Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

machte zu suchen seien, daß sie mit den Deutschen in gar keiner inneren Ge¬
meinschaft stehen; die deutschen Lokalblätter Oberschlesiens sind eine "fremde
Presse"; es wird deswegen gefordert, daß von den Oberschlesiern in erster
Reihe Polen zu Abgeordneten gewählt werden. Wenn der Zusatz "und gute
Katholiken" nachschleppt, so geschieht das mit der resignirten Einsicht, daß
die Wasserpolen erfahrungsmäßig doch deutschen Ultramontanen vorwiegend
'hre Stimmen geben. In einer Wahlanrede, die einem posener Blatte ent¬
nommen ist, aber ohne Bemerkung auf Oberschlesien angewendet wird, heißt
^: "Durch Zulassung Gottes sind wir nach Verlust unseres Vaterlandes und
unserer nationalen Selbständigkeit Bürger eines fremden Landes geworden."
Somit soll der Oberschlesier glauben, daß auch er sein Vaterland verloren
habe. In einem anderen ebenso entlehnten Artikel werden dieselben aufge¬
fordert, in geschlossnen Verbände mit ihren übrigen polnischen Brüdern "einen
festen Damm gegen das Eindringen der Deutschen" zu bilden. Die Deut¬
schen entziehen den Polen nicht nur eigennützig im Gewerbsleben allen Gewinn
und verdrängen sie aus dem Besitz der Güter, sie sind auch die Unterdrücker
'bref heiligen Glaubens und ihrer Nationalität. Die Deutschen haben die
abscheulichen preußischen Maigesetze und die Gesetze wegen der himmelschreien¬
den Einschränkung des Gebrauchs der polnischen Sprache erdacht und ge¬
macht. Die hochsinnigen polnischen Vorfahren hätten lieber den Tod,
^s "das Joch der Fremden" ertragen, solche Helden sollen auch die
guten Wasserpolaken sein. Als Vorbilder werden ihnen namentlich die --
^logauer vorgehalten. die (in dem bekannten unglücklichen Feldzuge Kaiser
Heinrichs II. gegen Boleslaus Chrobry) vor -- neunhundert Jahren mit
Todesverachtung das ganze feindliche Heer von ihren Mauern zurückschlugen,
beider stand dem glühend patriotischen Redakteur kein besseres Beispiel aus
^'egen der Polen gegen die Deutschen, an denen auch die Schlesier auf
fetten der Polen betheiligt waren, zu Gebot. Genug der Anführungen, um
le gläubige "Gazeta gornoszlaska" zu charakterisiren!

Es sei hier nur noch bemerkt, daß die vorwiegend von deutschen Ultra-
montanen besuchte und geleitete "Versammlung schlesischer Katholiken" des
zusenden Jahres die "Gazeta gornoszlaska" der Unterstützung aller guten
Katholiken empfahl.

Kein Zweifel, daß die beiden polnischen Hetzblätter durch ihr ununter-
wchenes Bohren, Reizen. Aufstacheln, Verdächtigen, Schmähen allein aus-
^chen würden, in kurzer Zeit die ganze polnisch-sprechende Bevölkerung
.Schlesiens meuterisch zu machen, wenn man im Stande wäre, sie in
^ ermanus Hände und zu jedermanns Gehör zu bringen. Zur Erreichung'^ses Zieles setzen denn auch die Redakteure und Helfershelfer alle Hebel in
Regung. Zunächst ist für beide Blätter und ihre Leser der Segen


machte zu suchen seien, daß sie mit den Deutschen in gar keiner inneren Ge¬
meinschaft stehen; die deutschen Lokalblätter Oberschlesiens sind eine „fremde
Presse"; es wird deswegen gefordert, daß von den Oberschlesiern in erster
Reihe Polen zu Abgeordneten gewählt werden. Wenn der Zusatz „und gute
Katholiken" nachschleppt, so geschieht das mit der resignirten Einsicht, daß
die Wasserpolen erfahrungsmäßig doch deutschen Ultramontanen vorwiegend
'hre Stimmen geben. In einer Wahlanrede, die einem posener Blatte ent¬
nommen ist, aber ohne Bemerkung auf Oberschlesien angewendet wird, heißt
^: „Durch Zulassung Gottes sind wir nach Verlust unseres Vaterlandes und
unserer nationalen Selbständigkeit Bürger eines fremden Landes geworden."
Somit soll der Oberschlesier glauben, daß auch er sein Vaterland verloren
habe. In einem anderen ebenso entlehnten Artikel werden dieselben aufge¬
fordert, in geschlossnen Verbände mit ihren übrigen polnischen Brüdern „einen
festen Damm gegen das Eindringen der Deutschen" zu bilden. Die Deut¬
schen entziehen den Polen nicht nur eigennützig im Gewerbsleben allen Gewinn
und verdrängen sie aus dem Besitz der Güter, sie sind auch die Unterdrücker
'bref heiligen Glaubens und ihrer Nationalität. Die Deutschen haben die
abscheulichen preußischen Maigesetze und die Gesetze wegen der himmelschreien¬
den Einschränkung des Gebrauchs der polnischen Sprache erdacht und ge¬
macht. Die hochsinnigen polnischen Vorfahren hätten lieber den Tod,
^s „das Joch der Fremden" ertragen, solche Helden sollen auch die
guten Wasserpolaken sein. Als Vorbilder werden ihnen namentlich die —
^logauer vorgehalten. die (in dem bekannten unglücklichen Feldzuge Kaiser
Heinrichs II. gegen Boleslaus Chrobry) vor — neunhundert Jahren mit
Todesverachtung das ganze feindliche Heer von ihren Mauern zurückschlugen,
beider stand dem glühend patriotischen Redakteur kein besseres Beispiel aus
^'egen der Polen gegen die Deutschen, an denen auch die Schlesier auf
fetten der Polen betheiligt waren, zu Gebot. Genug der Anführungen, um
le gläubige „Gazeta gornoszlaska" zu charakterisiren!

Es sei hier nur noch bemerkt, daß die vorwiegend von deutschen Ultra-
montanen besuchte und geleitete „Versammlung schlesischer Katholiken" des
zusenden Jahres die „Gazeta gornoszlaska" der Unterstützung aller guten
Katholiken empfahl.

Kein Zweifel, daß die beiden polnischen Hetzblätter durch ihr ununter-
wchenes Bohren, Reizen. Aufstacheln, Verdächtigen, Schmähen allein aus-
^chen würden, in kurzer Zeit die ganze polnisch-sprechende Bevölkerung
.Schlesiens meuterisch zu machen, wenn man im Stande wäre, sie in
^ ermanus Hände und zu jedermanns Gehör zu bringen. Zur Erreichung'^ses Zieles setzen denn auch die Redakteure und Helfershelfer alle Hebel in
Regung. Zunächst ist für beide Blätter und ihre Leser der Segen


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0345" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/136984"/>
          <p xml:id="ID_1091" prev="#ID_1090"> machte zu suchen seien, daß sie mit den Deutschen in gar keiner inneren Ge¬<lb/>
meinschaft stehen; die deutschen Lokalblätter Oberschlesiens sind eine &#x201E;fremde<lb/>
Presse"; es wird deswegen gefordert, daß von den Oberschlesiern in erster<lb/>
Reihe Polen zu Abgeordneten gewählt werden. Wenn der Zusatz &#x201E;und gute<lb/>
Katholiken" nachschleppt, so geschieht das mit der resignirten Einsicht, daß<lb/>
die Wasserpolen erfahrungsmäßig doch deutschen Ultramontanen vorwiegend<lb/>
'hre Stimmen geben. In einer Wahlanrede, die einem posener Blatte ent¬<lb/>
nommen ist, aber ohne Bemerkung auf Oberschlesien angewendet wird, heißt<lb/>
^: &#x201E;Durch Zulassung Gottes sind wir nach Verlust unseres Vaterlandes und<lb/>
unserer nationalen Selbständigkeit Bürger eines fremden Landes geworden."<lb/>
Somit soll der Oberschlesier glauben, daß auch er sein Vaterland verloren<lb/>
habe. In einem anderen ebenso entlehnten Artikel werden dieselben aufge¬<lb/>
fordert, in geschlossnen Verbände mit ihren übrigen polnischen Brüdern &#x201E;einen<lb/>
festen Damm gegen das Eindringen der Deutschen" zu bilden. Die Deut¬<lb/>
schen entziehen den Polen nicht nur eigennützig im Gewerbsleben allen Gewinn<lb/>
und verdrängen sie aus dem Besitz der Güter, sie sind auch die Unterdrücker<lb/>
'bref heiligen Glaubens und ihrer Nationalität. Die Deutschen haben die<lb/>
abscheulichen preußischen Maigesetze und die Gesetze wegen der himmelschreien¬<lb/>
den Einschränkung des Gebrauchs der polnischen Sprache erdacht und ge¬<lb/>
macht. Die hochsinnigen polnischen Vorfahren hätten lieber den Tod,<lb/>
^s &#x201E;das Joch der Fremden" ertragen, solche Helden sollen auch die<lb/>
guten Wasserpolaken sein. Als Vorbilder werden ihnen namentlich die &#x2014;<lb/>
^logauer vorgehalten. die (in dem bekannten unglücklichen Feldzuge Kaiser<lb/>
Heinrichs II. gegen Boleslaus Chrobry) vor &#x2014; neunhundert Jahren mit<lb/>
Todesverachtung das ganze feindliche Heer von ihren Mauern zurückschlugen,<lb/>
beider stand dem glühend patriotischen Redakteur kein besseres Beispiel aus<lb/>
^'egen der Polen gegen die Deutschen, an denen auch die Schlesier auf<lb/>
fetten der Polen betheiligt waren, zu Gebot.  Genug der Anführungen, um<lb/>
le gläubige &#x201E;Gazeta gornoszlaska" zu charakterisiren!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1092"> Es sei hier nur noch bemerkt, daß die vorwiegend von deutschen Ultra-<lb/>
montanen besuchte und geleitete &#x201E;Versammlung schlesischer Katholiken" des<lb/>
zusenden Jahres die &#x201E;Gazeta gornoszlaska" der Unterstützung aller guten<lb/>
Katholiken empfahl.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1093" next="#ID_1094"> Kein Zweifel, daß die beiden polnischen Hetzblätter durch ihr ununter-<lb/>
wchenes Bohren, Reizen. Aufstacheln, Verdächtigen, Schmähen allein aus-<lb/>
^chen würden, in kurzer Zeit die ganze polnisch-sprechende Bevölkerung<lb/>
.Schlesiens meuterisch zu machen, wenn man im Stande wäre, sie in<lb/>
^ ermanus Hände und zu jedermanns Gehör zu bringen.  Zur Erreichung'^ses Zieles setzen denn auch die Redakteure und Helfershelfer alle Hebel in<lb/>
Regung.  Zunächst ist für beide Blätter und ihre Leser der Segen</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0345] machte zu suchen seien, daß sie mit den Deutschen in gar keiner inneren Ge¬ meinschaft stehen; die deutschen Lokalblätter Oberschlesiens sind eine „fremde Presse"; es wird deswegen gefordert, daß von den Oberschlesiern in erster Reihe Polen zu Abgeordneten gewählt werden. Wenn der Zusatz „und gute Katholiken" nachschleppt, so geschieht das mit der resignirten Einsicht, daß die Wasserpolen erfahrungsmäßig doch deutschen Ultramontanen vorwiegend 'hre Stimmen geben. In einer Wahlanrede, die einem posener Blatte ent¬ nommen ist, aber ohne Bemerkung auf Oberschlesien angewendet wird, heißt ^: „Durch Zulassung Gottes sind wir nach Verlust unseres Vaterlandes und unserer nationalen Selbständigkeit Bürger eines fremden Landes geworden." Somit soll der Oberschlesier glauben, daß auch er sein Vaterland verloren habe. In einem anderen ebenso entlehnten Artikel werden dieselben aufge¬ fordert, in geschlossnen Verbände mit ihren übrigen polnischen Brüdern „einen festen Damm gegen das Eindringen der Deutschen" zu bilden. Die Deut¬ schen entziehen den Polen nicht nur eigennützig im Gewerbsleben allen Gewinn und verdrängen sie aus dem Besitz der Güter, sie sind auch die Unterdrücker 'bref heiligen Glaubens und ihrer Nationalität. Die Deutschen haben die abscheulichen preußischen Maigesetze und die Gesetze wegen der himmelschreien¬ den Einschränkung des Gebrauchs der polnischen Sprache erdacht und ge¬ macht. Die hochsinnigen polnischen Vorfahren hätten lieber den Tod, ^s „das Joch der Fremden" ertragen, solche Helden sollen auch die guten Wasserpolaken sein. Als Vorbilder werden ihnen namentlich die — ^logauer vorgehalten. die (in dem bekannten unglücklichen Feldzuge Kaiser Heinrichs II. gegen Boleslaus Chrobry) vor — neunhundert Jahren mit Todesverachtung das ganze feindliche Heer von ihren Mauern zurückschlugen, beider stand dem glühend patriotischen Redakteur kein besseres Beispiel aus ^'egen der Polen gegen die Deutschen, an denen auch die Schlesier auf fetten der Polen betheiligt waren, zu Gebot. Genug der Anführungen, um le gläubige „Gazeta gornoszlaska" zu charakterisiren! Es sei hier nur noch bemerkt, daß die vorwiegend von deutschen Ultra- montanen besuchte und geleitete „Versammlung schlesischer Katholiken" des zusenden Jahres die „Gazeta gornoszlaska" der Unterstützung aller guten Katholiken empfahl. Kein Zweifel, daß die beiden polnischen Hetzblätter durch ihr ununter- wchenes Bohren, Reizen. Aufstacheln, Verdächtigen, Schmähen allein aus- ^chen würden, in kurzer Zeit die ganze polnisch-sprechende Bevölkerung .Schlesiens meuterisch zu machen, wenn man im Stande wäre, sie in ^ ermanus Hände und zu jedermanns Gehör zu bringen. Zur Erreichung'^ses Zieles setzen denn auch die Redakteure und Helfershelfer alle Hebel in Regung. Zunächst ist für beide Blätter und ihre Leser der Segen

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/345
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/345>, abgerufen am 27.09.2024.