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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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Tons nun satt", ruft er mit Mephisto, Er schreibt: "Die Kammer hatte einen
alten Wunsch wiederholt ausgesprochen. Man wünschte, daß nur deutsche
Werkstätten mit der Herstellung deutscher Kriegsschiffe betraut würden. Die
drei ältesten Fregatten stammten aus England. Einzelne der Korvetten waren
in der Fremde construirt, andere vollständig von dort bezogen. Eine der
besten stammte von Dänemark, wo sie während des Krieges
genommen worden war." In dem Gehirn von Paul Merruau haben
Gefion, Thetis und Christian VIII. seit dem Jahre 1848 einen wilden Kan-
aan getanzt. Nachdem dann der Errichtung resp. Erweiterung des Arsenals
von Danzig, sowie der Thätigkeit der Stettiner Eisenwerke Vulcan Erwäh¬
nung gethan ist, wird die Errichtung der deutschen Seewehr besprochen, und
ein kurzer Abriß der Thätigkeit des General Vogel von Falkenstein im Jahre
1871 gegeben. Hierbei passirt dem Versasser der für einen Franzosen ver¬
zeihliche Irrthum, zu glauben, es seien damals schon zahlreiche preußische
Eisenbahnregimenter in Thätigkeit gewesen. Weniger verzeihlich ist es aber,
daß er diese Gelegenheit zu einer Boutade gegen die deutsche Armee benutzt,
die in ihrer Art eben so dumm ist, als die Geschichte von der dänischen
Fregatte. Er, als Franzose, urtheilt so wegwerfend wie möglich über die
deutsche Armee--"und noch ist ja dein Rücken braun und blau!" kann man
da mit Recht sagen. Er sagt u. A.: "Das preußische System ist basirt auf
die Schnelligkeit der Mobilmachung und die Genauigkeit der Armeebe¬
wegungen." Die Kunst des Krieges ist -- in Berlin wenigstens -- die
Kunst, auf einem gegebnen Punkt stets in Uebermacht aufzutreten! "Alles ist
in diesem Sinne von Seiten des großen Generalstabes ausgenutzt: die
Mechanik, die Elektricität, der Dampf. Die Armee ist eine einzige ungeheure
Maschine, zu der der Generalstabschef allein den Schlüssel hat." (Wie anders
doch in Frankreich, da meutert jeder Soldat aus eigne Faust, und jeder
Corpscommandeur macht, wenn er kann, Prounciamentos.) Nach Merruau's
Strategie hatte General Vogel von FalkenMn als letzte Vertheidigungslinie,
nachdem die französische Flotte, an ungestümer Tapferkeit nur übertroffen
durch das französische Landungsheer, sich auf ihn und seine Truppen gestürzt
haben würde, nachdem sie trotz fehlender Baker und Seezeichen, trotz eiserner
Ketten und Torpedobatterien die Landung erzwungen haben würde, wenn sie
nämlich gekommen wäre, also nach alle dem würde der General sich immer
noch zurückgezogen haben "auf den Gürtel von Lagunen, Teichen
und Sümpfen, welche die deutsche Küste umgeben, als ein un¬
entwirrbares Netz, todbringend jeder feindlichen Armee." Also nicht die Angst
vor tüchtigen deutschen Hieben, Gott bewahre, nur die Furcht vor diesem
"unentwirrbaren Netz von Lagunen, Teichen und Sümpfen
hat die unwiderstehliche Flotte Frankreichs zurückgehalten. -- Der liebe Mann


Tons nun satt", ruft er mit Mephisto, Er schreibt: „Die Kammer hatte einen
alten Wunsch wiederholt ausgesprochen. Man wünschte, daß nur deutsche
Werkstätten mit der Herstellung deutscher Kriegsschiffe betraut würden. Die
drei ältesten Fregatten stammten aus England. Einzelne der Korvetten waren
in der Fremde construirt, andere vollständig von dort bezogen. Eine der
besten stammte von Dänemark, wo sie während des Krieges
genommen worden war." In dem Gehirn von Paul Merruau haben
Gefion, Thetis und Christian VIII. seit dem Jahre 1848 einen wilden Kan-
aan getanzt. Nachdem dann der Errichtung resp. Erweiterung des Arsenals
von Danzig, sowie der Thätigkeit der Stettiner Eisenwerke Vulcan Erwäh¬
nung gethan ist, wird die Errichtung der deutschen Seewehr besprochen, und
ein kurzer Abriß der Thätigkeit des General Vogel von Falkenstein im Jahre
1871 gegeben. Hierbei passirt dem Versasser der für einen Franzosen ver¬
zeihliche Irrthum, zu glauben, es seien damals schon zahlreiche preußische
Eisenbahnregimenter in Thätigkeit gewesen. Weniger verzeihlich ist es aber,
daß er diese Gelegenheit zu einer Boutade gegen die deutsche Armee benutzt,
die in ihrer Art eben so dumm ist, als die Geschichte von der dänischen
Fregatte. Er, als Franzose, urtheilt so wegwerfend wie möglich über die
deutsche Armee—„und noch ist ja dein Rücken braun und blau!" kann man
da mit Recht sagen. Er sagt u. A.: „Das preußische System ist basirt auf
die Schnelligkeit der Mobilmachung und die Genauigkeit der Armeebe¬
wegungen." Die Kunst des Krieges ist — in Berlin wenigstens — die
Kunst, auf einem gegebnen Punkt stets in Uebermacht aufzutreten! „Alles ist
in diesem Sinne von Seiten des großen Generalstabes ausgenutzt: die
Mechanik, die Elektricität, der Dampf. Die Armee ist eine einzige ungeheure
Maschine, zu der der Generalstabschef allein den Schlüssel hat." (Wie anders
doch in Frankreich, da meutert jeder Soldat aus eigne Faust, und jeder
Corpscommandeur macht, wenn er kann, Prounciamentos.) Nach Merruau's
Strategie hatte General Vogel von FalkenMn als letzte Vertheidigungslinie,
nachdem die französische Flotte, an ungestümer Tapferkeit nur übertroffen
durch das französische Landungsheer, sich auf ihn und seine Truppen gestürzt
haben würde, nachdem sie trotz fehlender Baker und Seezeichen, trotz eiserner
Ketten und Torpedobatterien die Landung erzwungen haben würde, wenn sie
nämlich gekommen wäre, also nach alle dem würde der General sich immer
noch zurückgezogen haben „auf den Gürtel von Lagunen, Teichen
und Sümpfen, welche die deutsche Küste umgeben, als ein un¬
entwirrbares Netz, todbringend jeder feindlichen Armee." Also nicht die Angst
vor tüchtigen deutschen Hieben, Gott bewahre, nur die Furcht vor diesem
„unentwirrbaren Netz von Lagunen, Teichen und Sümpfen
hat die unwiderstehliche Flotte Frankreichs zurückgehalten. — Der liebe Mann


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/452>, abgerufen am 27.09.2024.