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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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liest: Gewehrfeuer ist ohnmächtig gegen die Taucher-Torpedo. Schließlich
würde es em Leichtes sein, das Gehäuse schußfest herzustellen, die Glasplatten
nicht ausgeschlossen. Da das untergetauchte Boot nur wenige Schritte weit
vor sich sehen kann, wegen der Undurchsichtigkeit des Wassers, so muß ein
anderer Weg eingeschlagen werden, um die Besatzung des Taucherbootes er¬
kennen zu lassen: jetzt sind wir in der Nähe unseres Opfers.

Da unter dem Wasser weder Wind noch Wellen, sondern nur constanter
Wasserdunst und stellenweise eine in ihrer Stärke genau bekannte Strömung
auf das Boot einwirken, so werden einmal die Bewegungen des Motors, sei
derselbe nun Schraube oder Kolben oder Turbine, einen ziemlich genauen
Distaneenschützer angeben, andererseits aber Meßinstrumente, direct in Ver¬
bindung mit dem Richtungsgehäuse die wünschenswerthe Genauigkeit ergeben.
Indem nun das Boot sich dieser Hülfsmittel bedient, wird es in einem be¬
kannten Fahrwasser, in welchem tausendfache Uebungsfahrten Officiere und
Mannschaften mit dem Meeresgrunde und seinen Strömungen vollkommen
bekannt gemacht haben, nur selten noch des Auftauchens bedürfen. Ruhig in
steter, langsamer Fahrt wird es den Rumpf des feindlichen Panzers erreichen,
den Torpedo mit Zeit- oder Leid-Zündung in der Nähe der feindlichen Schraube
logiren, und nach einigen Augenblicken existirt das feindliche Schiff nicht mehr!
Erfolgt der Angriff des Torpedo in einer hellen Sommer- oder Mondnacht,
so ist ein Wahrnehmen des auftauchenden Bootes für den Feind fast eine
reine Unmöglichkeit. Wir haben bis jetzt absichtlich als Zeit für den supponirten
Angriff den Tag gedacht, um es dem Angreifer fo schwer als möglich zu
machen. Wie bekannt, müssen aber die Panzerschiffe zu ihren Actionen möglichst
ruhiges Wetter haben, und daher werden diese Vorfälle meist im Sommer
stattfinden, dessen Nächte in unsern nordischen Meeren mit ihrer langen Dämme¬
rung derartigen Unternehmungen der Taucherboote ganz besonders günstig sind.
Eine feindliche Flotte, behufs Blokirung unserer Häfen auf einer oder mehreren
Rheden ankernd, würde in wenigen Tagen aufgerieben werden dnrch eine mit
den örtlichen Verhältnissen durch jahrelange Uebungsfahrten vertraute Torpedo¬
brigade, und dieß vermuthlich ohne nennenswerthe Einbuße, ja sehr möglicher
Weise, ohne ein einziges Menschenleben unsrerseits zu verlieren. Kostete doch
binnen zwei Jahren die Blocade von Charleston in Nord-Karvlinci den Nord¬
staaten vier treffliche Panzerschiffe und zwei Holzschiffe mit zusammen über
1500 Mann, ohne daß es bekannt geworden, daß von den damals üblichen
sechs Offensivtorpedo, welche zum Angriff verwendet wurden, mehr als einer
verunglückt sei. Und damals war die ganze Erfindung noch in der Kindheit.
Bei Gelegenheit der Sprengung des Hellgate-Riffs bei New-Iork hat man die
eingehendsten und günstigsten Erfahrungen über die Leistungsfähigkeit von


liest: Gewehrfeuer ist ohnmächtig gegen die Taucher-Torpedo. Schließlich
würde es em Leichtes sein, das Gehäuse schußfest herzustellen, die Glasplatten
nicht ausgeschlossen. Da das untergetauchte Boot nur wenige Schritte weit
vor sich sehen kann, wegen der Undurchsichtigkeit des Wassers, so muß ein
anderer Weg eingeschlagen werden, um die Besatzung des Taucherbootes er¬
kennen zu lassen: jetzt sind wir in der Nähe unseres Opfers.

Da unter dem Wasser weder Wind noch Wellen, sondern nur constanter
Wasserdunst und stellenweise eine in ihrer Stärke genau bekannte Strömung
auf das Boot einwirken, so werden einmal die Bewegungen des Motors, sei
derselbe nun Schraube oder Kolben oder Turbine, einen ziemlich genauen
Distaneenschützer angeben, andererseits aber Meßinstrumente, direct in Ver¬
bindung mit dem Richtungsgehäuse die wünschenswerthe Genauigkeit ergeben.
Indem nun das Boot sich dieser Hülfsmittel bedient, wird es in einem be¬
kannten Fahrwasser, in welchem tausendfache Uebungsfahrten Officiere und
Mannschaften mit dem Meeresgrunde und seinen Strömungen vollkommen
bekannt gemacht haben, nur selten noch des Auftauchens bedürfen. Ruhig in
steter, langsamer Fahrt wird es den Rumpf des feindlichen Panzers erreichen,
den Torpedo mit Zeit- oder Leid-Zündung in der Nähe der feindlichen Schraube
logiren, und nach einigen Augenblicken existirt das feindliche Schiff nicht mehr!
Erfolgt der Angriff des Torpedo in einer hellen Sommer- oder Mondnacht,
so ist ein Wahrnehmen des auftauchenden Bootes für den Feind fast eine
reine Unmöglichkeit. Wir haben bis jetzt absichtlich als Zeit für den supponirten
Angriff den Tag gedacht, um es dem Angreifer fo schwer als möglich zu
machen. Wie bekannt, müssen aber die Panzerschiffe zu ihren Actionen möglichst
ruhiges Wetter haben, und daher werden diese Vorfälle meist im Sommer
stattfinden, dessen Nächte in unsern nordischen Meeren mit ihrer langen Dämme¬
rung derartigen Unternehmungen der Taucherboote ganz besonders günstig sind.
Eine feindliche Flotte, behufs Blokirung unserer Häfen auf einer oder mehreren
Rheden ankernd, würde in wenigen Tagen aufgerieben werden dnrch eine mit
den örtlichen Verhältnissen durch jahrelange Uebungsfahrten vertraute Torpedo¬
brigade, und dieß vermuthlich ohne nennenswerthe Einbuße, ja sehr möglicher
Weise, ohne ein einziges Menschenleben unsrerseits zu verlieren. Kostete doch
binnen zwei Jahren die Blocade von Charleston in Nord-Karvlinci den Nord¬
staaten vier treffliche Panzerschiffe und zwei Holzschiffe mit zusammen über
1500 Mann, ohne daß es bekannt geworden, daß von den damals üblichen
sechs Offensivtorpedo, welche zum Angriff verwendet wurden, mehr als einer
verunglückt sei. Und damals war die ganze Erfindung noch in der Kindheit.
Bei Gelegenheit der Sprengung des Hellgate-Riffs bei New-Iork hat man die
eingehendsten und günstigsten Erfahrungen über die Leistungsfähigkeit von


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/151>, abgerufen am 23.07.2024.