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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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einzelt längs der Linie des Marsches, an anderen Stellen dagegen sind die
Leichen der Pferde übereinander gelegt, um gegen den Feind eine Art Brust¬
wehr zu schaffen. Hinter diesen Pferdebarrikaden liegen die Leichen der
tapferen Streiter ebenfalls in Massen übereinander. Es ist unverkennbar,
daß die Truppen mit ausgezeichneter Tapferkeit gekämpft haben, und nur den
erdrückenden Massen des Feindes erlagen. Auf dem letzten, aus Pferdeleichen
gebildeten Bollwerk fanden wir die verstümmelten Ueberreste des Generals
Custer."

So spricht der Oberbefehlshaber der Truppen von dem Kampfe, dem
Muthe, dem Tode der Gefallenen, die nicht mehr erzählen können, wie
furchtbar sie bedrängt worden sind. Wie hart die Drangsal des Kampfes
inzwischen bei der andern Truppe gewesen, erfahren wir aus dem officiellen
Berichte des Majors Remo, der den Kampf beschreibt, den er auf den felsigen
Höhen des rechten Ufers des Little Big Horn 28 Stunden lang durchzufech-
ten hatte. --

"Ich hatte natürlich die Leute absitzen lassen", -- heißt es da -- "und
die Pferde, die Maulthiere und die Packwagen in eine Vertiefung der Spitze
des Hügels bringen lassen, während die Leute die Höhen besetzten, welche diese
Vertiefung einschlossen und bildeten. Kaum war dies geschehen, als ich heftig
angegriffen wurde. Das geschah etwa um 6 Uhr Nachmittags. Wir hielten
uns mit dem Verlust von 18 Todten und 46 Verwundeten, bis der Kampf
nach 9 Uhr Abends endete. Da ich die überwältigende Zahl der Feinde
kannte und auf jede Unterstützung von Seiten Custer's verzichtet hatte, ließ
ich die Leute Schützengräben aufwerfen und verbarrikadirte mit den gefallenen
Pferden, Mauleseln und den Schachteln, welche den Schiffszwieback enthielten,
diejenigen Stellen der die Vertiefung umgebenden Höhen, welche so tief lagen,
daß über sie hinweg das Feuer der Indianer unsere Pferde und Maulesel
erreichen konnte. So traf ich alle möglichen Vorsichtsmaßregeln für den
Kampf, den der Morgen bringen würde, und der, davon war ich überzeugt,
furchtbar sein würde. Auf diese Weise waren meine Leute die ganze Nacht
hindurch beschäftigt; die Indianer aber hielten unten im Thal, zu unsere"
Füßen und daß wir Alles hören konnten, einen Skalptanz ab. Beim Mol'
gengrauen des 26. Juni war ich überzeugt, daß wir uns halten könnten,
bis die Infanterie von Gibbon's Regiment herankäme. Um halb drei lW
des Morgens brachen 2 Flintenschüsse das bisherige Schweigen; sie wärest
das Signal zu einem Angriff, einem Feuer, wie ich noch nie ein solches erlebt
hatte. Jede Büchse schien von einem ausgezeichneten Schützen gehandha^
zu sein; die Feinde trafen mit einer Sicherheit, welche unsere eigenen Le^
stungen übertraf. Es war einfach eine Unmöglichkeit, irgend ein Glied de^
Körpers bloszustellen, ohne daß es sofort getroffen worden wäre. Wie del


einzelt längs der Linie des Marsches, an anderen Stellen dagegen sind die
Leichen der Pferde übereinander gelegt, um gegen den Feind eine Art Brust¬
wehr zu schaffen. Hinter diesen Pferdebarrikaden liegen die Leichen der
tapferen Streiter ebenfalls in Massen übereinander. Es ist unverkennbar,
daß die Truppen mit ausgezeichneter Tapferkeit gekämpft haben, und nur den
erdrückenden Massen des Feindes erlagen. Auf dem letzten, aus Pferdeleichen
gebildeten Bollwerk fanden wir die verstümmelten Ueberreste des Generals
Custer."

So spricht der Oberbefehlshaber der Truppen von dem Kampfe, dem
Muthe, dem Tode der Gefallenen, die nicht mehr erzählen können, wie
furchtbar sie bedrängt worden sind. Wie hart die Drangsal des Kampfes
inzwischen bei der andern Truppe gewesen, erfahren wir aus dem officiellen
Berichte des Majors Remo, der den Kampf beschreibt, den er auf den felsigen
Höhen des rechten Ufers des Little Big Horn 28 Stunden lang durchzufech-
ten hatte. —

„Ich hatte natürlich die Leute absitzen lassen", — heißt es da — „und
die Pferde, die Maulthiere und die Packwagen in eine Vertiefung der Spitze
des Hügels bringen lassen, während die Leute die Höhen besetzten, welche diese
Vertiefung einschlossen und bildeten. Kaum war dies geschehen, als ich heftig
angegriffen wurde. Das geschah etwa um 6 Uhr Nachmittags. Wir hielten
uns mit dem Verlust von 18 Todten und 46 Verwundeten, bis der Kampf
nach 9 Uhr Abends endete. Da ich die überwältigende Zahl der Feinde
kannte und auf jede Unterstützung von Seiten Custer's verzichtet hatte, ließ
ich die Leute Schützengräben aufwerfen und verbarrikadirte mit den gefallenen
Pferden, Mauleseln und den Schachteln, welche den Schiffszwieback enthielten,
diejenigen Stellen der die Vertiefung umgebenden Höhen, welche so tief lagen,
daß über sie hinweg das Feuer der Indianer unsere Pferde und Maulesel
erreichen konnte. So traf ich alle möglichen Vorsichtsmaßregeln für den
Kampf, den der Morgen bringen würde, und der, davon war ich überzeugt,
furchtbar sein würde. Auf diese Weise waren meine Leute die ganze Nacht
hindurch beschäftigt; die Indianer aber hielten unten im Thal, zu unsere«
Füßen und daß wir Alles hören konnten, einen Skalptanz ab. Beim Mol'
gengrauen des 26. Juni war ich überzeugt, daß wir uns halten könnten,
bis die Infanterie von Gibbon's Regiment herankäme. Um halb drei lW
des Morgens brachen 2 Flintenschüsse das bisherige Schweigen; sie wärest
das Signal zu einem Angriff, einem Feuer, wie ich noch nie ein solches erlebt
hatte. Jede Büchse schien von einem ausgezeichneten Schützen gehandha^
zu sein; die Feinde trafen mit einer Sicherheit, welche unsere eigenen Le^
stungen übertraf. Es war einfach eine Unmöglichkeit, irgend ein Glied de^
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[0508] einzelt längs der Linie des Marsches, an anderen Stellen dagegen sind die Leichen der Pferde übereinander gelegt, um gegen den Feind eine Art Brust¬ wehr zu schaffen. Hinter diesen Pferdebarrikaden liegen die Leichen der tapferen Streiter ebenfalls in Massen übereinander. Es ist unverkennbar, daß die Truppen mit ausgezeichneter Tapferkeit gekämpft haben, und nur den erdrückenden Massen des Feindes erlagen. Auf dem letzten, aus Pferdeleichen gebildeten Bollwerk fanden wir die verstümmelten Ueberreste des Generals Custer." So spricht der Oberbefehlshaber der Truppen von dem Kampfe, dem Muthe, dem Tode der Gefallenen, die nicht mehr erzählen können, wie furchtbar sie bedrängt worden sind. Wie hart die Drangsal des Kampfes inzwischen bei der andern Truppe gewesen, erfahren wir aus dem officiellen Berichte des Majors Remo, der den Kampf beschreibt, den er auf den felsigen Höhen des rechten Ufers des Little Big Horn 28 Stunden lang durchzufech- ten hatte. — „Ich hatte natürlich die Leute absitzen lassen", — heißt es da — „und die Pferde, die Maulthiere und die Packwagen in eine Vertiefung der Spitze des Hügels bringen lassen, während die Leute die Höhen besetzten, welche diese Vertiefung einschlossen und bildeten. Kaum war dies geschehen, als ich heftig angegriffen wurde. Das geschah etwa um 6 Uhr Nachmittags. Wir hielten uns mit dem Verlust von 18 Todten und 46 Verwundeten, bis der Kampf nach 9 Uhr Abends endete. Da ich die überwältigende Zahl der Feinde kannte und auf jede Unterstützung von Seiten Custer's verzichtet hatte, ließ ich die Leute Schützengräben aufwerfen und verbarrikadirte mit den gefallenen Pferden, Mauleseln und den Schachteln, welche den Schiffszwieback enthielten, diejenigen Stellen der die Vertiefung umgebenden Höhen, welche so tief lagen, daß über sie hinweg das Feuer der Indianer unsere Pferde und Maulesel erreichen konnte. So traf ich alle möglichen Vorsichtsmaßregeln für den Kampf, den der Morgen bringen würde, und der, davon war ich überzeugt, furchtbar sein würde. Auf diese Weise waren meine Leute die ganze Nacht hindurch beschäftigt; die Indianer aber hielten unten im Thal, zu unsere« Füßen und daß wir Alles hören konnten, einen Skalptanz ab. Beim Mol' gengrauen des 26. Juni war ich überzeugt, daß wir uns halten könnten, bis die Infanterie von Gibbon's Regiment herankäme. Um halb drei lW des Morgens brachen 2 Flintenschüsse das bisherige Schweigen; sie wärest das Signal zu einem Angriff, einem Feuer, wie ich noch nie ein solches erlebt hatte. Jede Büchse schien von einem ausgezeichneten Schützen gehandha^ zu sein; die Feinde trafen mit einer Sicherheit, welche unsere eigenen Le^ stungen übertraf. Es war einfach eine Unmöglichkeit, irgend ein Glied de^ Körpers bloszustellen, ohne daß es sofort getroffen worden wäre. Wie del

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/508>, abgerufen am 28.09.2024.