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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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Geistlichkeit nicht geringe Unterstützung durch die Verkündung der Stuart-
schen Theorie vom göttlichen Ursprünge des Königthums und dem göttlichen
Rechte fürstlicher Gewalt Es bestand somit ein Compromiß zwischen König¬
thum und Hochkirche Englands gegen die aufkeimende Freiheitsregung in
Amerika und sein Resultat mußte der Kampf zwischen einer alten und einer
neuen Welt werden.

In Großbritannien herrschte die dritte der vier Nullen, welche den Namen
Georg trugen ; der König war der erste in England geborene und erzogene
Welse und stand deßhalb der Nation nicht so fremd und vereinsamt gegen-
über wie Groß- und Urgroßvater gleichen Namens, welche nur als impor-
tirte Deutsche angesehen wurden. die England zu Gunsten Hannovers aus¬
sogen. Mit Georg III. stand die Hofkirche im engem Bunde, ihre Herrsch¬
sucht kettete sie an den Thron, an Einfluß und an Rechten hoffte sie gleich¬
zeitig mit dem ehrgeizigen Könige zu steigen. Wie ihr. war diesem jeder
Fortschritt verhaßt und jede freie Aeußerung unerträglich, er konnte nur die
Luft des Absolutismus ertragen und fühlte sich doch stets berührt von dem
scharfen Winde parlamentarischen Lebens, er saß ja in Se. James und nicht
in den Tuilerien. Sein Parlament suchte er nun moralisch zu vernichten
und zu ertödten, indem er die wichtigeren Mitglieder erkaufte und den
schamlosesten Handel mit ihrer Ehre trieb; als geringster Preis für eine
Stimme wurden 200 Pfund bezahlt. Ueber Alles stellte Georg seine könig¬
lichen Prärogative und sein göttliches Recht, hielt beide wie die Monstranz
dem Volke vor, damit es niederfalle und patriarchalisch anbete. Die treueste
und wichtigste Stütze war dem Könige der allgemein verhaßte Lord Bude.
der erste Lord der Schatzkammer, derselbe Schotte, welcher den vergötterten
Chatam. den Vater Pitt. verdrängt und Friedrich dem Großen die Subsidien
entzogen hatte, während das englische Volk ihm zugejubelt, -- der engher¬
zigste Tory, Feind der amerikanischen Selbstentwicklung und Verfechter des
königlichen Vormundschaftsprincipes. Sofort nach Abschluß des Friedens
schob Bude in sein Ministerium als Staatssekretair für die Colonien und
ersten Lord des Handelsdepartement 23. Febr. 1763 Charles Townshend ein.
einen ungestümen Kopf, der auch die ernstesten Fragen leicht nahm und das
Wichtigste rasch erledigte, einen Heißsporn und gleich den anderen Gliedern
des Ministeriums einen Vertreter der königlichen Allmacht und des schwei¬
genden Gehorsams der Colonien. Townshend hielt nicht einen Augenblick
mit seinem Programme zurück, er forderte Besteuerung der amerikanischen
Colonien durch das britische Parlament und im Gegensatze zu Sonderprivi-
legien der Provinzen eine uniforme Territorialeintheilung derselben; ferner
sprach er für ein stehendes amerikanisches Heer, welches Amerika niederhalten
dabei aber von Amerika gestellt werden sollte, und wollte, daß alle könig-


Geistlichkeit nicht geringe Unterstützung durch die Verkündung der Stuart-
schen Theorie vom göttlichen Ursprünge des Königthums und dem göttlichen
Rechte fürstlicher Gewalt Es bestand somit ein Compromiß zwischen König¬
thum und Hochkirche Englands gegen die aufkeimende Freiheitsregung in
Amerika und sein Resultat mußte der Kampf zwischen einer alten und einer
neuen Welt werden.

In Großbritannien herrschte die dritte der vier Nullen, welche den Namen
Georg trugen ; der König war der erste in England geborene und erzogene
Welse und stand deßhalb der Nation nicht so fremd und vereinsamt gegen-
über wie Groß- und Urgroßvater gleichen Namens, welche nur als impor-
tirte Deutsche angesehen wurden. die England zu Gunsten Hannovers aus¬
sogen. Mit Georg III. stand die Hofkirche im engem Bunde, ihre Herrsch¬
sucht kettete sie an den Thron, an Einfluß und an Rechten hoffte sie gleich¬
zeitig mit dem ehrgeizigen Könige zu steigen. Wie ihr. war diesem jeder
Fortschritt verhaßt und jede freie Aeußerung unerträglich, er konnte nur die
Luft des Absolutismus ertragen und fühlte sich doch stets berührt von dem
scharfen Winde parlamentarischen Lebens, er saß ja in Se. James und nicht
in den Tuilerien. Sein Parlament suchte er nun moralisch zu vernichten
und zu ertödten, indem er die wichtigeren Mitglieder erkaufte und den
schamlosesten Handel mit ihrer Ehre trieb; als geringster Preis für eine
Stimme wurden 200 Pfund bezahlt. Ueber Alles stellte Georg seine könig¬
lichen Prärogative und sein göttliches Recht, hielt beide wie die Monstranz
dem Volke vor, damit es niederfalle und patriarchalisch anbete. Die treueste
und wichtigste Stütze war dem Könige der allgemein verhaßte Lord Bude.
der erste Lord der Schatzkammer, derselbe Schotte, welcher den vergötterten
Chatam. den Vater Pitt. verdrängt und Friedrich dem Großen die Subsidien
entzogen hatte, während das englische Volk ihm zugejubelt, — der engher¬
zigste Tory, Feind der amerikanischen Selbstentwicklung und Verfechter des
königlichen Vormundschaftsprincipes. Sofort nach Abschluß des Friedens
schob Bude in sein Ministerium als Staatssekretair für die Colonien und
ersten Lord des Handelsdepartement 23. Febr. 1763 Charles Townshend ein.
einen ungestümen Kopf, der auch die ernstesten Fragen leicht nahm und das
Wichtigste rasch erledigte, einen Heißsporn und gleich den anderen Gliedern
des Ministeriums einen Vertreter der königlichen Allmacht und des schwei¬
genden Gehorsams der Colonien. Townshend hielt nicht einen Augenblick
mit seinem Programme zurück, er forderte Besteuerung der amerikanischen
Colonien durch das britische Parlament und im Gegensatze zu Sonderprivi-
legien der Provinzen eine uniforme Territorialeintheilung derselben; ferner
sprach er für ein stehendes amerikanisches Heer, welches Amerika niederhalten
dabei aber von Amerika gestellt werden sollte, und wollte, daß alle könig-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/51>, abgerufen am 27.09.2024.