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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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Allerdings fanden sich Dichter wie Josua Sylvester bereit, ihre Harfen
nach dem Willen des königlichen Rauchfeindes zu stimmen und ihm mit
Versen zu secundiren, in denen der Tabak "jener indianische Tyrann, Eng¬
lands einzige Schande" geschmäht wurde, und die Geistlichkeit rückte mit
'hrern schweren Geschütz neben Sr. Majestät aus. Aber die Vertheidiger des ange¬
griffnen Krautes waren zahlreicher und meist witziger als jene, und die Ar-
wee des Königs wurde in Versen und Prosa geschlagen. Dr. Barclai durfte
sein 1614 erschienenes Gedicht "Von den Tugenden des Tabaks", in welchem
er diese Pflanze "die Fürstin unter allen" nennt und mit Begeisterung von
Amerika als dem "Lande, welches Gott mit diesem glückbringenden und
heiligen Kraute geehrt und gesegnet hat", spricht, dem Bischof von Murray
""denen. Er vergleicht sich darin mit Hercules, der nur mit einem Sack
und einer Keule in den Krieg gegangen sei. und sagt: "Ich habe mich mit
ewem Kasten statt mit einem Sacke und einer Pfeife statt einer Keule be¬
waffnet, mit einem Sacke, um meinen Tabak aufzubewahren, und mit einer
pfeife, um mich ihrer zu bedienen; mit diesen beiden werde ich, so Gott will,
^ele Krankheiten überwinden." Selbst die Geistlichkeit wankte und rauchte
^erst im stillen Kämmerlein, später öffentlich, indem sie vermuthlich zu der
Ueberzeugung gelangt war, welche der Dichter Wieder in dem noch jetzt be-
ebten Liede "T'obaeeo is an I"Äig.u plant" ausspricht, wo es u. A. heißt:


"l'Iio pixo, etat is so lilz? ^uno,
Mlieroin so wall? es.Kö äoliAut,
Is brolco vieil g, touou -- mali's lito 1s suoU --
l'denk: ok tuis, wuou ^on swolco tod^ovo.
^tlo pivo, etat is so tout ^oleum,
LIuzvs Iiov in",n'3 soul is stainsÄ vieil sin;
l'o xur^o vieil uro it äoos ro<iuiro --
1'Juni: tuis, vilen z^on smoko todavoo.
I^-rstl^, tuo "s^os 1oK döliinä
naz^ äailx sorve, to wovo tuo mira,
l'dat to Äslies Alla Aust i-eturn vo must --
1?IiinK ok tuis, vliorl z^on smolco todavoo."

^ D'Avenant spricht 1634 vom Rauchen als einer so allgemein gewordnen
^ohnheit, daß er glaubt, nächstens "werde man den Kindern zur Erleich-
^Uvg des Zahnens, statt wie bisher Korallen, zerbrochn- Thonpfeifen in
^ Mund geben." Und dabei hatte König Jakob es nicht bei Ermahnungen
Drohungen bewenden lassen, sondern den Einfuhrzoll auf Tabak von
^ Pence per Pfund auf die ungeheure Summe von sechs Schilling und
)U Pence erhöht und damit noch nicht zufrieden, Raucher geringen Standes


boten IV. 1876. 42

Allerdings fanden sich Dichter wie Josua Sylvester bereit, ihre Harfen
nach dem Willen des königlichen Rauchfeindes zu stimmen und ihm mit
Versen zu secundiren, in denen der Tabak „jener indianische Tyrann, Eng¬
lands einzige Schande" geschmäht wurde, und die Geistlichkeit rückte mit
'hrern schweren Geschütz neben Sr. Majestät aus. Aber die Vertheidiger des ange¬
griffnen Krautes waren zahlreicher und meist witziger als jene, und die Ar-
wee des Königs wurde in Versen und Prosa geschlagen. Dr. Barclai durfte
sein 1614 erschienenes Gedicht „Von den Tugenden des Tabaks", in welchem
er diese Pflanze „die Fürstin unter allen" nennt und mit Begeisterung von
Amerika als dem „Lande, welches Gott mit diesem glückbringenden und
heiligen Kraute geehrt und gesegnet hat", spricht, dem Bischof von Murray
""denen. Er vergleicht sich darin mit Hercules, der nur mit einem Sack
und einer Keule in den Krieg gegangen sei. und sagt: „Ich habe mich mit
ewem Kasten statt mit einem Sacke und einer Pfeife statt einer Keule be¬
waffnet, mit einem Sacke, um meinen Tabak aufzubewahren, und mit einer
pfeife, um mich ihrer zu bedienen; mit diesen beiden werde ich, so Gott will,
^ele Krankheiten überwinden." Selbst die Geistlichkeit wankte und rauchte
^erst im stillen Kämmerlein, später öffentlich, indem sie vermuthlich zu der
Ueberzeugung gelangt war, welche der Dichter Wieder in dem noch jetzt be-
ebten Liede „T'obaeeo is an I»Äig.u plant" ausspricht, wo es u. A. heißt:


„l'Iio pixo, etat is so lilz? ^uno,
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^ D'Avenant spricht 1634 vom Rauchen als einer so allgemein gewordnen
^ohnheit, daß er glaubt, nächstens „werde man den Kindern zur Erleich-
^Uvg des Zahnens, statt wie bisher Korallen, zerbrochn- Thonpfeifen in
^ Mund geben." Und dabei hatte König Jakob es nicht bei Ermahnungen
Drohungen bewenden lassen, sondern den Einfuhrzoll auf Tabak von
^ Pence per Pfund auf die ungeheure Summe von sechs Schilling und
)U Pence erhöht und damit noch nicht zufrieden, Raucher geringen Standes


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/333>, abgerufen am 20.10.2024.