Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.der Verfassung; sie schlugen auch die neuen Gesetze vor und beriethen sie Herr Professor Schmoller fügt als zweiten Anhang seiner gediegenen Ein drittes Collegium entstand zu Straßburg in der ersten Hälfte des Mit der Entstehung und Consolidirung der drei geheimen Stuben, die der Verfassung; sie schlugen auch die neuen Gesetze vor und beriethen sie Herr Professor Schmoller fügt als zweiten Anhang seiner gediegenen Ein drittes Collegium entstand zu Straßburg in der ersten Hälfte des Mit der Entstehung und Consolidirung der drei geheimen Stuben, die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0054" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/136693"/> <p xml:id="ID_131" prev="#ID_130"> der Verfassung; sie schlugen auch die neuen Gesetze vor und beriethen sie<lb/> durch und wurden so nach und nach die Gesetzgeber Straßburgs. In der<lb/> Folge erweiterte sich ihre Competenz und alle inneren Angelegenheiten der<lb/> Stadt waren ihnen unterstellt, so daß sie, als Ergänzung des Dreizehner-<lb/> collegiums, ein Ministerium des Innern bildeten.</p><lb/> <p xml:id="ID_132"> Herr Professor Schmoller fügt als zweiten Anhang seiner gediegenen<lb/> Abhandlung die bisher ungedruckte Ordnung der Herren, der Fünf¬<lb/> zehn, aus dem Jahre 1433, bei. Das Original derselben existirt zwar nicht<lb/> mehr, dafür standen aber dem Herausgeber drei Copien aus dem 16. und<lb/> 17. Jahrhundert zur Verfügung. Die erste befindet sich im Straßburger<lb/> Stadtarchiv und trägt die Jahreszahl 1660; die zwei anderen sind in der<lb/> werthvollen Heitz'schen Sammlung enthalten, die den Grundstock der alsatischen<lb/> Abtheilung der Universitäts- und Landesbibliothek von Straßburg bildet.<lb/> In diesem „Brief", wie er in der Urkunde genannt wird, sind alle Attri¬<lb/> bute und die Competenz dieser Kammer auf das Genaueste und Sorg¬<lb/> fältigste aufgezeichnet.</p><lb/> <p xml:id="ID_133"> Ein drittes Collegium entstand zu Straßburg in der ersten Hälfte des<lb/> 13. Jahrhunderts, das war dasjenige der Einundzwanziger (XXI).<lb/> Der Ursprung dieser Körperschaft war folgender: In einem Berichte, der im<lb/> Straßburger Stadtarchiv sich vorfindet, und den Herr Professor Schmoller in<lb/> seinen archivalischen Forschungen vorgefunden hat, ward auseinandergesetzt,<lb/> wie ungünstig die jährliche Erneuerung des Raths auf den Geschäftsgang<lb/> wirke, da viele Rathsherren der öffentlichen Angelegenheiten unkundig wären,<lb/> darum sei es rathsam, den Rath jährlich nur zur Hälfte zu erneuern.<lb/> So dauerte das Rathsmandat zwei Jahre. Zugleich kam die Sitte aus,<lb/> daß in allen wichtigen Fällen der Rath nach seinen „alten Freunden"<lb/> schickte, um dieselben zu befragen. Diese „alten Freunde" waren ein Ausschuß<lb/> verdienstvoller und staatskundiger Männer, die ursprünglich den Münsterbau<lb/> zu beaufsichtigen hatten. Sie waren für fünf Jahre gewählt; wer wieder<lb/> gewählt wurde, der wurde als lebenslängliches Mitglied dieses Rathes der<lb/> „Alten" angesehen. Die Zahl der Einundzwanziger schwankte oft zwischen<lb/> 20 und 30; die meisten unter den Dreizehnern und Fünfzehnern waren in<lb/> dieser Kammer, die also, genau genommen, eine Verschmelzung der Mitglieder<lb/> des „beständigen Regiments" war. Keine wichtige Angelegenheit wurde ohne<lb/> Zuziehung der XXI ausgeführt und beschlossen und dieselben besaßen die<lb/> wirkliche Staatsgewalt, die der große Rath nur nominell ausübte. „Räth<lb/> und XXI" ist auch die gewöhnliche Eingangsformel der alten Straßburger<lb/> Rathsbeschlvsse und Verordnungen.</p><lb/> <p xml:id="ID_134" next="#ID_135"> Mit der Entstehung und Consolidirung der drei geheimen Stuben, die<lb/> das beständige Regiment bildeten, war zu Straßburg das Werk der Ver-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0054]
der Verfassung; sie schlugen auch die neuen Gesetze vor und beriethen sie
durch und wurden so nach und nach die Gesetzgeber Straßburgs. In der
Folge erweiterte sich ihre Competenz und alle inneren Angelegenheiten der
Stadt waren ihnen unterstellt, so daß sie, als Ergänzung des Dreizehner-
collegiums, ein Ministerium des Innern bildeten.
Herr Professor Schmoller fügt als zweiten Anhang seiner gediegenen
Abhandlung die bisher ungedruckte Ordnung der Herren, der Fünf¬
zehn, aus dem Jahre 1433, bei. Das Original derselben existirt zwar nicht
mehr, dafür standen aber dem Herausgeber drei Copien aus dem 16. und
17. Jahrhundert zur Verfügung. Die erste befindet sich im Straßburger
Stadtarchiv und trägt die Jahreszahl 1660; die zwei anderen sind in der
werthvollen Heitz'schen Sammlung enthalten, die den Grundstock der alsatischen
Abtheilung der Universitäts- und Landesbibliothek von Straßburg bildet.
In diesem „Brief", wie er in der Urkunde genannt wird, sind alle Attri¬
bute und die Competenz dieser Kammer auf das Genaueste und Sorg¬
fältigste aufgezeichnet.
Ein drittes Collegium entstand zu Straßburg in der ersten Hälfte des
13. Jahrhunderts, das war dasjenige der Einundzwanziger (XXI).
Der Ursprung dieser Körperschaft war folgender: In einem Berichte, der im
Straßburger Stadtarchiv sich vorfindet, und den Herr Professor Schmoller in
seinen archivalischen Forschungen vorgefunden hat, ward auseinandergesetzt,
wie ungünstig die jährliche Erneuerung des Raths auf den Geschäftsgang
wirke, da viele Rathsherren der öffentlichen Angelegenheiten unkundig wären,
darum sei es rathsam, den Rath jährlich nur zur Hälfte zu erneuern.
So dauerte das Rathsmandat zwei Jahre. Zugleich kam die Sitte aus,
daß in allen wichtigen Fällen der Rath nach seinen „alten Freunden"
schickte, um dieselben zu befragen. Diese „alten Freunde" waren ein Ausschuß
verdienstvoller und staatskundiger Männer, die ursprünglich den Münsterbau
zu beaufsichtigen hatten. Sie waren für fünf Jahre gewählt; wer wieder
gewählt wurde, der wurde als lebenslängliches Mitglied dieses Rathes der
„Alten" angesehen. Die Zahl der Einundzwanziger schwankte oft zwischen
20 und 30; die meisten unter den Dreizehnern und Fünfzehnern waren in
dieser Kammer, die also, genau genommen, eine Verschmelzung der Mitglieder
des „beständigen Regiments" war. Keine wichtige Angelegenheit wurde ohne
Zuziehung der XXI ausgeführt und beschlossen und dieselben besaßen die
wirkliche Staatsgewalt, die der große Rath nur nominell ausübte. „Räth
und XXI" ist auch die gewöhnliche Eingangsformel der alten Straßburger
Rathsbeschlvsse und Verordnungen.
Mit der Entstehung und Consolidirung der drei geheimen Stuben, die
das beständige Regiment bildeten, war zu Straßburg das Werk der Ver-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |