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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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mit ihnen Dörfer und Ländereien, stets kleine Gefechte mit den Mrginiern
bestehend, und brannte Norfolk den 1. Januar 1776 nieder.

An diesem Tage, der das wichtigste Jahr der amerikanischen Geschichte
einführte, entfaltete sich vor Boston, welches Washington unablässig be¬
lagerte, zum ersten Male das dreifarbige Banner mit dreizehn roth und weißen
Streifen und den vereinigten roth und weißen Kreuzen von Se. Georg und
Se. Andreas auf blauem Grunde, die Sterne waren noch nicht zur Ver¬
wendung gekommen. Washington sah jetzt ein, Amerika und England könnten
nicht länger mehr eines Weges ziehen, die Presse schloß sich überwiegend
dieser Ansicht an. welche ihren glänzendsten Vertreter in Thomas Paine
fand -- sein Schriftchen "Gesunder Menschenverstand" wurde in jedem Hause
und in jeder Hütte, auf dem Felde und auf der Straße gelesen und hat,
wenn eines, das letzte Band zwischen Amerika und England zerrissen; es er¬
schien den 8. Januar 1776.

Samuel Adams und Franklin setzten alle Kräfte ein, um eine Conföde-
ration aller Colonien zu erwirken; Franklin legte am 16. Januar seinen
Plan vor, wurde aber nochmals überstimmt, denn der Lauer und Furchtsamen
waren noch gar Viele im Lande. Virginien, immer voran auf dem Pfade
der Selbstbefreiung, verlangte am 20. Januar die Oeffnung aller Häfen in
den Colonien für jede Nation außer der britischen und legte so den Grund¬
stein zu dem amerikanischen Hand,el mit der ganzen Welt.

Fremde Söldlinge, von ihren Herren schamlos wie Vieh an Georg ver¬
kauft, wurden gegen die keimende Freiheit jenseits der Meere ausgesendet.
Braunschweig, Kassel und Waldeck waren am bereitwilligsten.

In Nordcarolina wurden die Königlichen am 27. Februar in einer
Schlacht gänzlich besiegt, und auch hier gewann der Gedanke an Unabhängig,
keit immer mehr an Boden. Nach großen Strapazen und heroischen Ent¬
behrungen gelang es Washington in der Nacht zum 5. März die Höhen um
Boston zu nehmen und rasch neue Befestigungen aufzuwerfen; dann bom-
bardirte er Boston mit großer Heftigkeit, vergebens versuchten die Briten ihn
zu verdrängen; Howe sah sich am 17. März genöthigt mit seinem Heere
Boston zu räumen und sich nach Neuschottland einzuschiffen. Große Beute
fiel in die Hände der Amerikaner, Washington zog als ein wahrer Vater
des Vaterlands, begrüßt in die lange geängstigte Stadt der Freiheit ein.
Jubel erfüllte den ganzen Continent, der Congreß beglückwünschte Washing¬
ton in einer Dankadresse und ließ ihm zu Ehren eine goldene Medaille
prägen.

Sobald Amerika die Parlamentsakte erhielt, durch welchen der Handel
und Verkehr mit ihm verboten und seine Schiffe zur guten Prise erklärt
worden waren, antwortete es am 18. März, zwar nicht mit einer Kriegser-


mit ihnen Dörfer und Ländereien, stets kleine Gefechte mit den Mrginiern
bestehend, und brannte Norfolk den 1. Januar 1776 nieder.

An diesem Tage, der das wichtigste Jahr der amerikanischen Geschichte
einführte, entfaltete sich vor Boston, welches Washington unablässig be¬
lagerte, zum ersten Male das dreifarbige Banner mit dreizehn roth und weißen
Streifen und den vereinigten roth und weißen Kreuzen von Se. Georg und
Se. Andreas auf blauem Grunde, die Sterne waren noch nicht zur Ver¬
wendung gekommen. Washington sah jetzt ein, Amerika und England könnten
nicht länger mehr eines Weges ziehen, die Presse schloß sich überwiegend
dieser Ansicht an. welche ihren glänzendsten Vertreter in Thomas Paine
fand — sein Schriftchen „Gesunder Menschenverstand" wurde in jedem Hause
und in jeder Hütte, auf dem Felde und auf der Straße gelesen und hat,
wenn eines, das letzte Band zwischen Amerika und England zerrissen; es er¬
schien den 8. Januar 1776.

Samuel Adams und Franklin setzten alle Kräfte ein, um eine Conföde-
ration aller Colonien zu erwirken; Franklin legte am 16. Januar seinen
Plan vor, wurde aber nochmals überstimmt, denn der Lauer und Furchtsamen
waren noch gar Viele im Lande. Virginien, immer voran auf dem Pfade
der Selbstbefreiung, verlangte am 20. Januar die Oeffnung aller Häfen in
den Colonien für jede Nation außer der britischen und legte so den Grund¬
stein zu dem amerikanischen Hand,el mit der ganzen Welt.

Fremde Söldlinge, von ihren Herren schamlos wie Vieh an Georg ver¬
kauft, wurden gegen die keimende Freiheit jenseits der Meere ausgesendet.
Braunschweig, Kassel und Waldeck waren am bereitwilligsten.

In Nordcarolina wurden die Königlichen am 27. Februar in einer
Schlacht gänzlich besiegt, und auch hier gewann der Gedanke an Unabhängig,
keit immer mehr an Boden. Nach großen Strapazen und heroischen Ent¬
behrungen gelang es Washington in der Nacht zum 5. März die Höhen um
Boston zu nehmen und rasch neue Befestigungen aufzuwerfen; dann bom-
bardirte er Boston mit großer Heftigkeit, vergebens versuchten die Briten ihn
zu verdrängen; Howe sah sich am 17. März genöthigt mit seinem Heere
Boston zu räumen und sich nach Neuschottland einzuschiffen. Große Beute
fiel in die Hände der Amerikaner, Washington zog als ein wahrer Vater
des Vaterlands, begrüßt in die lange geängstigte Stadt der Freiheit ein.
Jubel erfüllte den ganzen Continent, der Congreß beglückwünschte Washing¬
ton in einer Dankadresse und ließ ihm zu Ehren eine goldene Medaille
prägen.

Sobald Amerika die Parlamentsakte erhielt, durch welchen der Handel
und Verkehr mit ihm verboten und seine Schiffe zur guten Prise erklärt
worden waren, antwortete es am 18. März, zwar nicht mit einer Kriegser-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/235>, abgerufen am 27.09.2024.