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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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Eine Torpedo-Sonde besteht aus 2--3 Booten, die unter einander durch breite
Latten resp, schmale Bretter verbunden sind. Solch Brettergerüst wird in ge¬
wisser Tiefe gehalten und soll beim Vorwärtsrudern, in Verbindung mit
Drahtnetzen :c>, die Torpedo durch Berührung zur Explosion bringen. Dieß
wird wohl anch gelingen, zugleich aber wird meist die Bemannung der Boote
ebenfalls ins Jenseits befördert werden. Der Zudrang zu diesen Expeditionen
dürfte daher; bald abnehmen, besonders da sie nur von Nutzen sind, wenn sie
vorgenommen werden, ehe die Landbatterien zum Schweigen gebracht find, also
in deren bestem Shrapnel- und Kartätschfeuer. Die Wegnahme und Erobe¬
rung der Landbatterien würde natürlich eine weniger gefährliche "Torpedo-
Suche" gestatten, macht sich aber in der rauhen Wirklichkeit nicht so glatt. --
Diese einfachste und ursprünglichste Art der Torpedo-Vertheidigung giebt also
schon recht befriedigende Resultate. Die Kosten derselben sind gleich Null zu
achten, wenn man sie gegen die Kosten des Versuchs hält, dasselbe Fahrwasser
durch Panzerschiffe zu sperren. Selbstverständlich lassen sich den Umständen
gemäß vielfache Variationen in der Anlage einer solchen Torpedo-Sperre
treffen, so daß man sie dem Terrain und den Absichten des Vertheidigers auf
das Genaueste anpassen kann. 2) Offensiv-Torpedo, nach ihrer ersten
Construction auch Cigarrenboote von den Konföderirten genannt, welche sie
zuerst und bis jetzt in unübertroffener Meisterschaft anwendeten. Es sind kleine
Dampfboote, deren bewegende Kraft verschiedenen Ursprungs sein kann, aber
stets auf mindestens 17--18 Knoten in der Stunde (d. h. cirea 5 deutsche
Meilen) sich steigern läßt, um bei der Verfolgung oder auf der Flucht auch
dem schnellsten Gegner gewachsen zu sein. An der Spitze tragen sie den Tor¬
pedo, der, auf die verschiedenste Weise laneirt, dem feindlichen Schiffe den Tod
bringt, indeß der Offensivtorpedo in der Regel Zeit zur Flucht behält. Durch
derartige Torpedo vernichteten die Konföderirten in zwei Jahren den Nord¬
staaten mehr Material, als sie in zwei großen Seeschlachten hätten thun können;
die Angst vor diesen Torpedo allein war es, welche die Häfen der Konföde¬
rirten trotz der großen feindlichen Flotte immer offen hielt und den Blocade-
Runners, den Blocadebrechern, ihre kühnen Fahrten ermöglichte. 3) Taucher-
Torpedo. Die große persönliche Gefahr, welcher die Führer von Offensiv-
torpedv Trotz bieten mußten, da sie fast immer den letzten schwierigsten Theil
ihrer Aufgabe unter dem heftigsten Gewehrfeuer der feindlichen Schiffsmann¬
schaft auf ganz kurze Distance ausführen mußten, führte auf die Erfindung der
Taucher-Torpedo, Minen-Boote, Spreng-Boote, welche verschiedenen Namen
alle ein und dasselbe Ding bezeichnen, einen Offensiv-Torpedo, der längere
Zeit unter Wasser "leben" kann. Wenn irgendwo, so kommt hier der chemische
Begriff: Leben heißt Sauerstoff verbrennen! zur reinen Gestaltung. Von einer


Eine Torpedo-Sonde besteht aus 2—3 Booten, die unter einander durch breite
Latten resp, schmale Bretter verbunden sind. Solch Brettergerüst wird in ge¬
wisser Tiefe gehalten und soll beim Vorwärtsrudern, in Verbindung mit
Drahtnetzen :c>, die Torpedo durch Berührung zur Explosion bringen. Dieß
wird wohl anch gelingen, zugleich aber wird meist die Bemannung der Boote
ebenfalls ins Jenseits befördert werden. Der Zudrang zu diesen Expeditionen
dürfte daher; bald abnehmen, besonders da sie nur von Nutzen sind, wenn sie
vorgenommen werden, ehe die Landbatterien zum Schweigen gebracht find, also
in deren bestem Shrapnel- und Kartätschfeuer. Die Wegnahme und Erobe¬
rung der Landbatterien würde natürlich eine weniger gefährliche „Torpedo-
Suche" gestatten, macht sich aber in der rauhen Wirklichkeit nicht so glatt. —
Diese einfachste und ursprünglichste Art der Torpedo-Vertheidigung giebt also
schon recht befriedigende Resultate. Die Kosten derselben sind gleich Null zu
achten, wenn man sie gegen die Kosten des Versuchs hält, dasselbe Fahrwasser
durch Panzerschiffe zu sperren. Selbstverständlich lassen sich den Umständen
gemäß vielfache Variationen in der Anlage einer solchen Torpedo-Sperre
treffen, so daß man sie dem Terrain und den Absichten des Vertheidigers auf
das Genaueste anpassen kann. 2) Offensiv-Torpedo, nach ihrer ersten
Construction auch Cigarrenboote von den Konföderirten genannt, welche sie
zuerst und bis jetzt in unübertroffener Meisterschaft anwendeten. Es sind kleine
Dampfboote, deren bewegende Kraft verschiedenen Ursprungs sein kann, aber
stets auf mindestens 17—18 Knoten in der Stunde (d. h. cirea 5 deutsche
Meilen) sich steigern läßt, um bei der Verfolgung oder auf der Flucht auch
dem schnellsten Gegner gewachsen zu sein. An der Spitze tragen sie den Tor¬
pedo, der, auf die verschiedenste Weise laneirt, dem feindlichen Schiffe den Tod
bringt, indeß der Offensivtorpedo in der Regel Zeit zur Flucht behält. Durch
derartige Torpedo vernichteten die Konföderirten in zwei Jahren den Nord¬
staaten mehr Material, als sie in zwei großen Seeschlachten hätten thun können;
die Angst vor diesen Torpedo allein war es, welche die Häfen der Konföde¬
rirten trotz der großen feindlichen Flotte immer offen hielt und den Blocade-
Runners, den Blocadebrechern, ihre kühnen Fahrten ermöglichte. 3) Taucher-
Torpedo. Die große persönliche Gefahr, welcher die Führer von Offensiv-
torpedv Trotz bieten mußten, da sie fast immer den letzten schwierigsten Theil
ihrer Aufgabe unter dem heftigsten Gewehrfeuer der feindlichen Schiffsmann¬
schaft auf ganz kurze Distance ausführen mußten, führte auf die Erfindung der
Taucher-Torpedo, Minen-Boote, Spreng-Boote, welche verschiedenen Namen
alle ein und dasselbe Ding bezeichnen, einen Offensiv-Torpedo, der längere
Zeit unter Wasser „leben" kann. Wenn irgendwo, so kommt hier der chemische
Begriff: Leben heißt Sauerstoff verbrennen! zur reinen Gestaltung. Von einer


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[0148] Eine Torpedo-Sonde besteht aus 2—3 Booten, die unter einander durch breite Latten resp, schmale Bretter verbunden sind. Solch Brettergerüst wird in ge¬ wisser Tiefe gehalten und soll beim Vorwärtsrudern, in Verbindung mit Drahtnetzen :c>, die Torpedo durch Berührung zur Explosion bringen. Dieß wird wohl anch gelingen, zugleich aber wird meist die Bemannung der Boote ebenfalls ins Jenseits befördert werden. Der Zudrang zu diesen Expeditionen dürfte daher; bald abnehmen, besonders da sie nur von Nutzen sind, wenn sie vorgenommen werden, ehe die Landbatterien zum Schweigen gebracht find, also in deren bestem Shrapnel- und Kartätschfeuer. Die Wegnahme und Erobe¬ rung der Landbatterien würde natürlich eine weniger gefährliche „Torpedo- Suche" gestatten, macht sich aber in der rauhen Wirklichkeit nicht so glatt. — Diese einfachste und ursprünglichste Art der Torpedo-Vertheidigung giebt also schon recht befriedigende Resultate. Die Kosten derselben sind gleich Null zu achten, wenn man sie gegen die Kosten des Versuchs hält, dasselbe Fahrwasser durch Panzerschiffe zu sperren. Selbstverständlich lassen sich den Umständen gemäß vielfache Variationen in der Anlage einer solchen Torpedo-Sperre treffen, so daß man sie dem Terrain und den Absichten des Vertheidigers auf das Genaueste anpassen kann. 2) Offensiv-Torpedo, nach ihrer ersten Construction auch Cigarrenboote von den Konföderirten genannt, welche sie zuerst und bis jetzt in unübertroffener Meisterschaft anwendeten. Es sind kleine Dampfboote, deren bewegende Kraft verschiedenen Ursprungs sein kann, aber stets auf mindestens 17—18 Knoten in der Stunde (d. h. cirea 5 deutsche Meilen) sich steigern läßt, um bei der Verfolgung oder auf der Flucht auch dem schnellsten Gegner gewachsen zu sein. An der Spitze tragen sie den Tor¬ pedo, der, auf die verschiedenste Weise laneirt, dem feindlichen Schiffe den Tod bringt, indeß der Offensivtorpedo in der Regel Zeit zur Flucht behält. Durch derartige Torpedo vernichteten die Konföderirten in zwei Jahren den Nord¬ staaten mehr Material, als sie in zwei großen Seeschlachten hätten thun können; die Angst vor diesen Torpedo allein war es, welche die Häfen der Konföde¬ rirten trotz der großen feindlichen Flotte immer offen hielt und den Blocade- Runners, den Blocadebrechern, ihre kühnen Fahrten ermöglichte. 3) Taucher- Torpedo. Die große persönliche Gefahr, welcher die Führer von Offensiv- torpedv Trotz bieten mußten, da sie fast immer den letzten schwierigsten Theil ihrer Aufgabe unter dem heftigsten Gewehrfeuer der feindlichen Schiffsmann¬ schaft auf ganz kurze Distance ausführen mußten, führte auf die Erfindung der Taucher-Torpedo, Minen-Boote, Spreng-Boote, welche verschiedenen Namen alle ein und dasselbe Ding bezeichnen, einen Offensiv-Torpedo, der längere Zeit unter Wasser „leben" kann. Wenn irgendwo, so kommt hier der chemische Begriff: Leben heißt Sauerstoff verbrennen! zur reinen Gestaltung. Von einer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/148>, abgerufen am 23.07.2024.