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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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sind davon befreit, müssen aber eine Art Einstandsgeld, früher Charadsch,
jetzt Woiniza oder Betel genannt, zahlen, welches 3 bis 5000 Piaster be¬
trägt, die. unverzüglich nach der Geburt eines Rajah-Kindes männlichen Ge¬
schlechtes erlegt werden sollen.

Die Provinzen der Türkei zerfallen in militärischer Hinsicht in solche,
die von der Aushebung berührt, und in solche, welche von ihr nicht berührt
werden. Frei von aller Recrutirung sind (in Folge alter Privilegien) die
Hauptstadt, dann die Insel Kreta, wo die Regierung durch Schonung des fast
nur auf die Städte beschränkten muhamedanischen Elements ein allzu starkes
Ueberwiegen des christlichen verhüten will, das Vilajet Skodra in Nordal¬
banien, welches dafür in Kriegszeiten ein Contingent von 10,000 freiwilligen
Arnauten stellt, gewisse Gebirgsstriche im Taurus und in Armenien, ferner
ein großer Theil Kurdistans, wo nur die Grenzstriche Recruten liefern, end¬
lich die Wüstenstämme Syriens und Iraks. Man kann die Einwohnerzahl
dieser Gegenden auf reichlich vier Millionen veranschlagen, und sollte das
Heer die oben angegebne Stärke einmal erreichen, so würden auf je hundert
muhamedanische Einwohner nicht weniger als sechs Soldaten kommen, eine
Ueberlastung, welche die Pforte veranlaßt hat, sich immer neue Reerutirungs-
gebiete zu verschaffen, was durch Unterwerfung der halbunabhängigen Stämme
der asiatischen Retchshälfte geschah und unter Anderm zu den gelungenen
Expeditionen in Arabien führte.

Die türkische Armee gliedert sich gegenwärtig und seit 1874 in sieben
Armeecorps (Ordu), von denen das erste in Konstantinopel, das zweite in
Schumla, das dritte in Monasttr, das vierte in Erzerum, das fünfte in
Damaskus, das sechste in Bagdad und das siebente zu Sana" in Minen
sein Hauptquartier hat. Jedes Armeecorps soll etatmäßig bestehen aus
6 Infanterieregimentern (Plate Alai) zu 3 Bataillonen (Tabur) von 8 Com¬
pagnien (Böluk). ferner 6 Jägerbataillonen, von denen jedes gleichfalls 8
Compagnien zählt. 4 Reiterregimentern (Süwari Alai) zu 6 Schwadronen,
1 Artillerieregiment (Toptschu Alai) zu 9 Fuß-, 3 reitenden, 1 Gebirgs- und
1 Mitrailleusenbatterie, endlich 1 Sappeurcompagnie (Jstikiam Bölüki).
Diese etatmäßige Stärke wird aber von einigen Ordus erheblich überschritten,
und andere wieder erreichen sie nicht ganz, wie folgende Tabelle zeigt:

I. Armeecorps 7 Infant. Reg. 7 Jägerbat. 7 Kavalleriercg. 2 Art. Reg.<sapp. "ü,omp
II- " 5 " " 5 ., 4 " 1 " "
III. ., 10 ., " 6 .. 4 .. 1 ., ..
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VII. " s " " 5 .. 2 Schwadr. c! Natter.

sind davon befreit, müssen aber eine Art Einstandsgeld, früher Charadsch,
jetzt Woiniza oder Betel genannt, zahlen, welches 3 bis 5000 Piaster be¬
trägt, die. unverzüglich nach der Geburt eines Rajah-Kindes männlichen Ge¬
schlechtes erlegt werden sollen.

Die Provinzen der Türkei zerfallen in militärischer Hinsicht in solche,
die von der Aushebung berührt, und in solche, welche von ihr nicht berührt
werden. Frei von aller Recrutirung sind (in Folge alter Privilegien) die
Hauptstadt, dann die Insel Kreta, wo die Regierung durch Schonung des fast
nur auf die Städte beschränkten muhamedanischen Elements ein allzu starkes
Ueberwiegen des christlichen verhüten will, das Vilajet Skodra in Nordal¬
banien, welches dafür in Kriegszeiten ein Contingent von 10,000 freiwilligen
Arnauten stellt, gewisse Gebirgsstriche im Taurus und in Armenien, ferner
ein großer Theil Kurdistans, wo nur die Grenzstriche Recruten liefern, end¬
lich die Wüstenstämme Syriens und Iraks. Man kann die Einwohnerzahl
dieser Gegenden auf reichlich vier Millionen veranschlagen, und sollte das
Heer die oben angegebne Stärke einmal erreichen, so würden auf je hundert
muhamedanische Einwohner nicht weniger als sechs Soldaten kommen, eine
Ueberlastung, welche die Pforte veranlaßt hat, sich immer neue Reerutirungs-
gebiete zu verschaffen, was durch Unterwerfung der halbunabhängigen Stämme
der asiatischen Retchshälfte geschah und unter Anderm zu den gelungenen
Expeditionen in Arabien führte.

Die türkische Armee gliedert sich gegenwärtig und seit 1874 in sieben
Armeecorps (Ordu), von denen das erste in Konstantinopel, das zweite in
Schumla, das dritte in Monasttr, das vierte in Erzerum, das fünfte in
Damaskus, das sechste in Bagdad und das siebente zu Sana« in Minen
sein Hauptquartier hat. Jedes Armeecorps soll etatmäßig bestehen aus
6 Infanterieregimentern (Plate Alai) zu 3 Bataillonen (Tabur) von 8 Com¬
pagnien (Böluk). ferner 6 Jägerbataillonen, von denen jedes gleichfalls 8
Compagnien zählt. 4 Reiterregimentern (Süwari Alai) zu 6 Schwadronen,
1 Artillerieregiment (Toptschu Alai) zu 9 Fuß-, 3 reitenden, 1 Gebirgs- und
1 Mitrailleusenbatterie, endlich 1 Sappeurcompagnie (Jstikiam Bölüki).
Diese etatmäßige Stärke wird aber von einigen Ordus erheblich überschritten,
und andere wieder erreichen sie nicht ganz, wie folgende Tabelle zeigt:

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[0348] sind davon befreit, müssen aber eine Art Einstandsgeld, früher Charadsch, jetzt Woiniza oder Betel genannt, zahlen, welches 3 bis 5000 Piaster be¬ trägt, die. unverzüglich nach der Geburt eines Rajah-Kindes männlichen Ge¬ schlechtes erlegt werden sollen. Die Provinzen der Türkei zerfallen in militärischer Hinsicht in solche, die von der Aushebung berührt, und in solche, welche von ihr nicht berührt werden. Frei von aller Recrutirung sind (in Folge alter Privilegien) die Hauptstadt, dann die Insel Kreta, wo die Regierung durch Schonung des fast nur auf die Städte beschränkten muhamedanischen Elements ein allzu starkes Ueberwiegen des christlichen verhüten will, das Vilajet Skodra in Nordal¬ banien, welches dafür in Kriegszeiten ein Contingent von 10,000 freiwilligen Arnauten stellt, gewisse Gebirgsstriche im Taurus und in Armenien, ferner ein großer Theil Kurdistans, wo nur die Grenzstriche Recruten liefern, end¬ lich die Wüstenstämme Syriens und Iraks. Man kann die Einwohnerzahl dieser Gegenden auf reichlich vier Millionen veranschlagen, und sollte das Heer die oben angegebne Stärke einmal erreichen, so würden auf je hundert muhamedanische Einwohner nicht weniger als sechs Soldaten kommen, eine Ueberlastung, welche die Pforte veranlaßt hat, sich immer neue Reerutirungs- gebiete zu verschaffen, was durch Unterwerfung der halbunabhängigen Stämme der asiatischen Retchshälfte geschah und unter Anderm zu den gelungenen Expeditionen in Arabien führte. Die türkische Armee gliedert sich gegenwärtig und seit 1874 in sieben Armeecorps (Ordu), von denen das erste in Konstantinopel, das zweite in Schumla, das dritte in Monasttr, das vierte in Erzerum, das fünfte in Damaskus, das sechste in Bagdad und das siebente zu Sana« in Minen sein Hauptquartier hat. Jedes Armeecorps soll etatmäßig bestehen aus 6 Infanterieregimentern (Plate Alai) zu 3 Bataillonen (Tabur) von 8 Com¬ pagnien (Böluk). ferner 6 Jägerbataillonen, von denen jedes gleichfalls 8 Compagnien zählt. 4 Reiterregimentern (Süwari Alai) zu 6 Schwadronen, 1 Artillerieregiment (Toptschu Alai) zu 9 Fuß-, 3 reitenden, 1 Gebirgs- und 1 Mitrailleusenbatterie, endlich 1 Sappeurcompagnie (Jstikiam Bölüki). Diese etatmäßige Stärke wird aber von einigen Ordus erheblich überschritten, und andere wieder erreichen sie nicht ganz, wie folgende Tabelle zeigt: I. Armeecorps 7 Infant. Reg. 7 Jägerbat. 7 Kavalleriercg. 2 Art. Reg.<sapp. «ü,omp II- „ 5 „ „ 5 ., 4 „ 1 „ „ III. ., 10 ., „ 6 .. 4 .. 1 ., .. IV. ö ., ., ö „ 4 > „ 1 „ ., V- ., S „ „ ö „ 4 ., 1 „ „ VI- „ K „ ,, 5 „ 4 ., 1 „ VII. „ s „ „ 5 .. 2 Schwadr. c! Natter.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/348>, abgerufen am 20.10.2024.