Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.Schon hier auf verhältnißmäßig geringer Höhe ist der Einfluß der So wohl mich fühlend, benutzte ich auch auf besser pasfirbaren Wege¬ Schon hier auf verhältnißmäßig geringer Höhe ist der Einfluß der So wohl mich fühlend, benutzte ich auch auf besser pasfirbaren Wege¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0100" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/136739"/> <p xml:id="ID_271"> Schon hier auf verhältnißmäßig geringer Höhe ist der Einfluß der<lb/> letzteren auf die Reinheit und Temperatur der Luft merklich; — um so an¬<lb/> genehmer fühlbar, als gerade in Dondo wahrhaft pestilenzialische Dünste<lb/> wallen. Wer Dondo kennt, kennt die Hölle auf Erden. Machtloses An¬<lb/> kämpfen gegen ewiges Fieber, Rheumatismus und Ruhr — und dafür —<lb/> im guten Falle: — einige Pfennige Geldes, im schlimmeren: der Tod, sind<lb/> das Loos des dort vegetirenden Europäers. Die Epitheta der Stadt<lb/> sind: „Des weißen Mannes Sarg"; „Des Weißen Grabstein"; „Der<lb/> Bratofen" ; „Die Hölle Angolas"! — Um das durch sumpfige Ausdünstungen<lb/> bedingte malariaretche Clima zu illustriren, führe ich an, daß selbst dem in<lb/> der portugiesisch - angolensischen Armee dienenden Neger zwei Jahre der<lb/> Dienstzeit als dreie angerechnet werden. — Ich selbst verließ dieses Paradies<lb/> des Todes noch sehr geschwächt und matt durch Dyssenterien und Fieber; wie<lb/> wohlthuend empfand ich da die kräftigende Luft der Berge! Je weiter wir<lb/> marschirten und je höher wir stiegen, desto reiner wurde sie und desto mächtiger<lb/> wirkte sie auf den erschlafften Körper ein. Wie duftig Gold strömte sie in<lb/> meine Brust und ein Gefühl herrlichster Freiheit machte mich glücklich. —</p><lb/> <p xml:id="ID_272"> So wohl mich fühlend, benutzte ich auch auf besser pasfirbaren Wege¬<lb/> strecken nicht die Hängematte, sondern ging stets zu Fuß, hier und da nach<lb/> reizenden Blümchen mich beugend oder ein zartes Gras pflückend. — Schon<lb/> hier nämlich tritt der schilfartige, Jagd- und Viehzucht vereitelnde verfitzte<lb/> Graswuchs der Küstensteppe etwas weniger stark auf und die Landschaft,<lb/> wenn nicht von parkartig geordnetem Baumwuchs bestanden, erhält einen<lb/> wiesenartigen Ausdruck. Weite Flächen sind mit niedrigeren, schönfarbigen<lb/> und feingegliederten Gräsern bedeckt, zwischen denen besonders asterähnliche<lb/> Blüthen und reichgefärbte Schmetterlingsblumen hervorlugen. — Hier und<lb/> dort steht auch der ehrfurchtgebietende, seiner Frucht wegen hochgehaltene<lb/> Colanußbaum mit Tausenden von braunen Blüthen bedeckt, oder ein Gummi¬<lb/> baum, die Banyane, die in einem einzigen Exemplar, durch zahllose Luftwurzeln,<lb/> die, Stämmen ähnlich, das mächtige, Schatten spendende Astgerüste tragen,<lb/> oft einen große Flächen bedeckenden Hain bildet. — Das niedrige, locker über<lb/> die tieferen Steppen verstreute Gesträuch besteht aus Vertretern der in jenen<lb/> Ländern an Menge auffallenden Lorberform mit immergrünem, dunkelglänzen¬<lb/> den Blatt und bedeckt mit thalergroßen, goldgelben myrtenähniichen Blüthen.<lb/> Auch hier zeigt der Baobab seine barocke Stammform und die elfenbeingelbe<lb/> Blüthe, der Baumwollenbaum seinen im Alter buchenähnltchen Habitus;<lb/> auch hier verschönern Palmen und Bananenbüsche die Landschaft und in<lb/> Nähe und Ferne schweift der erstaunte Blick über Mais-, Maniok-, Kaffee-<lb/> und Zuckerplantagen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0100]
Schon hier auf verhältnißmäßig geringer Höhe ist der Einfluß der
letzteren auf die Reinheit und Temperatur der Luft merklich; — um so an¬
genehmer fühlbar, als gerade in Dondo wahrhaft pestilenzialische Dünste
wallen. Wer Dondo kennt, kennt die Hölle auf Erden. Machtloses An¬
kämpfen gegen ewiges Fieber, Rheumatismus und Ruhr — und dafür —
im guten Falle: — einige Pfennige Geldes, im schlimmeren: der Tod, sind
das Loos des dort vegetirenden Europäers. Die Epitheta der Stadt
sind: „Des weißen Mannes Sarg"; „Des Weißen Grabstein"; „Der
Bratofen" ; „Die Hölle Angolas"! — Um das durch sumpfige Ausdünstungen
bedingte malariaretche Clima zu illustriren, führe ich an, daß selbst dem in
der portugiesisch - angolensischen Armee dienenden Neger zwei Jahre der
Dienstzeit als dreie angerechnet werden. — Ich selbst verließ dieses Paradies
des Todes noch sehr geschwächt und matt durch Dyssenterien und Fieber; wie
wohlthuend empfand ich da die kräftigende Luft der Berge! Je weiter wir
marschirten und je höher wir stiegen, desto reiner wurde sie und desto mächtiger
wirkte sie auf den erschlafften Körper ein. Wie duftig Gold strömte sie in
meine Brust und ein Gefühl herrlichster Freiheit machte mich glücklich. —
So wohl mich fühlend, benutzte ich auch auf besser pasfirbaren Wege¬
strecken nicht die Hängematte, sondern ging stets zu Fuß, hier und da nach
reizenden Blümchen mich beugend oder ein zartes Gras pflückend. — Schon
hier nämlich tritt der schilfartige, Jagd- und Viehzucht vereitelnde verfitzte
Graswuchs der Küstensteppe etwas weniger stark auf und die Landschaft,
wenn nicht von parkartig geordnetem Baumwuchs bestanden, erhält einen
wiesenartigen Ausdruck. Weite Flächen sind mit niedrigeren, schönfarbigen
und feingegliederten Gräsern bedeckt, zwischen denen besonders asterähnliche
Blüthen und reichgefärbte Schmetterlingsblumen hervorlugen. — Hier und
dort steht auch der ehrfurchtgebietende, seiner Frucht wegen hochgehaltene
Colanußbaum mit Tausenden von braunen Blüthen bedeckt, oder ein Gummi¬
baum, die Banyane, die in einem einzigen Exemplar, durch zahllose Luftwurzeln,
die, Stämmen ähnlich, das mächtige, Schatten spendende Astgerüste tragen,
oft einen große Flächen bedeckenden Hain bildet. — Das niedrige, locker über
die tieferen Steppen verstreute Gesträuch besteht aus Vertretern der in jenen
Ländern an Menge auffallenden Lorberform mit immergrünem, dunkelglänzen¬
den Blatt und bedeckt mit thalergroßen, goldgelben myrtenähniichen Blüthen.
Auch hier zeigt der Baobab seine barocke Stammform und die elfenbeingelbe
Blüthe, der Baumwollenbaum seinen im Alter buchenähnltchen Habitus;
auch hier verschönern Palmen und Bananenbüsche die Landschaft und in
Nähe und Ferne schweift der erstaunte Blick über Mais-, Maniok-, Kaffee-
und Zuckerplantagen.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |