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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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dem reichen von Bünau'schen Erbbegräbniß in Lauer stein, von Pirnai-
schen Steinmetzen um 1601 (?) ausgeführt, aus welcher Zeit natürlich auch
das reizende Eisenwerk stammt." Also eine schmiedeeiserne Thür, von Pir-
naischen Steinmetzen gefertigt -- das müssen Tausendkünstler gewesen sein. Bei
Schneeberg schickt der Verfasser seinen kunstgeschichtlichen Erläuterungen
wiederum einige geschichtliche Notizen voraus -- neun Zeilen, die ausschlie߬
lich über den Silberbergbau von Schneeberg berichten, darunter die ungemein
wichtige und unentbehrliche Notiz: "1471 findet Sebastian Romner die erste
Silberstufe, und am 23. April 1477 kam in der Grube "Ritter Georg" ein
Silberblock zu Tage von 3^ Fuß Höhe und 7 Fuß Breite. Dieser Block,
ein massives Stück von einigen hundert Centnern Gewicht, diente Herzog
Albrecht dem Beherzten als Tisch zu einer Mahlzeit in der Grube." Nach
solchen interessanten Mittheilungen -- die übrigens, was uns hier gleichgiltig
sein kann, zum Theil längst als falsch nachgewiesen sind*) -- muß es dem
Leser natürlich vollständig genügen, wenn er über die Pfarrkirche von Schnee¬
berg erfährt, daß sie von 1516--1540 gebaut und daß sie "die größte Kirche
Sachsens" wurde. Endlich eröffnen auch bei Zwtckau den Reigen der Er¬
läuterungen wieder einige historische Daten, die diesmal zur Abwechslung nicht
aus der "Saronia", sondern aus einem anderen Werke von ähnlicher wissenschaft¬
licher Bedeutung, nämlich aus der "Sächsischen Kirchengalerie" geschöpft
sind; dann muß wieder Otte's "Handbuch" mit ein paar Jahreszahlen über die
Erbauung der einzelnen Theile der Marienkirche herhalten. Der Rest enthält
fast weiter nichts als eine Wiederholung von den Unterschriften der Abbil¬
dungen. Ein wahres Wunder, daß bei dem Hauptaltar einmal ein Künstlername
genannt ist; von ihm heißt es: "ein Werk aus der Werkstatt von Michel
Wohlgemuth von 1497, reich mit Bildern und Sculpturen geschmückt."

Leider fehlt es uns über die ältere Geschichte von Chemnitz, Annaberg,
Schneeberg und Zwickau an neueren archivalischen Forschungen, wie wir sie
für die ältere Kunstthätigkeit Freibergs besitzen. Aber wenn der Herausgeber
diese Lücke nicht selbst ergänzen wollte oder konnte, wenn er auch in älterer
localgeschichtlicher Literatur, an der es ja fast keiner sächsischen Stadt fehlt, sich
nicht Raths erholen wollte, so hätte er doch mindestens auf Puttrich's
"Denkmale" und Waagen's "Kunstwerke und Künstler im Erzgebirge und
in Franken" zurückgehen müssen, wo die localgeschichtliche Literatur wenigstens
zum Theil verwerthet ist.*^) In dem letzterwähnten Buche hätte er zu den
von ihm aus den genannten vier erzgebirgischen Städten gebrachten Ab-




*) Vgl. die Mittheilungen des Freiberger Alterthumsvcreines auf das Jahr 186S, S. 711.
-) Waagen hat benutzt: (A. D. Richter) Chronica der Berg-Stadt Se. Annaberg (1746),
Chr. Meltzcr, Stadt- und Berg-Chronica der freien Bergstadt Schneeberg (1716), Schmidt's
vuroiztva c^ZuöÄ (16S6) und v. Bernewitz, die Marienkirche zu Zwickau (1839). Ich

dem reichen von Bünau'schen Erbbegräbniß in Lauer stein, von Pirnai-
schen Steinmetzen um 1601 (?) ausgeführt, aus welcher Zeit natürlich auch
das reizende Eisenwerk stammt." Also eine schmiedeeiserne Thür, von Pir-
naischen Steinmetzen gefertigt — das müssen Tausendkünstler gewesen sein. Bei
Schneeberg schickt der Verfasser seinen kunstgeschichtlichen Erläuterungen
wiederum einige geschichtliche Notizen voraus — neun Zeilen, die ausschlie߬
lich über den Silberbergbau von Schneeberg berichten, darunter die ungemein
wichtige und unentbehrliche Notiz: „1471 findet Sebastian Romner die erste
Silberstufe, und am 23. April 1477 kam in der Grube „Ritter Georg" ein
Silberblock zu Tage von 3^ Fuß Höhe und 7 Fuß Breite. Dieser Block,
ein massives Stück von einigen hundert Centnern Gewicht, diente Herzog
Albrecht dem Beherzten als Tisch zu einer Mahlzeit in der Grube." Nach
solchen interessanten Mittheilungen — die übrigens, was uns hier gleichgiltig
sein kann, zum Theil längst als falsch nachgewiesen sind*) — muß es dem
Leser natürlich vollständig genügen, wenn er über die Pfarrkirche von Schnee¬
berg erfährt, daß sie von 1516—1540 gebaut und daß sie „die größte Kirche
Sachsens" wurde. Endlich eröffnen auch bei Zwtckau den Reigen der Er¬
läuterungen wieder einige historische Daten, die diesmal zur Abwechslung nicht
aus der „Saronia", sondern aus einem anderen Werke von ähnlicher wissenschaft¬
licher Bedeutung, nämlich aus der „Sächsischen Kirchengalerie" geschöpft
sind; dann muß wieder Otte's „Handbuch" mit ein paar Jahreszahlen über die
Erbauung der einzelnen Theile der Marienkirche herhalten. Der Rest enthält
fast weiter nichts als eine Wiederholung von den Unterschriften der Abbil¬
dungen. Ein wahres Wunder, daß bei dem Hauptaltar einmal ein Künstlername
genannt ist; von ihm heißt es: „ein Werk aus der Werkstatt von Michel
Wohlgemuth von 1497, reich mit Bildern und Sculpturen geschmückt."

Leider fehlt es uns über die ältere Geschichte von Chemnitz, Annaberg,
Schneeberg und Zwickau an neueren archivalischen Forschungen, wie wir sie
für die ältere Kunstthätigkeit Freibergs besitzen. Aber wenn der Herausgeber
diese Lücke nicht selbst ergänzen wollte oder konnte, wenn er auch in älterer
localgeschichtlicher Literatur, an der es ja fast keiner sächsischen Stadt fehlt, sich
nicht Raths erholen wollte, so hätte er doch mindestens auf Puttrich's
„Denkmale" und Waagen's „Kunstwerke und Künstler im Erzgebirge und
in Franken" zurückgehen müssen, wo die localgeschichtliche Literatur wenigstens
zum Theil verwerthet ist.*^) In dem letzterwähnten Buche hätte er zu den
von ihm aus den genannten vier erzgebirgischen Städten gebrachten Ab-




*) Vgl. die Mittheilungen des Freiberger Alterthumsvcreines auf das Jahr 186S, S. 711.
-) Waagen hat benutzt: (A. D. Richter) Chronica der Berg-Stadt Se. Annaberg (1746),
Chr. Meltzcr, Stadt- und Berg-Chronica der freien Bergstadt Schneeberg (1716), Schmidt's
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[0497] dem reichen von Bünau'schen Erbbegräbniß in Lauer stein, von Pirnai- schen Steinmetzen um 1601 (?) ausgeführt, aus welcher Zeit natürlich auch das reizende Eisenwerk stammt." Also eine schmiedeeiserne Thür, von Pir- naischen Steinmetzen gefertigt — das müssen Tausendkünstler gewesen sein. Bei Schneeberg schickt der Verfasser seinen kunstgeschichtlichen Erläuterungen wiederum einige geschichtliche Notizen voraus — neun Zeilen, die ausschlie߬ lich über den Silberbergbau von Schneeberg berichten, darunter die ungemein wichtige und unentbehrliche Notiz: „1471 findet Sebastian Romner die erste Silberstufe, und am 23. April 1477 kam in der Grube „Ritter Georg" ein Silberblock zu Tage von 3^ Fuß Höhe und 7 Fuß Breite. Dieser Block, ein massives Stück von einigen hundert Centnern Gewicht, diente Herzog Albrecht dem Beherzten als Tisch zu einer Mahlzeit in der Grube." Nach solchen interessanten Mittheilungen — die übrigens, was uns hier gleichgiltig sein kann, zum Theil längst als falsch nachgewiesen sind*) — muß es dem Leser natürlich vollständig genügen, wenn er über die Pfarrkirche von Schnee¬ berg erfährt, daß sie von 1516—1540 gebaut und daß sie „die größte Kirche Sachsens" wurde. Endlich eröffnen auch bei Zwtckau den Reigen der Er¬ läuterungen wieder einige historische Daten, die diesmal zur Abwechslung nicht aus der „Saronia", sondern aus einem anderen Werke von ähnlicher wissenschaft¬ licher Bedeutung, nämlich aus der „Sächsischen Kirchengalerie" geschöpft sind; dann muß wieder Otte's „Handbuch" mit ein paar Jahreszahlen über die Erbauung der einzelnen Theile der Marienkirche herhalten. Der Rest enthält fast weiter nichts als eine Wiederholung von den Unterschriften der Abbil¬ dungen. Ein wahres Wunder, daß bei dem Hauptaltar einmal ein Künstlername genannt ist; von ihm heißt es: „ein Werk aus der Werkstatt von Michel Wohlgemuth von 1497, reich mit Bildern und Sculpturen geschmückt." Leider fehlt es uns über die ältere Geschichte von Chemnitz, Annaberg, Schneeberg und Zwickau an neueren archivalischen Forschungen, wie wir sie für die ältere Kunstthätigkeit Freibergs besitzen. Aber wenn der Herausgeber diese Lücke nicht selbst ergänzen wollte oder konnte, wenn er auch in älterer localgeschichtlicher Literatur, an der es ja fast keiner sächsischen Stadt fehlt, sich nicht Raths erholen wollte, so hätte er doch mindestens auf Puttrich's „Denkmale" und Waagen's „Kunstwerke und Künstler im Erzgebirge und in Franken" zurückgehen müssen, wo die localgeschichtliche Literatur wenigstens zum Theil verwerthet ist.*^) In dem letzterwähnten Buche hätte er zu den von ihm aus den genannten vier erzgebirgischen Städten gebrachten Ab- *) Vgl. die Mittheilungen des Freiberger Alterthumsvcreines auf das Jahr 186S, S. 711. -) Waagen hat benutzt: (A. D. Richter) Chronica der Berg-Stadt Se. Annaberg (1746), Chr. Meltzcr, Stadt- und Berg-Chronica der freien Bergstadt Schneeberg (1716), Schmidt's vuroiztva c^ZuöÄ (16S6) und v. Bernewitz, die Marienkirche zu Zwickau (1839). Ich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/497>, abgerufen am 27.09.2024.