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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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zu können, und könnte deshalb eine derartige Transaction als beträchtliche
Erhöhung der Gewißheit betrachten, daß sie fortgesetzt im Besitz von C^ba
verbleiben werde. Dieß würde in der That wahrscheinlich die Wirkung der
Sache sein, wenn wir annehmen, die spanische Regierung werde trotz ihrer
zur Schau getragnen Entschlossenheit, niemals ihre Rechte aufzuheben,
dennoch im Geheimen die Absicht haben, die Colonien nach ein paar Jahren
anzuerkennen, wofern die Dinge ihren Verlauf wie bisher nehmen. Gesetzt
den Fall, daß dieß ihre Politik wäre, so würde sie durch Abtretung der
Insel an uns in der von mir angedeuteten Weise von dem Augenblick an,
wo die Ausantwortung an die Vereinigten Staaten erfolgt wäre, die voll¬
kommene Sicherheit gewinnen, ferner in ihrem Besitz zu verbleiben. Diese
Uebertragung auf Zeit würde sie vor der Gefahr eines Angriffs oder innerer
Umwälzung sicherstellen, so lange sie dauerte, und nach Anerkennung der Un¬
abhängigkeit der Colonien würde Spanien von ihnen ohne Schwierigkeit eine
viel größere Entschädigung an Geld erlangen, als zur Auslösung der Insel
erforderlich wäre. Es ist indeß nicht wahrscheinlich, daß Spanten jetzt schon
beabsichtigt, die Colonien in nicht ferner Zeit anzuerkennen, und ich habe be¬
reits angenommen, daß es das nicht beabsichtigt. Diese Betrachtungen
könnten ihm demungeachtet vorgelegt werden, und da sie sehr auf der
Hand liegen und sehr zwingender Natur sind, könnten sie vielleicht Ein¬
druck machen.

Aber, wenn man, wie ich annehme, daß die hiesige Regierung vollständig
entschlossen ist, an ihrem Systeme festzuhalten, und doch die Gefahr, die Insel
zu verlieren, kennt und weiß, daß es ihr unmöglich sein wird, ein Darlehn
der erwähnten Art jemals ohne Anerkennung der Colonien zurückzuzahlen,
so kann sie doch meinen, es sei besser für die Insel, zwanzig Millionen zu be¬
kommen, als sie zu verlieren ohne etwas dafür zu erhalten.

Dieß sind die Vortheile der Transaction, soweit sichs um Spanien han-
delt. Was die Vereinigten Staaten betrifft, so bietet sie die beiden folgenden
dar, die so auf der Hand liegen, daß ich mich nicht ausführlich über sie zu
verbreiten brauche:

1) Vollständige Sicherheit vor der Gefahr irgend einer Aenderung in der
Stellung der Insel, mit der die gegenwärtigen Wirren drohen.

2) Die Wahrscheinlichkeit einer schließlichen Erwerbung der vollen
Souveränetät.

Man kann vielleicht denken, daß einige der großen Mächte, vorzüglich
England oder Frankreich, die Erwerbung der Souveränetät über Cuba durch
uns mit scheelen Blicken ansehen würden, daß die Wahrscheinlichkeit dessen
uns abhalten sollte, irgendwelche Maßregeln zu ergreifen, um sie zu erlangen,


zu können, und könnte deshalb eine derartige Transaction als beträchtliche
Erhöhung der Gewißheit betrachten, daß sie fortgesetzt im Besitz von C^ba
verbleiben werde. Dieß würde in der That wahrscheinlich die Wirkung der
Sache sein, wenn wir annehmen, die spanische Regierung werde trotz ihrer
zur Schau getragnen Entschlossenheit, niemals ihre Rechte aufzuheben,
dennoch im Geheimen die Absicht haben, die Colonien nach ein paar Jahren
anzuerkennen, wofern die Dinge ihren Verlauf wie bisher nehmen. Gesetzt
den Fall, daß dieß ihre Politik wäre, so würde sie durch Abtretung der
Insel an uns in der von mir angedeuteten Weise von dem Augenblick an,
wo die Ausantwortung an die Vereinigten Staaten erfolgt wäre, die voll¬
kommene Sicherheit gewinnen, ferner in ihrem Besitz zu verbleiben. Diese
Uebertragung auf Zeit würde sie vor der Gefahr eines Angriffs oder innerer
Umwälzung sicherstellen, so lange sie dauerte, und nach Anerkennung der Un¬
abhängigkeit der Colonien würde Spanien von ihnen ohne Schwierigkeit eine
viel größere Entschädigung an Geld erlangen, als zur Auslösung der Insel
erforderlich wäre. Es ist indeß nicht wahrscheinlich, daß Spanten jetzt schon
beabsichtigt, die Colonien in nicht ferner Zeit anzuerkennen, und ich habe be¬
reits angenommen, daß es das nicht beabsichtigt. Diese Betrachtungen
könnten ihm demungeachtet vorgelegt werden, und da sie sehr auf der
Hand liegen und sehr zwingender Natur sind, könnten sie vielleicht Ein¬
druck machen.

Aber, wenn man, wie ich annehme, daß die hiesige Regierung vollständig
entschlossen ist, an ihrem Systeme festzuhalten, und doch die Gefahr, die Insel
zu verlieren, kennt und weiß, daß es ihr unmöglich sein wird, ein Darlehn
der erwähnten Art jemals ohne Anerkennung der Colonien zurückzuzahlen,
so kann sie doch meinen, es sei besser für die Insel, zwanzig Millionen zu be¬
kommen, als sie zu verlieren ohne etwas dafür zu erhalten.

Dieß sind die Vortheile der Transaction, soweit sichs um Spanien han-
delt. Was die Vereinigten Staaten betrifft, so bietet sie die beiden folgenden
dar, die so auf der Hand liegen, daß ich mich nicht ausführlich über sie zu
verbreiten brauche:

1) Vollständige Sicherheit vor der Gefahr irgend einer Aenderung in der
Stellung der Insel, mit der die gegenwärtigen Wirren drohen.

2) Die Wahrscheinlichkeit einer schließlichen Erwerbung der vollen
Souveränetät.

Man kann vielleicht denken, daß einige der großen Mächte, vorzüglich
England oder Frankreich, die Erwerbung der Souveränetät über Cuba durch
uns mit scheelen Blicken ansehen würden, daß die Wahrscheinlichkeit dessen
uns abhalten sollte, irgendwelche Maßregeln zu ergreifen, um sie zu erlangen,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/501>, abgerufen am 27.09.2024.