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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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dem zweiten Tecumseh, doch wenig bleibenden Vortheil gebracht. Schon am
28. Juni wurde sein zurückweichender Haufe von den Reitern Terry's ver¬
folgt und umstellt. Während das Gemetzel am Little Big Horn die Re¬
gierung der Vereinigten Staaten aus der allzu großen Lethargie aufrüttelte,
mit der sie bis dahin den ganzen Streit betrachtet hatte, reichte der glänzende
Sieg kaum 2 Wochen lang aus, das Feuer der übrigen bisher ruhigen
Indianer anzufachen. Sitting Bull, soll seinen Sieg als den Beginn des
großen Vertilgungszuges gegen die Blaßgesichter dargestellt haben. Aber
selbst seine eigene Nation, der größte Theil der Sioux, ist ruhig geblieben,
und gehorcht nach wie vor den Mahnungen Red Cloud's und spottet Tait's.
Die Cheyennes, Arrapahoes und andere südliche Stämme dagegen sollen
Sitting Bull seit dem 26. Juni durch große Zuzüge verstärkt haben. Für
die Wahrscheinlichkeit dieser Annahme spricht schon der Umstand, daß Oberst
Merritt der als Verstärkung des Generals Crook mit ö Comp. Cavallerie auf
Fort Laranin zumarschirte, am 16. Juli circa 400 Cheyenne-Streiter auf
ihrem Marsche zu Sitting Bull überraschte und sie nach dem Militär-Posten
der spottet Tait Agentur trieb, woselbst sie jetzt bewacht werden, nachdem
sie entwaffnet wurden.

Neueren Nachrichten zufolge soll Sitting Bull und Crazy Horse über
circa 4000 Sioux-Krieger und 1800 bis 2000 andrer Stämme verfügen. --
Die Aufforderung des Sioux-Führers an die nördlichen Stämme wie die
Blackfeet, Fladheads, Bloods, Biegaus, Crows, Rech und Magaus, dem
Vernichtungs'Krieg gegen die Weißen sich anzuschließen, haben diese Stämme
in einer großen Berathung, welche sie am 12. August in der Blackfeet-Agentur
abgehalten haben, nicht nur abschlägig beantwortet, sondern statt dessen der
Regierung ihre ganze junge Mannschaft als Bundesgenossen angeboten
gegen Sitting Bull und ihre verhaßten Erbfeinde, die Sioux. Diese kleineren
Jndianerstämme waren bisher unter einer Art Vormundschaft der
Sioux, welche die Tyrannen der Prärien, der Schrecken der schwachen
Stämme waren; diese Schwachen glauben den Zeitpunkt gekommen, ihre
Unterdrücker zu züchtigen und werden für die Weißen werthvolle Bundesge¬
nossen sein. Auch die Pawnees und Delawares im Süden der Sioux scheinen
sich dem Kampf gegen letztere anschließen zu wollen.

Die Regierung der Vereinigten Staaten hatte bis zum 14. August im
Ganzen circa 4800 Mann, wovon etwa die Hälfte Cavallerie, in unmittel¬
barer Nähe der bisherigen Kämpfe gesammelt, und man sah einer baldigen
blutigen Entscheidung entgegen. Der Kampf wird ein furchtbarer sein. Beide
Theile sind mit den besten Waffen, Hinterladern, gut ausgerüstet, und beide
werden mit dem tödtlichsten Haß dem Feinde begegnen.


dem zweiten Tecumseh, doch wenig bleibenden Vortheil gebracht. Schon am
28. Juni wurde sein zurückweichender Haufe von den Reitern Terry's ver¬
folgt und umstellt. Während das Gemetzel am Little Big Horn die Re¬
gierung der Vereinigten Staaten aus der allzu großen Lethargie aufrüttelte,
mit der sie bis dahin den ganzen Streit betrachtet hatte, reichte der glänzende
Sieg kaum 2 Wochen lang aus, das Feuer der übrigen bisher ruhigen
Indianer anzufachen. Sitting Bull, soll seinen Sieg als den Beginn des
großen Vertilgungszuges gegen die Blaßgesichter dargestellt haben. Aber
selbst seine eigene Nation, der größte Theil der Sioux, ist ruhig geblieben,
und gehorcht nach wie vor den Mahnungen Red Cloud's und spottet Tait's.
Die Cheyennes, Arrapahoes und andere südliche Stämme dagegen sollen
Sitting Bull seit dem 26. Juni durch große Zuzüge verstärkt haben. Für
die Wahrscheinlichkeit dieser Annahme spricht schon der Umstand, daß Oberst
Merritt der als Verstärkung des Generals Crook mit ö Comp. Cavallerie auf
Fort Laranin zumarschirte, am 16. Juli circa 400 Cheyenne-Streiter auf
ihrem Marsche zu Sitting Bull überraschte und sie nach dem Militär-Posten
der spottet Tait Agentur trieb, woselbst sie jetzt bewacht werden, nachdem
sie entwaffnet wurden.

Neueren Nachrichten zufolge soll Sitting Bull und Crazy Horse über
circa 4000 Sioux-Krieger und 1800 bis 2000 andrer Stämme verfügen. —
Die Aufforderung des Sioux-Führers an die nördlichen Stämme wie die
Blackfeet, Fladheads, Bloods, Biegaus, Crows, Rech und Magaus, dem
Vernichtungs'Krieg gegen die Weißen sich anzuschließen, haben diese Stämme
in einer großen Berathung, welche sie am 12. August in der Blackfeet-Agentur
abgehalten haben, nicht nur abschlägig beantwortet, sondern statt dessen der
Regierung ihre ganze junge Mannschaft als Bundesgenossen angeboten
gegen Sitting Bull und ihre verhaßten Erbfeinde, die Sioux. Diese kleineren
Jndianerstämme waren bisher unter einer Art Vormundschaft der
Sioux, welche die Tyrannen der Prärien, der Schrecken der schwachen
Stämme waren; diese Schwachen glauben den Zeitpunkt gekommen, ihre
Unterdrücker zu züchtigen und werden für die Weißen werthvolle Bundesge¬
nossen sein. Auch die Pawnees und Delawares im Süden der Sioux scheinen
sich dem Kampf gegen letztere anschließen zu wollen.

Die Regierung der Vereinigten Staaten hatte bis zum 14. August im
Ganzen circa 4800 Mann, wovon etwa die Hälfte Cavallerie, in unmittel¬
barer Nähe der bisherigen Kämpfe gesammelt, und man sah einer baldigen
blutigen Entscheidung entgegen. Der Kampf wird ein furchtbarer sein. Beide
Theile sind mit den besten Waffen, Hinterladern, gut ausgerüstet, und beide
werden mit dem tödtlichsten Haß dem Feinde begegnen.


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[0511] dem zweiten Tecumseh, doch wenig bleibenden Vortheil gebracht. Schon am 28. Juni wurde sein zurückweichender Haufe von den Reitern Terry's ver¬ folgt und umstellt. Während das Gemetzel am Little Big Horn die Re¬ gierung der Vereinigten Staaten aus der allzu großen Lethargie aufrüttelte, mit der sie bis dahin den ganzen Streit betrachtet hatte, reichte der glänzende Sieg kaum 2 Wochen lang aus, das Feuer der übrigen bisher ruhigen Indianer anzufachen. Sitting Bull, soll seinen Sieg als den Beginn des großen Vertilgungszuges gegen die Blaßgesichter dargestellt haben. Aber selbst seine eigene Nation, der größte Theil der Sioux, ist ruhig geblieben, und gehorcht nach wie vor den Mahnungen Red Cloud's und spottet Tait's. Die Cheyennes, Arrapahoes und andere südliche Stämme dagegen sollen Sitting Bull seit dem 26. Juni durch große Zuzüge verstärkt haben. Für die Wahrscheinlichkeit dieser Annahme spricht schon der Umstand, daß Oberst Merritt der als Verstärkung des Generals Crook mit ö Comp. Cavallerie auf Fort Laranin zumarschirte, am 16. Juli circa 400 Cheyenne-Streiter auf ihrem Marsche zu Sitting Bull überraschte und sie nach dem Militär-Posten der spottet Tait Agentur trieb, woselbst sie jetzt bewacht werden, nachdem sie entwaffnet wurden. Neueren Nachrichten zufolge soll Sitting Bull und Crazy Horse über circa 4000 Sioux-Krieger und 1800 bis 2000 andrer Stämme verfügen. — Die Aufforderung des Sioux-Führers an die nördlichen Stämme wie die Blackfeet, Fladheads, Bloods, Biegaus, Crows, Rech und Magaus, dem Vernichtungs'Krieg gegen die Weißen sich anzuschließen, haben diese Stämme in einer großen Berathung, welche sie am 12. August in der Blackfeet-Agentur abgehalten haben, nicht nur abschlägig beantwortet, sondern statt dessen der Regierung ihre ganze junge Mannschaft als Bundesgenossen angeboten gegen Sitting Bull und ihre verhaßten Erbfeinde, die Sioux. Diese kleineren Jndianerstämme waren bisher unter einer Art Vormundschaft der Sioux, welche die Tyrannen der Prärien, der Schrecken der schwachen Stämme waren; diese Schwachen glauben den Zeitpunkt gekommen, ihre Unterdrücker zu züchtigen und werden für die Weißen werthvolle Bundesge¬ nossen sein. Auch die Pawnees und Delawares im Süden der Sioux scheinen sich dem Kampf gegen letztere anschließen zu wollen. Die Regierung der Vereinigten Staaten hatte bis zum 14. August im Ganzen circa 4800 Mann, wovon etwa die Hälfte Cavallerie, in unmittel¬ barer Nähe der bisherigen Kämpfe gesammelt, und man sah einer baldigen blutigen Entscheidung entgegen. Der Kampf wird ein furchtbarer sein. Beide Theile sind mit den besten Waffen, Hinterladern, gut ausgerüstet, und beide werden mit dem tödtlichsten Haß dem Feinde begegnen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/511>, abgerufen am 28.09.2024.