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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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ökonomen beschäftigte Controverse über die Zweckmäßigkeit der Dismembra-
tivnsverbote absehen, so soll doch wenigstens darauf hingewiesen werden, daß
eine generelle Aufhebung derselben bei der Verschiedenheit der Kulturverhält-
nisft der einzelnen deutschen Territorien immerhin bedenklich gewesen wäre,
und daß jedenfalls mit Rücksicht hierauf im Art. VIII der Grundrechte selbst
gesagt war: "Den Einzelstaaten bleibt es überlassen, die Durchführung des
Grundsatzes der Theilbarkeit alles Grundeigenthums durch Uebergangsgesetze
zu vermitteln."

Der weiter im Art. VIII enthaltene Grundsatz, daß in dem Grund¬
eigenthum die Berechtigung zur Jagd auf dem Grund und Boden liege,
bildet bekanntlich die Basis der modernen deutschen Jagdgesetzgebung über¬
haupt, welche, ebenso wie dies in den Grundrechten geschah, die Jagdgerechtigkeit
auf fremdem Grund und Boden beseitigt hat. Nur wird in ganz zweckmäßiger
Weise die selbständige Ausübung dieses Jagdrechts durch den Gcundeigen-
thümer selbst von dem Besitz einer größeren zusammenhängenden Bodenfläche
abhängig gemacht, deren Minimalgröße In den einzelnen Jagdgesetzen ver¬
schieden bestimmt ist; während die kleineren Grundstücke zu Jagdbezirken ver¬
einigt werden, in denen entweder die politische Gemeinde oder, wie z. B. in
Sachsen, besondere Jagdgenossenschaften die Jagd für die Grundeigenthümer
ausüben. Daneben bestehen aber zahlreiche jagdpolizeiliche Vorschriften; wie
denn auch die Grundrechte selbst erklärt hatten: "Die Ausübung des Jagd¬
rechts aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und des gemeinen Wohls zu
ordnen, bleibt der Landesgesetzgebung vorbehalten."

Anlangend ferner die Schlußbestimmung des Art. VIII: "Die Strafe
der Vermögenseinziehung soll nicht stattfinden", so ist daran zu er¬
innern, daß eine Confiscation des ganzen Vermögens unserer dermaligen
Strafgesetzgebung ebenfalls fremd ist, und daß in dem Reichsstrafgesetzbuch
nur die Einziehung einzelner bestimmter Vermögensobjecte, namentlich die
Confiscation von Verbrechensgegenständen, statuirt wird.

Wenn endlich der Art. VIII die Verheißung enthielt: "Das geistige
Eigenthum soll durch die Reichsgesetzgebung geschützt werden", so hat
bereits die Gesetzgebung des norddeutschen Bundes dies Vermächtnis) der
Frankfurter Nationalversammlung angetreten, und das norddeutsche Bundes¬
gesetz vom 11. Juni 1870, betreffend das Urheberrecht von Schriftwerken,
Abbildungen, musikalischen Compositionen und dramatischen Werken ist nun¬
mehr zum Reichsgesetz erhoben. Auch haben wir hier das Reichsgesetz über den
Markenschutz vom 30. November 1874 und dasjenige über das Urheberrecht
an Mustern und Modellen vom 11. Januar 1876 zu verzeichnen und der
zahlreichen Handelsverträge zu gedenken, welche bereits seitens des deutschen


ökonomen beschäftigte Controverse über die Zweckmäßigkeit der Dismembra-
tivnsverbote absehen, so soll doch wenigstens darauf hingewiesen werden, daß
eine generelle Aufhebung derselben bei der Verschiedenheit der Kulturverhält-
nisft der einzelnen deutschen Territorien immerhin bedenklich gewesen wäre,
und daß jedenfalls mit Rücksicht hierauf im Art. VIII der Grundrechte selbst
gesagt war: „Den Einzelstaaten bleibt es überlassen, die Durchführung des
Grundsatzes der Theilbarkeit alles Grundeigenthums durch Uebergangsgesetze
zu vermitteln."

Der weiter im Art. VIII enthaltene Grundsatz, daß in dem Grund¬
eigenthum die Berechtigung zur Jagd auf dem Grund und Boden liege,
bildet bekanntlich die Basis der modernen deutschen Jagdgesetzgebung über¬
haupt, welche, ebenso wie dies in den Grundrechten geschah, die Jagdgerechtigkeit
auf fremdem Grund und Boden beseitigt hat. Nur wird in ganz zweckmäßiger
Weise die selbständige Ausübung dieses Jagdrechts durch den Gcundeigen-
thümer selbst von dem Besitz einer größeren zusammenhängenden Bodenfläche
abhängig gemacht, deren Minimalgröße In den einzelnen Jagdgesetzen ver¬
schieden bestimmt ist; während die kleineren Grundstücke zu Jagdbezirken ver¬
einigt werden, in denen entweder die politische Gemeinde oder, wie z. B. in
Sachsen, besondere Jagdgenossenschaften die Jagd für die Grundeigenthümer
ausüben. Daneben bestehen aber zahlreiche jagdpolizeiliche Vorschriften; wie
denn auch die Grundrechte selbst erklärt hatten: „Die Ausübung des Jagd¬
rechts aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und des gemeinen Wohls zu
ordnen, bleibt der Landesgesetzgebung vorbehalten."

Anlangend ferner die Schlußbestimmung des Art. VIII: „Die Strafe
der Vermögenseinziehung soll nicht stattfinden", so ist daran zu er¬
innern, daß eine Confiscation des ganzen Vermögens unserer dermaligen
Strafgesetzgebung ebenfalls fremd ist, und daß in dem Reichsstrafgesetzbuch
nur die Einziehung einzelner bestimmter Vermögensobjecte, namentlich die
Confiscation von Verbrechensgegenständen, statuirt wird.

Wenn endlich der Art. VIII die Verheißung enthielt: „Das geistige
Eigenthum soll durch die Reichsgesetzgebung geschützt werden", so hat
bereits die Gesetzgebung des norddeutschen Bundes dies Vermächtnis) der
Frankfurter Nationalversammlung angetreten, und das norddeutsche Bundes¬
gesetz vom 11. Juni 1870, betreffend das Urheberrecht von Schriftwerken,
Abbildungen, musikalischen Compositionen und dramatischen Werken ist nun¬
mehr zum Reichsgesetz erhoben. Auch haben wir hier das Reichsgesetz über den
Markenschutz vom 30. November 1874 und dasjenige über das Urheberrecht
an Mustern und Modellen vom 11. Januar 1876 zu verzeichnen und der
zahlreichen Handelsverträge zu gedenken, welche bereits seitens des deutschen


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[0467] ökonomen beschäftigte Controverse über die Zweckmäßigkeit der Dismembra- tivnsverbote absehen, so soll doch wenigstens darauf hingewiesen werden, daß eine generelle Aufhebung derselben bei der Verschiedenheit der Kulturverhält- nisft der einzelnen deutschen Territorien immerhin bedenklich gewesen wäre, und daß jedenfalls mit Rücksicht hierauf im Art. VIII der Grundrechte selbst gesagt war: „Den Einzelstaaten bleibt es überlassen, die Durchführung des Grundsatzes der Theilbarkeit alles Grundeigenthums durch Uebergangsgesetze zu vermitteln." Der weiter im Art. VIII enthaltene Grundsatz, daß in dem Grund¬ eigenthum die Berechtigung zur Jagd auf dem Grund und Boden liege, bildet bekanntlich die Basis der modernen deutschen Jagdgesetzgebung über¬ haupt, welche, ebenso wie dies in den Grundrechten geschah, die Jagdgerechtigkeit auf fremdem Grund und Boden beseitigt hat. Nur wird in ganz zweckmäßiger Weise die selbständige Ausübung dieses Jagdrechts durch den Gcundeigen- thümer selbst von dem Besitz einer größeren zusammenhängenden Bodenfläche abhängig gemacht, deren Minimalgröße In den einzelnen Jagdgesetzen ver¬ schieden bestimmt ist; während die kleineren Grundstücke zu Jagdbezirken ver¬ einigt werden, in denen entweder die politische Gemeinde oder, wie z. B. in Sachsen, besondere Jagdgenossenschaften die Jagd für die Grundeigenthümer ausüben. Daneben bestehen aber zahlreiche jagdpolizeiliche Vorschriften; wie denn auch die Grundrechte selbst erklärt hatten: „Die Ausübung des Jagd¬ rechts aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und des gemeinen Wohls zu ordnen, bleibt der Landesgesetzgebung vorbehalten." Anlangend ferner die Schlußbestimmung des Art. VIII: „Die Strafe der Vermögenseinziehung soll nicht stattfinden", so ist daran zu er¬ innern, daß eine Confiscation des ganzen Vermögens unserer dermaligen Strafgesetzgebung ebenfalls fremd ist, und daß in dem Reichsstrafgesetzbuch nur die Einziehung einzelner bestimmter Vermögensobjecte, namentlich die Confiscation von Verbrechensgegenständen, statuirt wird. Wenn endlich der Art. VIII die Verheißung enthielt: „Das geistige Eigenthum soll durch die Reichsgesetzgebung geschützt werden", so hat bereits die Gesetzgebung des norddeutschen Bundes dies Vermächtnis) der Frankfurter Nationalversammlung angetreten, und das norddeutsche Bundes¬ gesetz vom 11. Juni 1870, betreffend das Urheberrecht von Schriftwerken, Abbildungen, musikalischen Compositionen und dramatischen Werken ist nun¬ mehr zum Reichsgesetz erhoben. Auch haben wir hier das Reichsgesetz über den Markenschutz vom 30. November 1874 und dasjenige über das Urheberrecht an Mustern und Modellen vom 11. Januar 1876 zu verzeichnen und der zahlreichen Handelsverträge zu gedenken, welche bereits seitens des deutschen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/467>, abgerufen am 27.09.2024.