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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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experimente auf den Uebnngsplätzen. -- Fast zugleich, seit ungefähr 15 Jahren,
traten Panzerboote und Torpedo auf. Die allgemeinen Züge beider setzen wir
bei unsern Lesern als bekannt voraus. Wahrend indessen der Kampf zwischen
der Artillerie und dem Panzerboote die ideellen Principien jeder wahren
Kriegführung: Vernichtung der feindlich en Streitmittel, Wechselwirkung,
die sich fortwährend steigert und keine Schranken anerkennt, als das Recht des
Stärkeren -- so recht in aller Reinheit zur Geltung bringt, als wollte er Hohn
sprechen allen jenen gutgemeinten Conventionen und Konferenzen, die vergebens
sich abquälen, dem bluttriefenden Ares Glaeeehandschuhe anzuziehen -- während
dieser laute Kampf tobte, wuchs ganz im Stillen ein Gegner dem Panzerschiff
heran, der berufen scheint, die Frage, ob Panzer, ob nicht, zu einer endgültigen
Lösung zu bringen.

Wohl durchschlagen die beiden größten Geschütze der Neuzeit, das englische
81-Tons-Geschütz, und Krupps 35,5-Centimeter-Kanone, Schiffspanzer von
22 Zoll Eisenstärke wie eine Pappschachtel, aber nicht allein technische Schwie¬
rigkeiten aller Art, auch der Kostenpunkt hindert die Anschaffung solcher Riesen¬
geschütze. -- Auch hat der "Panzerbauer" noch nicht sein letztes Wort ge¬
sprochen; er droht, und bisher hat er auch stets sein Wort gehalten, ebenso
wie der Artillerist, auch gegen diese Projectile sich unverwundbar zu machen.

Wenn der friedliebende und ökonomische Leser erwägt, daß 10 Millionen
Mark gerade hinreichen, ein Panzerschiff "anständig" auszurüsten, wenn er
bedenkt, daß die Herstellung und Ausrüstung einer Landbatterie gegen dieses
Panzerschiff dieselbe Summe ungefähr beansprucht, und er in Folge dessen mit
Grausen seinen sauer erworbenen Nickel in dem Curtiusschlund dieser Kriegs¬
ausrüstung verschwinden sieht, so wird er dankbar erleichtert ausathmen, wenn
wir ihm sagen können, es ist dafür gesorgt, "daß die Bäume nicht in den
Himmel wachsen." Sehr bald erkannte man in allen Staaten, daß richtig an¬
gewendete Torpedo das beste Schutzmittel gegen Panzerschiffe seien. Drei Ar¬
ten von Torpedo sind gegenwärtig im Gebrauch, (die dritte vielmehr soll erst
in Gebrauch kommen), welche uns hier beschäftigen. 1) Defensiv-Torpedo.
Darunter versteht man Sprengmittel jeder Art, welche unterseeisch in gewisser
Höhe über dem Grunde verankert, vom Lande aus durch elektrische Zündung
im gegebenen Moment gesprengt werden. Mehrere Reihen solcher Torpedo^
schachbrettförmig vertheilt, durch einen vorliegenden breiten Gürtel von Flo߬
hölzern gesichert, unter dem Kreuzfeuer gut gepanzerter Batterien liegend,
bilden eine sogenannte Torpedo-Sperre. Die Gegner des Torpedo wer¬
den allerdings sehr schnell mit einer solchen Torpedo-Sperre fertig -- auf
dem Papier. Man will dagegen Geschwader von Ruderbooten der angreifen¬
den Marine mit sogenannten Torpedo-Sonden in Thätigkeit bringen.


experimente auf den Uebnngsplätzen. — Fast zugleich, seit ungefähr 15 Jahren,
traten Panzerboote und Torpedo auf. Die allgemeinen Züge beider setzen wir
bei unsern Lesern als bekannt voraus. Wahrend indessen der Kampf zwischen
der Artillerie und dem Panzerboote die ideellen Principien jeder wahren
Kriegführung: Vernichtung der feindlich en Streitmittel, Wechselwirkung,
die sich fortwährend steigert und keine Schranken anerkennt, als das Recht des
Stärkeren — so recht in aller Reinheit zur Geltung bringt, als wollte er Hohn
sprechen allen jenen gutgemeinten Conventionen und Konferenzen, die vergebens
sich abquälen, dem bluttriefenden Ares Glaeeehandschuhe anzuziehen — während
dieser laute Kampf tobte, wuchs ganz im Stillen ein Gegner dem Panzerschiff
heran, der berufen scheint, die Frage, ob Panzer, ob nicht, zu einer endgültigen
Lösung zu bringen.

Wohl durchschlagen die beiden größten Geschütze der Neuzeit, das englische
81-Tons-Geschütz, und Krupps 35,5-Centimeter-Kanone, Schiffspanzer von
22 Zoll Eisenstärke wie eine Pappschachtel, aber nicht allein technische Schwie¬
rigkeiten aller Art, auch der Kostenpunkt hindert die Anschaffung solcher Riesen¬
geschütze. — Auch hat der „Panzerbauer" noch nicht sein letztes Wort ge¬
sprochen; er droht, und bisher hat er auch stets sein Wort gehalten, ebenso
wie der Artillerist, auch gegen diese Projectile sich unverwundbar zu machen.

Wenn der friedliebende und ökonomische Leser erwägt, daß 10 Millionen
Mark gerade hinreichen, ein Panzerschiff „anständig" auszurüsten, wenn er
bedenkt, daß die Herstellung und Ausrüstung einer Landbatterie gegen dieses
Panzerschiff dieselbe Summe ungefähr beansprucht, und er in Folge dessen mit
Grausen seinen sauer erworbenen Nickel in dem Curtiusschlund dieser Kriegs¬
ausrüstung verschwinden sieht, so wird er dankbar erleichtert ausathmen, wenn
wir ihm sagen können, es ist dafür gesorgt, „daß die Bäume nicht in den
Himmel wachsen." Sehr bald erkannte man in allen Staaten, daß richtig an¬
gewendete Torpedo das beste Schutzmittel gegen Panzerschiffe seien. Drei Ar¬
ten von Torpedo sind gegenwärtig im Gebrauch, (die dritte vielmehr soll erst
in Gebrauch kommen), welche uns hier beschäftigen. 1) Defensiv-Torpedo.
Darunter versteht man Sprengmittel jeder Art, welche unterseeisch in gewisser
Höhe über dem Grunde verankert, vom Lande aus durch elektrische Zündung
im gegebenen Moment gesprengt werden. Mehrere Reihen solcher Torpedo^
schachbrettförmig vertheilt, durch einen vorliegenden breiten Gürtel von Flo߬
hölzern gesichert, unter dem Kreuzfeuer gut gepanzerter Batterien liegend,
bilden eine sogenannte Torpedo-Sperre. Die Gegner des Torpedo wer¬
den allerdings sehr schnell mit einer solchen Torpedo-Sperre fertig — auf
dem Papier. Man will dagegen Geschwader von Ruderbooten der angreifen¬
den Marine mit sogenannten Torpedo-Sonden in Thätigkeit bringen.


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[0147] experimente auf den Uebnngsplätzen. — Fast zugleich, seit ungefähr 15 Jahren, traten Panzerboote und Torpedo auf. Die allgemeinen Züge beider setzen wir bei unsern Lesern als bekannt voraus. Wahrend indessen der Kampf zwischen der Artillerie und dem Panzerboote die ideellen Principien jeder wahren Kriegführung: Vernichtung der feindlich en Streitmittel, Wechselwirkung, die sich fortwährend steigert und keine Schranken anerkennt, als das Recht des Stärkeren — so recht in aller Reinheit zur Geltung bringt, als wollte er Hohn sprechen allen jenen gutgemeinten Conventionen und Konferenzen, die vergebens sich abquälen, dem bluttriefenden Ares Glaeeehandschuhe anzuziehen — während dieser laute Kampf tobte, wuchs ganz im Stillen ein Gegner dem Panzerschiff heran, der berufen scheint, die Frage, ob Panzer, ob nicht, zu einer endgültigen Lösung zu bringen. Wohl durchschlagen die beiden größten Geschütze der Neuzeit, das englische 81-Tons-Geschütz, und Krupps 35,5-Centimeter-Kanone, Schiffspanzer von 22 Zoll Eisenstärke wie eine Pappschachtel, aber nicht allein technische Schwie¬ rigkeiten aller Art, auch der Kostenpunkt hindert die Anschaffung solcher Riesen¬ geschütze. — Auch hat der „Panzerbauer" noch nicht sein letztes Wort ge¬ sprochen; er droht, und bisher hat er auch stets sein Wort gehalten, ebenso wie der Artillerist, auch gegen diese Projectile sich unverwundbar zu machen. Wenn der friedliebende und ökonomische Leser erwägt, daß 10 Millionen Mark gerade hinreichen, ein Panzerschiff „anständig" auszurüsten, wenn er bedenkt, daß die Herstellung und Ausrüstung einer Landbatterie gegen dieses Panzerschiff dieselbe Summe ungefähr beansprucht, und er in Folge dessen mit Grausen seinen sauer erworbenen Nickel in dem Curtiusschlund dieser Kriegs¬ ausrüstung verschwinden sieht, so wird er dankbar erleichtert ausathmen, wenn wir ihm sagen können, es ist dafür gesorgt, „daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen." Sehr bald erkannte man in allen Staaten, daß richtig an¬ gewendete Torpedo das beste Schutzmittel gegen Panzerschiffe seien. Drei Ar¬ ten von Torpedo sind gegenwärtig im Gebrauch, (die dritte vielmehr soll erst in Gebrauch kommen), welche uns hier beschäftigen. 1) Defensiv-Torpedo. Darunter versteht man Sprengmittel jeder Art, welche unterseeisch in gewisser Höhe über dem Grunde verankert, vom Lande aus durch elektrische Zündung im gegebenen Moment gesprengt werden. Mehrere Reihen solcher Torpedo^ schachbrettförmig vertheilt, durch einen vorliegenden breiten Gürtel von Flo߬ hölzern gesichert, unter dem Kreuzfeuer gut gepanzerter Batterien liegend, bilden eine sogenannte Torpedo-Sperre. Die Gegner des Torpedo wer¬ den allerdings sehr schnell mit einer solchen Torpedo-Sperre fertig — auf dem Papier. Man will dagegen Geschwader von Ruderbooten der angreifen¬ den Marine mit sogenannten Torpedo-Sonden in Thätigkeit bringen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/147>, abgerufen am 23.07.2024.