erweitern. Im
Streben nach dieser Richtung 'zeigen sich auch bald die ersten Spuren
einer Concurrenz Englands und Rußlands in Asien. Als Ru߬
land im Anfange dieses Jahrhunderts in Persien eindrang, fand es dort durch
britische Offiziere ausgebildete und geführte Bataillone vor. Rußland siegte
und trug Landgewinn davon. England brachte einen Vertrag zu Teheran
zu Stande, "demzufolge Persien sich verpflichtete, keiner europäischen Armee
den Eintritt ins persische Gebiet zu gestatten, keine weder nach Indien noch
nach irgend einem der persischen Häfen vordringen zu lassen und Offiziere
keiner'europäischen Macht anzustellen, welche mit der Absicht umginge, einen
Einfall nach Indien vorzubereiten, oder feindselig gegen England auf¬
treten wollte.

Sollte jedoch irgend eine europäische Macht mit einem solchen Borhaben
umgehen und über Khorassan, Tartaristan, Bokhara, 'Samarkand oder auf
anderen Wegen nach Indien vordringen, so verpflichtete sich der Schah von
Persien, die Könige und Gouverneure jener Länder zu vermögen, sich deren
Vorgehen nach allen Kräften zu widersetzen. Im dritten Artikel hieß es, daß
die Grenzen zwischen Rußland und Persien in Uebereinstimmung mit Groß-


lion der oft indischen Compagnie in Bezug auf die Territorial-Verwal-
tung, Politik, Militair- und Finanz-Wesen einer Regierungs - Commissi o n
untergeordnet.

Tippo Sahib ergriff noch zweimal das Schwert. Erst 1799 endeten
diese Kämpfe, indem der indische Fürst Reich und Leben verlor.

Nachdem die Engländer während der napoleonischen Kriege die französi¬
schen und holländischen Besitzungen an sich gebracht hatten, blieben die
Mahratten als einzige Feinde übrig. Von 1803 an dauerten die Kämpfe
mit diesem Volksstamm bis zu seiner völligen Unterwerfung im Jahre 1817.
England, oder vielmehr die Compagnie, übte nun theils unmittelbar theils
mittelbar Herrschaft über das ganze Ostindien vom Indus bis zum
Ganges und vom Himalaya bis zur Südspitze der Halbinsel ans. Auch der
letzte eingeborene nominelle Herrscher von Indien, der Groß-
Mogul Schah Almen, war 1806 gestorben, nachdem er die letzten drei
Jahre als Pensionär der Engländer gelebt, die ihn aus schmachvoller Gefan¬
genschaft befreit hatten. Sein Sohn Schah Akbar führte noch bis 1827,
obwohl lediglich Privatmann, den Titel seines glorreichen Geschlechts, doch auch
dieser wurde ihm dann als mit der englischen Autorität unverträglich ge¬
nommen.

Mit dieser Macht-Ausdehnung noch nicht zufrieden, suchte England sein
Gebiet auch über den Indus hinaus nach Westen zu erweitern. Im
Streben nach dieser Richtung 'zeigen sich auch bald die ersten Spuren
einer Concurrenz Englands und Rußlands in Asien. Als Ru߬
land im Anfange dieses Jahrhunderts in Persien eindrang, fand es dort durch
britische Offiziere ausgebildete und geführte Bataillone vor. Rußland siegte
und trug Landgewinn davon. England brachte einen Vertrag zu Teheran
zu Stande, „demzufolge Persien sich verpflichtete, keiner europäischen Armee
den Eintritt ins persische Gebiet zu gestatten, keine weder nach Indien noch
nach irgend einem der persischen Häfen vordringen zu lassen und Offiziere
keiner'europäischen Macht anzustellen, welche mit der Absicht umginge, einen
Einfall nach Indien vorzubereiten, oder feindselig gegen England auf¬
treten wollte.

Sollte jedoch irgend eine europäische Macht mit einem solchen Borhaben
umgehen und über Khorassan, Tartaristan, Bokhara, 'Samarkand oder auf
anderen Wegen nach Indien vordringen, so verpflichtete sich der Schah von
Persien, die Könige und Gouverneure jener Länder zu vermögen, sich deren
Vorgehen nach allen Kräften zu widersetzen. Im dritten Artikel hieß es, daß
die Grenzen zwischen Rußland und Persien in Uebereinstimmung mit Groß-


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[0213] lion der oft indischen Compagnie in Bezug auf die Territorial-Verwal- tung, Politik, Militair- und Finanz-Wesen einer Regierungs - Commissi o n untergeordnet. Tippo Sahib ergriff noch zweimal das Schwert. Erst 1799 endeten diese Kämpfe, indem der indische Fürst Reich und Leben verlor. Nachdem die Engländer während der napoleonischen Kriege die französi¬ schen und holländischen Besitzungen an sich gebracht hatten, blieben die Mahratten als einzige Feinde übrig. Von 1803 an dauerten die Kämpfe mit diesem Volksstamm bis zu seiner völligen Unterwerfung im Jahre 1817. England, oder vielmehr die Compagnie, übte nun theils unmittelbar theils mittelbar Herrschaft über das ganze Ostindien vom Indus bis zum Ganges und vom Himalaya bis zur Südspitze der Halbinsel ans. Auch der letzte eingeborene nominelle Herrscher von Indien, der Groß- Mogul Schah Almen, war 1806 gestorben, nachdem er die letzten drei Jahre als Pensionär der Engländer gelebt, die ihn aus schmachvoller Gefan¬ genschaft befreit hatten. Sein Sohn Schah Akbar führte noch bis 1827, obwohl lediglich Privatmann, den Titel seines glorreichen Geschlechts, doch auch dieser wurde ihm dann als mit der englischen Autorität unverträglich ge¬ nommen. Mit dieser Macht-Ausdehnung noch nicht zufrieden, suchte England sein Gebiet auch über den Indus hinaus nach Westen zu erweitern. Im Streben nach dieser Richtung 'zeigen sich auch bald die ersten Spuren einer Concurrenz Englands und Rußlands in Asien. Als Ru߬ land im Anfange dieses Jahrhunderts in Persien eindrang, fand es dort durch britische Offiziere ausgebildete und geführte Bataillone vor. Rußland siegte und trug Landgewinn davon. England brachte einen Vertrag zu Teheran zu Stande, „demzufolge Persien sich verpflichtete, keiner europäischen Armee den Eintritt ins persische Gebiet zu gestatten, keine weder nach Indien noch nach irgend einem der persischen Häfen vordringen zu lassen und Offiziere keiner'europäischen Macht anzustellen, welche mit der Absicht umginge, einen Einfall nach Indien vorzubereiten, oder feindselig gegen England auf¬ treten wollte. Sollte jedoch irgend eine europäische Macht mit einem solchen Borhaben umgehen und über Khorassan, Tartaristan, Bokhara, 'Samarkand oder auf anderen Wegen nach Indien vordringen, so verpflichtete sich der Schah von Persien, die Könige und Gouverneure jener Länder zu vermögen, sich deren Vorgehen nach allen Kräften zu widersetzen. Im dritten Artikel hieß es, daß die Grenzen zwischen Rußland und Persien in Uebereinstimmung mit Groß-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/213>, abgerufen am 23.07.2024.