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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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Privilegien oder gar Monopole zu schaffen, durch welche die Concurrenz
Anderer mehr oder weniger ausgeschlossen wurde. Denn sobald durch eine
solche Ausschließung das Angebot sich auf eine oder wenige Quellen be-
schränkt, können diese den Preis dictiren und brauchen deshalb nicht so sehr
bemüht zu sein, ihre Erzeugnisse in der möglichst besten Qualität herzustellen
und zu verabreichen. Unter dem Schutze des Privilegiums oder des Mono"
pols werden die Producenten demnach träge und bequem, denn da ihnen der
Absatz ohnehin sicher ist, finden sie es nicht nöthig, sich nach den neusten
Vervollkommnungen und Verbesserungen ihrer Productionsmittel, noch nach
veredelter Form und Inhalt ihrer Producte, wie sie vielleicht in anderen
Ländern zu Tage getreten sind, umzuthun. Der geschützte Industriezweig
bleibt unter solchen Umständen also zurück; die Geschicklichkeit der Arbeiter
vermindert sich, das Publikum erhält zu höherem Preis schlechtere Waare
und die Exportfähigkeit des Jndustriezweiges wird geschmälert. In diesem
Sinne hat deshalb die Volkswirthschaftslehre über das Privileg und das
Monopol auf dem Gebiet des Erwerbslebens ihr Verdammungsurtheil aus¬
gesprochen! Allein dasselbe kann sich nur so weit erstrecken, als es sich um
ein Gebiet handelt, auf welchem die volle freie Concurrenz der Producenten
möglich ist. Es muß aber nun, um nicht einseitig zu urtheilen, ins Auge
gefaßt werden, daß diese unbeschränkte freie Concurrenz nicht auf allen Ge¬
bieten des Erwerbslebens möglich ist; denn es giebt Beschäftigungszweige, bei
welchen entweder durch die Natur der Dinge oder der Gesetzgebung die freie Concur¬
renz ausgeschlossen ist und die betreffende Beschäftigung nur in der Form des
Privilegiums oder des Monopols ausgeübt werden kann. So kann man z.
B. die freie Concurrenz in der Anfertigung von Münzen nicht gestatten,
auch wenn sie in vollkommenem Schrot und Korn geschlagen würden, so be¬
darf die Pulverfabrication gewisser einschränkender Maßregeln, ebenso der
Verkauf von Gift. So kann die Post nicht der allgemeinen Concurrenz über¬
lassen werden. In ähnlicher Weise ist die freie Concurrenz bei der Anlegung
von Canälen und Eisenbahnen durch die Natur der Dinge ausgeschlossen.
Diesen Unternehmungen haftet schon von Natur aus der Character des
Privilegiums an, weil sie nur durch eine vom Staat zu gewährleistende Ex¬
propriation ins Leben geführt werden können. Für diese Leistung der Ex¬
propriation hat der Staat natürlich das Recht eine Gegenleistung zu fordern.
Abgesehen davon, daß schon aus diesem Grunde von freier Concurrenz keine
Rede sein kann, verbietet sich dieselbe aber auch aus natürlichen Gründen.
Denn die Beschränktheit des Bodens gebietet ein gewisses Maß in der An¬
legung solcher Verkehrswege, und würde dieses Hinderniß auch bis auf einen
gewissen Grad beseitigt werden können, so ist doch außerdem ein anderes
unübersteigliches Hemmniß in dem Mangel an Capital vorhanden. Auch


Privilegien oder gar Monopole zu schaffen, durch welche die Concurrenz
Anderer mehr oder weniger ausgeschlossen wurde. Denn sobald durch eine
solche Ausschließung das Angebot sich auf eine oder wenige Quellen be-
schränkt, können diese den Preis dictiren und brauchen deshalb nicht so sehr
bemüht zu sein, ihre Erzeugnisse in der möglichst besten Qualität herzustellen
und zu verabreichen. Unter dem Schutze des Privilegiums oder des Mono«
pols werden die Producenten demnach träge und bequem, denn da ihnen der
Absatz ohnehin sicher ist, finden sie es nicht nöthig, sich nach den neusten
Vervollkommnungen und Verbesserungen ihrer Productionsmittel, noch nach
veredelter Form und Inhalt ihrer Producte, wie sie vielleicht in anderen
Ländern zu Tage getreten sind, umzuthun. Der geschützte Industriezweig
bleibt unter solchen Umständen also zurück; die Geschicklichkeit der Arbeiter
vermindert sich, das Publikum erhält zu höherem Preis schlechtere Waare
und die Exportfähigkeit des Jndustriezweiges wird geschmälert. In diesem
Sinne hat deshalb die Volkswirthschaftslehre über das Privileg und das
Monopol auf dem Gebiet des Erwerbslebens ihr Verdammungsurtheil aus¬
gesprochen! Allein dasselbe kann sich nur so weit erstrecken, als es sich um
ein Gebiet handelt, auf welchem die volle freie Concurrenz der Producenten
möglich ist. Es muß aber nun, um nicht einseitig zu urtheilen, ins Auge
gefaßt werden, daß diese unbeschränkte freie Concurrenz nicht auf allen Ge¬
bieten des Erwerbslebens möglich ist; denn es giebt Beschäftigungszweige, bei
welchen entweder durch die Natur der Dinge oder der Gesetzgebung die freie Concur¬
renz ausgeschlossen ist und die betreffende Beschäftigung nur in der Form des
Privilegiums oder des Monopols ausgeübt werden kann. So kann man z.
B. die freie Concurrenz in der Anfertigung von Münzen nicht gestatten,
auch wenn sie in vollkommenem Schrot und Korn geschlagen würden, so be¬
darf die Pulverfabrication gewisser einschränkender Maßregeln, ebenso der
Verkauf von Gift. So kann die Post nicht der allgemeinen Concurrenz über¬
lassen werden. In ähnlicher Weise ist die freie Concurrenz bei der Anlegung
von Canälen und Eisenbahnen durch die Natur der Dinge ausgeschlossen.
Diesen Unternehmungen haftet schon von Natur aus der Character des
Privilegiums an, weil sie nur durch eine vom Staat zu gewährleistende Ex¬
propriation ins Leben geführt werden können. Für diese Leistung der Ex¬
propriation hat der Staat natürlich das Recht eine Gegenleistung zu fordern.
Abgesehen davon, daß schon aus diesem Grunde von freier Concurrenz keine
Rede sein kann, verbietet sich dieselbe aber auch aus natürlichen Gründen.
Denn die Beschränktheit des Bodens gebietet ein gewisses Maß in der An¬
legung solcher Verkehrswege, und würde dieses Hinderniß auch bis auf einen
gewissen Grad beseitigt werden können, so ist doch außerdem ein anderes
unübersteigliches Hemmniß in dem Mangel an Capital vorhanden. Auch


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[0298] Privilegien oder gar Monopole zu schaffen, durch welche die Concurrenz Anderer mehr oder weniger ausgeschlossen wurde. Denn sobald durch eine solche Ausschließung das Angebot sich auf eine oder wenige Quellen be- schränkt, können diese den Preis dictiren und brauchen deshalb nicht so sehr bemüht zu sein, ihre Erzeugnisse in der möglichst besten Qualität herzustellen und zu verabreichen. Unter dem Schutze des Privilegiums oder des Mono« pols werden die Producenten demnach träge und bequem, denn da ihnen der Absatz ohnehin sicher ist, finden sie es nicht nöthig, sich nach den neusten Vervollkommnungen und Verbesserungen ihrer Productionsmittel, noch nach veredelter Form und Inhalt ihrer Producte, wie sie vielleicht in anderen Ländern zu Tage getreten sind, umzuthun. Der geschützte Industriezweig bleibt unter solchen Umständen also zurück; die Geschicklichkeit der Arbeiter vermindert sich, das Publikum erhält zu höherem Preis schlechtere Waare und die Exportfähigkeit des Jndustriezweiges wird geschmälert. In diesem Sinne hat deshalb die Volkswirthschaftslehre über das Privileg und das Monopol auf dem Gebiet des Erwerbslebens ihr Verdammungsurtheil aus¬ gesprochen! Allein dasselbe kann sich nur so weit erstrecken, als es sich um ein Gebiet handelt, auf welchem die volle freie Concurrenz der Producenten möglich ist. Es muß aber nun, um nicht einseitig zu urtheilen, ins Auge gefaßt werden, daß diese unbeschränkte freie Concurrenz nicht auf allen Ge¬ bieten des Erwerbslebens möglich ist; denn es giebt Beschäftigungszweige, bei welchen entweder durch die Natur der Dinge oder der Gesetzgebung die freie Concur¬ renz ausgeschlossen ist und die betreffende Beschäftigung nur in der Form des Privilegiums oder des Monopols ausgeübt werden kann. So kann man z. B. die freie Concurrenz in der Anfertigung von Münzen nicht gestatten, auch wenn sie in vollkommenem Schrot und Korn geschlagen würden, so be¬ darf die Pulverfabrication gewisser einschränkender Maßregeln, ebenso der Verkauf von Gift. So kann die Post nicht der allgemeinen Concurrenz über¬ lassen werden. In ähnlicher Weise ist die freie Concurrenz bei der Anlegung von Canälen und Eisenbahnen durch die Natur der Dinge ausgeschlossen. Diesen Unternehmungen haftet schon von Natur aus der Character des Privilegiums an, weil sie nur durch eine vom Staat zu gewährleistende Ex¬ propriation ins Leben geführt werden können. Für diese Leistung der Ex¬ propriation hat der Staat natürlich das Recht eine Gegenleistung zu fordern. Abgesehen davon, daß schon aus diesem Grunde von freier Concurrenz keine Rede sein kann, verbietet sich dieselbe aber auch aus natürlichen Gründen. Denn die Beschränktheit des Bodens gebietet ein gewisses Maß in der An¬ legung solcher Verkehrswege, und würde dieses Hinderniß auch bis auf einen gewissen Grad beseitigt werden können, so ist doch außerdem ein anderes unübersteigliches Hemmniß in dem Mangel an Capital vorhanden. Auch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/298>, abgerufen am 20.10.2024.