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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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der achten Sitzung, welche sich um die Regelung des Diensteinkommens der
Steuerempfänger drehten, im Anschluß an den Etat der directen Steuern.
Interessanter war schon die "Apothekerfrage', die sich am folgenden Tage
bei der Berathung des Etats der Verwaltung des Innern als ein besonderes
Schmerzenskind der Straßburger Abgeordneten entpuppte, und wobei man
sich mit einiger Indignation über die deutschen Apotheker und deren "In¬
vasion" in das gelobte Reichsland hermachte. Folgten Petitionen und der
Etat der Verwaltung des öffentlichen Unterrichts. Hier war das Feld,
wo sich einige Mitglieder gern die oratorischen Sporen verdienen mochten.
Gab es doch hier sehr wichtige Positionen, für die sich jeder Gebildete inter-
essirte, als da sind: Straßburger Universität, UniversMs- und Landes-
Bibliothek. höheres und niederes Unterrichtswesen u. s. w.

In der zehnten, einer für Regierung und Ausschuß recht sauren und
anstrengenden Sitzung, hieß die Tagesordnung: Verwaltung der Zölle, der
indirecten Steuern und des Enregistrements, die Parole aber: Hinaus mit
dem verhaßten Branntweinsteuergesetz! In derselben Sitzung wurde der auf¬
fallende Mangel an jungem Nachwuchs geborener elsaß-Iothringer Juristen und
dessen wahrscheinliche Ursache mit Recht gerügt und von den Mitgliedern
Klein und Schneegans eingehend und mit Sachkenntniß besprochen -- ein
anscheinend zwar sehr geringfügiger, darum aber für das Land nicht minder
wichtiger Gegenstand von einiger Tragweite in der nächsten Zukunft, der
auch kürzlich nach dieser Richtung in der "Schweizer Grenzpost" von sach¬
kundiger Feder die genügende Beleuchtung gefunden hat. Endlich noch ein¬
mal die Universität und ihr Neubau, resp, vorläufig erst die Herstellung der
wirklich baufälligen und ungenügenden chirurgischen und klinischen Anstalten
derselben, welche den Stoff zu einer etwas unerquicklichen Debatte abgab und
sogar noch in die elfte Sitzung herübergezogen wurde, wo die betr. Position
mit genauer Noth durchkam.

Das offizielle Protokoll der zwölften Sitzung wurde auffallender Weise
erst nach einer mehr als 14tägigen Zwischenpause von den amtlichen Blättern
veröffentlicht und dann kaum noch mit Interesse von den Landeskindern ge¬
lesen. Die damals (Mitte Juni) eingetretenen Überschwemmungen des
Rheines bildeten hier und in der folgenden Sitzung einen nicht unwichtigen
Jncidentpunkt. Der Landesausschuß arbeitete mit allen ihm zu Gebote stehenden
Kräften. Morgens und Nachmittags war Sitzung in diesen heißen Juni,
tagen. Auf der Tagesordnung stand das n i e dere U n terri es es wehe n , wor.
über Morgens die General-, Nachmittags die Spezial-Debatte eröffnet wurde,
letztere sich wieder in die folgende Sitzung hinüberschleppte. Man sprach
dort über die Gerichtsbarkeit der Matres bezüglich der Schulverhältnisse,
welche man von einigen Seiten ohne stichhaltige Gründe abgeschafft wissen


der achten Sitzung, welche sich um die Regelung des Diensteinkommens der
Steuerempfänger drehten, im Anschluß an den Etat der directen Steuern.
Interessanter war schon die „Apothekerfrage', die sich am folgenden Tage
bei der Berathung des Etats der Verwaltung des Innern als ein besonderes
Schmerzenskind der Straßburger Abgeordneten entpuppte, und wobei man
sich mit einiger Indignation über die deutschen Apotheker und deren „In¬
vasion" in das gelobte Reichsland hermachte. Folgten Petitionen und der
Etat der Verwaltung des öffentlichen Unterrichts. Hier war das Feld,
wo sich einige Mitglieder gern die oratorischen Sporen verdienen mochten.
Gab es doch hier sehr wichtige Positionen, für die sich jeder Gebildete inter-
essirte, als da sind: Straßburger Universität, UniversMs- und Landes-
Bibliothek. höheres und niederes Unterrichtswesen u. s. w.

In der zehnten, einer für Regierung und Ausschuß recht sauren und
anstrengenden Sitzung, hieß die Tagesordnung: Verwaltung der Zölle, der
indirecten Steuern und des Enregistrements, die Parole aber: Hinaus mit
dem verhaßten Branntweinsteuergesetz! In derselben Sitzung wurde der auf¬
fallende Mangel an jungem Nachwuchs geborener elsaß-Iothringer Juristen und
dessen wahrscheinliche Ursache mit Recht gerügt und von den Mitgliedern
Klein und Schneegans eingehend und mit Sachkenntniß besprochen — ein
anscheinend zwar sehr geringfügiger, darum aber für das Land nicht minder
wichtiger Gegenstand von einiger Tragweite in der nächsten Zukunft, der
auch kürzlich nach dieser Richtung in der „Schweizer Grenzpost" von sach¬
kundiger Feder die genügende Beleuchtung gefunden hat. Endlich noch ein¬
mal die Universität und ihr Neubau, resp, vorläufig erst die Herstellung der
wirklich baufälligen und ungenügenden chirurgischen und klinischen Anstalten
derselben, welche den Stoff zu einer etwas unerquicklichen Debatte abgab und
sogar noch in die elfte Sitzung herübergezogen wurde, wo die betr. Position
mit genauer Noth durchkam.

Das offizielle Protokoll der zwölften Sitzung wurde auffallender Weise
erst nach einer mehr als 14tägigen Zwischenpause von den amtlichen Blättern
veröffentlicht und dann kaum noch mit Interesse von den Landeskindern ge¬
lesen. Die damals (Mitte Juni) eingetretenen Überschwemmungen des
Rheines bildeten hier und in der folgenden Sitzung einen nicht unwichtigen
Jncidentpunkt. Der Landesausschuß arbeitete mit allen ihm zu Gebote stehenden
Kräften. Morgens und Nachmittags war Sitzung in diesen heißen Juni,
tagen. Auf der Tagesordnung stand das n i e dere U n terri es es wehe n , wor.
über Morgens die General-, Nachmittags die Spezial-Debatte eröffnet wurde,
letztere sich wieder in die folgende Sitzung hinüberschleppte. Man sprach
dort über die Gerichtsbarkeit der Matres bezüglich der Schulverhältnisse,
welche man von einigen Seiten ohne stichhaltige Gründe abgeschafft wissen


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[0485] der achten Sitzung, welche sich um die Regelung des Diensteinkommens der Steuerempfänger drehten, im Anschluß an den Etat der directen Steuern. Interessanter war schon die „Apothekerfrage', die sich am folgenden Tage bei der Berathung des Etats der Verwaltung des Innern als ein besonderes Schmerzenskind der Straßburger Abgeordneten entpuppte, und wobei man sich mit einiger Indignation über die deutschen Apotheker und deren „In¬ vasion" in das gelobte Reichsland hermachte. Folgten Petitionen und der Etat der Verwaltung des öffentlichen Unterrichts. Hier war das Feld, wo sich einige Mitglieder gern die oratorischen Sporen verdienen mochten. Gab es doch hier sehr wichtige Positionen, für die sich jeder Gebildete inter- essirte, als da sind: Straßburger Universität, UniversMs- und Landes- Bibliothek. höheres und niederes Unterrichtswesen u. s. w. In der zehnten, einer für Regierung und Ausschuß recht sauren und anstrengenden Sitzung, hieß die Tagesordnung: Verwaltung der Zölle, der indirecten Steuern und des Enregistrements, die Parole aber: Hinaus mit dem verhaßten Branntweinsteuergesetz! In derselben Sitzung wurde der auf¬ fallende Mangel an jungem Nachwuchs geborener elsaß-Iothringer Juristen und dessen wahrscheinliche Ursache mit Recht gerügt und von den Mitgliedern Klein und Schneegans eingehend und mit Sachkenntniß besprochen — ein anscheinend zwar sehr geringfügiger, darum aber für das Land nicht minder wichtiger Gegenstand von einiger Tragweite in der nächsten Zukunft, der auch kürzlich nach dieser Richtung in der „Schweizer Grenzpost" von sach¬ kundiger Feder die genügende Beleuchtung gefunden hat. Endlich noch ein¬ mal die Universität und ihr Neubau, resp, vorläufig erst die Herstellung der wirklich baufälligen und ungenügenden chirurgischen und klinischen Anstalten derselben, welche den Stoff zu einer etwas unerquicklichen Debatte abgab und sogar noch in die elfte Sitzung herübergezogen wurde, wo die betr. Position mit genauer Noth durchkam. Das offizielle Protokoll der zwölften Sitzung wurde auffallender Weise erst nach einer mehr als 14tägigen Zwischenpause von den amtlichen Blättern veröffentlicht und dann kaum noch mit Interesse von den Landeskindern ge¬ lesen. Die damals (Mitte Juni) eingetretenen Überschwemmungen des Rheines bildeten hier und in der folgenden Sitzung einen nicht unwichtigen Jncidentpunkt. Der Landesausschuß arbeitete mit allen ihm zu Gebote stehenden Kräften. Morgens und Nachmittags war Sitzung in diesen heißen Juni, tagen. Auf der Tagesordnung stand das n i e dere U n terri es es wehe n , wor. über Morgens die General-, Nachmittags die Spezial-Debatte eröffnet wurde, letztere sich wieder in die folgende Sitzung hinüberschleppte. Man sprach dort über die Gerichtsbarkeit der Matres bezüglich der Schulverhältnisse, welche man von einigen Seiten ohne stichhaltige Gründe abgeschafft wissen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/485>, abgerufen am 20.10.2024.