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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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ein Gläschen Nun -- ihre Lebensgeister rege machte. Die Sonne wurde wärmer
und belebender und auch die Bewohner des Dorfes selbst wurden mehr und
mehr sichtbar; in respectvoller Ferne standen sie in kleinen Gruppen vereint,
um die seltenen Gäste, nämlich uns, zu sehen. -- Auch wir zeigten nicht
geringe Wissens-oder Neugierde und fragten nach tausenderlei, so daß Don
Francisco mir durch sein an kalt-bleiben und seine schnellen Antworten wahr¬
hafte Bewunderung abnöthigte. --

Unserem schattigen Sitze, der von gigantischen, candelabersörmigen
Euphorbien umsäumt war, gegenüber sahen wir ein größeres Haus schon
halb in Trümmern. Es war die Wohnung des verstorbenen Dumbo a
Pepe, das große Reichthümer an Silber geborgen haben soll, die natürlich
in die Hände der weißen Herren fielen. Nach alter Sitte wohnt der jetzige
Fürst in einer kleinen Strohhütte, da er, so lange der Sitz seines Vorgängers
steht, sich kein eigenes Haus bauen darf. Wenn auch die Prüfungszeit, in
der er entbehren lernen soll, wegen der leichten Bauart nicht allzulange währt,
so ist doch der Grund zu diesem Gebrauche anerkennenswerth. -- Die Er¬
zählungen von den Schätzen des todten Herrschers gab Gelegenheit, von
den Reichthümern, besonders den mineralischen, der Provinz zu sprechen.
Sie sollen in der That groß sein, und überall hört man von früheren, in der
Glanzzeit der Portugiesen bebauten Silberminen, die jetzt verfallen sind. --
In unser Gespräch klangen plötzlich wunderbare Töne, tief und voll, mächtig
dröhnend und auch in sanfteren Schwingungen an unser Ohr dringend. Es
war ein Concert, welches Don Francisco veranstaltet hatte. Die Künstler
waren vier Neger und die Instrumente, welche sie erecutirten, waren die
Marimbas. Außer der viersaitigen Geige der M-balundus im Innern der
Provinz Bengella und der achtsaitigen Harfe der M-pongwes in den Ga¬
bunländern sah ich bet Negern kein vollendeteres Instrument. Die Marimba
besteht aus zwei Halbbögen elastischen Holzes, die durch zwei Schnüre in
stärkere oder geringere Spannung versetzt werden können, um verschiedene
Klangfärbungen hervorzubringen. Quer über die Innenseite der beiden
Holzbogen sind vierundzwanzig bis dreißig schmale Brettchen harten Holzes
befestigt, unter welchen eben so viele hohle Flaschenkürbisse, zwischen die beiden
parallelen Holzbogen gebunden, nach der Außenseite derselben hängen. Die
hohlen Schalen geben die Resonanz zu den Tönen, welche durch Schlagen
vermittelst zweier an Stäbchen befestigter Gummistücke auf die Brettchen
hervorgebracht werden. -- Diese Marimba erinnerte mich an unsere Holz¬
harmonika, nur ist der ersteren Ton voller, mächtiger und packender und
kann mehr modulirt werden. Die Fertigkeit der vier Spieler war bewun-
dernswerth. Vor ihren auf dem Boden stehenden Instrumenten hockend,
bearbeiteten sie, allerdings in "negerhafter", übermäßig hitziger Art und


ein Gläschen Nun — ihre Lebensgeister rege machte. Die Sonne wurde wärmer
und belebender und auch die Bewohner des Dorfes selbst wurden mehr und
mehr sichtbar; in respectvoller Ferne standen sie in kleinen Gruppen vereint,
um die seltenen Gäste, nämlich uns, zu sehen. — Auch wir zeigten nicht
geringe Wissens-oder Neugierde und fragten nach tausenderlei, so daß Don
Francisco mir durch sein an kalt-bleiben und seine schnellen Antworten wahr¬
hafte Bewunderung abnöthigte. —

Unserem schattigen Sitze, der von gigantischen, candelabersörmigen
Euphorbien umsäumt war, gegenüber sahen wir ein größeres Haus schon
halb in Trümmern. Es war die Wohnung des verstorbenen Dumbo a
Pepe, das große Reichthümer an Silber geborgen haben soll, die natürlich
in die Hände der weißen Herren fielen. Nach alter Sitte wohnt der jetzige
Fürst in einer kleinen Strohhütte, da er, so lange der Sitz seines Vorgängers
steht, sich kein eigenes Haus bauen darf. Wenn auch die Prüfungszeit, in
der er entbehren lernen soll, wegen der leichten Bauart nicht allzulange währt,
so ist doch der Grund zu diesem Gebrauche anerkennenswerth. — Die Er¬
zählungen von den Schätzen des todten Herrschers gab Gelegenheit, von
den Reichthümern, besonders den mineralischen, der Provinz zu sprechen.
Sie sollen in der That groß sein, und überall hört man von früheren, in der
Glanzzeit der Portugiesen bebauten Silberminen, die jetzt verfallen sind. —
In unser Gespräch klangen plötzlich wunderbare Töne, tief und voll, mächtig
dröhnend und auch in sanfteren Schwingungen an unser Ohr dringend. Es
war ein Concert, welches Don Francisco veranstaltet hatte. Die Künstler
waren vier Neger und die Instrumente, welche sie erecutirten, waren die
Marimbas. Außer der viersaitigen Geige der M-balundus im Innern der
Provinz Bengella und der achtsaitigen Harfe der M-pongwes in den Ga¬
bunländern sah ich bet Negern kein vollendeteres Instrument. Die Marimba
besteht aus zwei Halbbögen elastischen Holzes, die durch zwei Schnüre in
stärkere oder geringere Spannung versetzt werden können, um verschiedene
Klangfärbungen hervorzubringen. Quer über die Innenseite der beiden
Holzbogen sind vierundzwanzig bis dreißig schmale Brettchen harten Holzes
befestigt, unter welchen eben so viele hohle Flaschenkürbisse, zwischen die beiden
parallelen Holzbogen gebunden, nach der Außenseite derselben hängen. Die
hohlen Schalen geben die Resonanz zu den Tönen, welche durch Schlagen
vermittelst zweier an Stäbchen befestigter Gummistücke auf die Brettchen
hervorgebracht werden. — Diese Marimba erinnerte mich an unsere Holz¬
harmonika, nur ist der ersteren Ton voller, mächtiger und packender und
kann mehr modulirt werden. Die Fertigkeit der vier Spieler war bewun-
dernswerth. Vor ihren auf dem Boden stehenden Instrumenten hockend,
bearbeiteten sie, allerdings in „negerhafter", übermäßig hitziger Art und


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[0106] ein Gläschen Nun — ihre Lebensgeister rege machte. Die Sonne wurde wärmer und belebender und auch die Bewohner des Dorfes selbst wurden mehr und mehr sichtbar; in respectvoller Ferne standen sie in kleinen Gruppen vereint, um die seltenen Gäste, nämlich uns, zu sehen. — Auch wir zeigten nicht geringe Wissens-oder Neugierde und fragten nach tausenderlei, so daß Don Francisco mir durch sein an kalt-bleiben und seine schnellen Antworten wahr¬ hafte Bewunderung abnöthigte. — Unserem schattigen Sitze, der von gigantischen, candelabersörmigen Euphorbien umsäumt war, gegenüber sahen wir ein größeres Haus schon halb in Trümmern. Es war die Wohnung des verstorbenen Dumbo a Pepe, das große Reichthümer an Silber geborgen haben soll, die natürlich in die Hände der weißen Herren fielen. Nach alter Sitte wohnt der jetzige Fürst in einer kleinen Strohhütte, da er, so lange der Sitz seines Vorgängers steht, sich kein eigenes Haus bauen darf. Wenn auch die Prüfungszeit, in der er entbehren lernen soll, wegen der leichten Bauart nicht allzulange währt, so ist doch der Grund zu diesem Gebrauche anerkennenswerth. — Die Er¬ zählungen von den Schätzen des todten Herrschers gab Gelegenheit, von den Reichthümern, besonders den mineralischen, der Provinz zu sprechen. Sie sollen in der That groß sein, und überall hört man von früheren, in der Glanzzeit der Portugiesen bebauten Silberminen, die jetzt verfallen sind. — In unser Gespräch klangen plötzlich wunderbare Töne, tief und voll, mächtig dröhnend und auch in sanfteren Schwingungen an unser Ohr dringend. Es war ein Concert, welches Don Francisco veranstaltet hatte. Die Künstler waren vier Neger und die Instrumente, welche sie erecutirten, waren die Marimbas. Außer der viersaitigen Geige der M-balundus im Innern der Provinz Bengella und der achtsaitigen Harfe der M-pongwes in den Ga¬ bunländern sah ich bet Negern kein vollendeteres Instrument. Die Marimba besteht aus zwei Halbbögen elastischen Holzes, die durch zwei Schnüre in stärkere oder geringere Spannung versetzt werden können, um verschiedene Klangfärbungen hervorzubringen. Quer über die Innenseite der beiden Holzbogen sind vierundzwanzig bis dreißig schmale Brettchen harten Holzes befestigt, unter welchen eben so viele hohle Flaschenkürbisse, zwischen die beiden parallelen Holzbogen gebunden, nach der Außenseite derselben hängen. Die hohlen Schalen geben die Resonanz zu den Tönen, welche durch Schlagen vermittelst zweier an Stäbchen befestigter Gummistücke auf die Brettchen hervorgebracht werden. — Diese Marimba erinnerte mich an unsere Holz¬ harmonika, nur ist der ersteren Ton voller, mächtiger und packender und kann mehr modulirt werden. Die Fertigkeit der vier Spieler war bewun- dernswerth. Vor ihren auf dem Boden stehenden Instrumenten hockend, bearbeiteten sie, allerdings in „negerhafter", übermäßig hitziger Art und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/106>, abgerufen am 27.09.2024.