Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

entsetzlichen Türkeneinfälle, die 1629 und 1632 Oesterreich und Steiermark
direct trafen, und die Nothwendigkeit, das Habsburgische Ungarn gegen sie
Jahrzehnte lang zu vertheidigen, zwangen Admont, auf eigne Kosten ein
Truppencorps zu stellen und den dritten Theil seiner Einkünfte als "Türken¬
steuer" zu liefern, was Alles nur durch Aufopferung fast sämmtlicher Kirchen¬
geräthe und zahlreicher Stiftsgüter zu ermöglichen war. Die Existenz aber
des ganzen Ordenshauses stellte die Reformation in Frage. Denn auch in
Steiermark griff die Lehre Luther's mit reißender Schnelligkeit um sich und
fand im oberen Theile des Landes, im Enns- und Paltenthale, seit der Mitte
des Jahrhunderts in den begabten und mit aller Bildung ihrer Zeit ver¬
trauten Brüdern Friedrich und Adam Ferdinand Hoffmann, Herren des
prächtigen Schlosses Strechau bei Rottenmann, eifrige Förderung und feste
Stütze. Aller Orten auf ihren Gütern setzten die Brüder lutherische Prediger
ein, selbst in der unmittelbaren Nähe Admonts; bei Rottenmann bauten
sie eine stattliche protestantische Kirche und waren willens, hier eine Super-
intendur zu gründen. Dies Alles würde zwar die Abtei noch nicht direct
bedroht haben, aber tödtltch mußte es ihr werden, wenn ein Zustand dauerte,
wie er unter dem 1545 gewählten, sehr tüchtigen Abte Valentin Abel ein¬
trat. Denn bei aller Sorge für das materielle Wohs des Stifts war Abel
ein offner Anhänger Luther's und stand mit ihm in Briefwechsel. Auch die
meisten Mönche neigten sich der neuen Richtung zu. Das mußte mochte
auch der Abt formell noch den Convent zusammenhalten, unfehlbar zu seiner
Auflösung führen, und das Nonnenkloster löste sich in der That auf; 1568
starb die letzte Nonne. Da war es wie überall in Steiermark das gewalt¬
same Eingreifen der landesherrlichen Macht, welche die neue Lehre unterdrückte
und damit allerdings auch das Stift rettete. Eine "Reformationscommisston"
Erzherzog Karl's II. erschien 1568 in Admont, erzwang die Resignation
Val. Abel's und berief den Italiener Lorenzo Lombards zum Abte. Man
sieht auch hier, wie die Gegenreformation, die von Spanien und Italien
ausging, sich immer wieder auf die Fremden stützte; war doch auch die von
Karl 1572 begründete Jesuitenevlonie in Graz, der er 1586 eine glänzend
ausgestattete Universität einrichtete, und die ganz besonders die Katholisirung
Steiermarks leitete, zumeist italienisch. Lombards freilich sah sich noch nicht
im Stande, die alte Ordnung ganz wiederherzustellen; das blieb einem
Deutschen überlassen, Johann Hoffmann aus Kärnthen (Abt 1581--1614),
der in Rom und Perugia gebildet war, also auch unter italienischem Einfluß
stand. Er war es denn, der, unterstützt von der Regierung des fanatischen
Jesuitenzöglings Ferdinand II., dem es ganz wie Philipp II. von Spanien
lieber war, über eine Wüste als über Ketzer zu herrschen, rings um Admont,
im Enns- und Paltenthale, die Vernichtung des Protestantismus mit brutaler


entsetzlichen Türkeneinfälle, die 1629 und 1632 Oesterreich und Steiermark
direct trafen, und die Nothwendigkeit, das Habsburgische Ungarn gegen sie
Jahrzehnte lang zu vertheidigen, zwangen Admont, auf eigne Kosten ein
Truppencorps zu stellen und den dritten Theil seiner Einkünfte als „Türken¬
steuer" zu liefern, was Alles nur durch Aufopferung fast sämmtlicher Kirchen¬
geräthe und zahlreicher Stiftsgüter zu ermöglichen war. Die Existenz aber
des ganzen Ordenshauses stellte die Reformation in Frage. Denn auch in
Steiermark griff die Lehre Luther's mit reißender Schnelligkeit um sich und
fand im oberen Theile des Landes, im Enns- und Paltenthale, seit der Mitte
des Jahrhunderts in den begabten und mit aller Bildung ihrer Zeit ver¬
trauten Brüdern Friedrich und Adam Ferdinand Hoffmann, Herren des
prächtigen Schlosses Strechau bei Rottenmann, eifrige Förderung und feste
Stütze. Aller Orten auf ihren Gütern setzten die Brüder lutherische Prediger
ein, selbst in der unmittelbaren Nähe Admonts; bei Rottenmann bauten
sie eine stattliche protestantische Kirche und waren willens, hier eine Super-
intendur zu gründen. Dies Alles würde zwar die Abtei noch nicht direct
bedroht haben, aber tödtltch mußte es ihr werden, wenn ein Zustand dauerte,
wie er unter dem 1545 gewählten, sehr tüchtigen Abte Valentin Abel ein¬
trat. Denn bei aller Sorge für das materielle Wohs des Stifts war Abel
ein offner Anhänger Luther's und stand mit ihm in Briefwechsel. Auch die
meisten Mönche neigten sich der neuen Richtung zu. Das mußte mochte
auch der Abt formell noch den Convent zusammenhalten, unfehlbar zu seiner
Auflösung führen, und das Nonnenkloster löste sich in der That auf; 1568
starb die letzte Nonne. Da war es wie überall in Steiermark das gewalt¬
same Eingreifen der landesherrlichen Macht, welche die neue Lehre unterdrückte
und damit allerdings auch das Stift rettete. Eine „Reformationscommisston"
Erzherzog Karl's II. erschien 1568 in Admont, erzwang die Resignation
Val. Abel's und berief den Italiener Lorenzo Lombards zum Abte. Man
sieht auch hier, wie die Gegenreformation, die von Spanien und Italien
ausging, sich immer wieder auf die Fremden stützte; war doch auch die von
Karl 1572 begründete Jesuitenevlonie in Graz, der er 1586 eine glänzend
ausgestattete Universität einrichtete, und die ganz besonders die Katholisirung
Steiermarks leitete, zumeist italienisch. Lombards freilich sah sich noch nicht
im Stande, die alte Ordnung ganz wiederherzustellen; das blieb einem
Deutschen überlassen, Johann Hoffmann aus Kärnthen (Abt 1581—1614),
der in Rom und Perugia gebildet war, also auch unter italienischem Einfluß
stand. Er war es denn, der, unterstützt von der Regierung des fanatischen
Jesuitenzöglings Ferdinand II., dem es ganz wie Philipp II. von Spanien
lieber war, über eine Wüste als über Ketzer zu herrschen, rings um Admont,
im Enns- und Paltenthale, die Vernichtung des Protestantismus mit brutaler


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0223" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/136334"/>
          <p xml:id="ID_544" prev="#ID_543" next="#ID_545"> entsetzlichen Türkeneinfälle, die 1629 und 1632 Oesterreich und Steiermark<lb/>
direct trafen, und die Nothwendigkeit, das Habsburgische Ungarn gegen sie<lb/>
Jahrzehnte lang zu vertheidigen, zwangen Admont, auf eigne Kosten ein<lb/>
Truppencorps zu stellen und den dritten Theil seiner Einkünfte als &#x201E;Türken¬<lb/>
steuer" zu liefern, was Alles nur durch Aufopferung fast sämmtlicher Kirchen¬<lb/>
geräthe und zahlreicher Stiftsgüter zu ermöglichen war. Die Existenz aber<lb/>
des ganzen Ordenshauses stellte die Reformation in Frage. Denn auch in<lb/>
Steiermark griff die Lehre Luther's mit reißender Schnelligkeit um sich und<lb/>
fand im oberen Theile des Landes, im Enns- und Paltenthale, seit der Mitte<lb/>
des Jahrhunderts in den begabten und mit aller Bildung ihrer Zeit ver¬<lb/>
trauten Brüdern Friedrich und Adam Ferdinand Hoffmann, Herren des<lb/>
prächtigen Schlosses Strechau bei Rottenmann, eifrige Förderung und feste<lb/>
Stütze. Aller Orten auf ihren Gütern setzten die Brüder lutherische Prediger<lb/>
ein, selbst in der unmittelbaren Nähe Admonts; bei Rottenmann bauten<lb/>
sie eine stattliche protestantische Kirche und waren willens, hier eine Super-<lb/>
intendur zu gründen. Dies Alles würde zwar die Abtei noch nicht direct<lb/>
bedroht haben, aber tödtltch mußte es ihr werden, wenn ein Zustand dauerte,<lb/>
wie er unter dem 1545 gewählten, sehr tüchtigen Abte Valentin Abel ein¬<lb/>
trat. Denn bei aller Sorge für das materielle Wohs des Stifts war Abel<lb/>
ein offner Anhänger Luther's und stand mit ihm in Briefwechsel. Auch die<lb/>
meisten Mönche neigten sich der neuen Richtung zu. Das mußte mochte<lb/>
auch der Abt formell noch den Convent zusammenhalten, unfehlbar zu seiner<lb/>
Auflösung führen, und das Nonnenkloster löste sich in der That auf; 1568<lb/>
starb die letzte Nonne. Da war es wie überall in Steiermark das gewalt¬<lb/>
same Eingreifen der landesherrlichen Macht, welche die neue Lehre unterdrückte<lb/>
und damit allerdings auch das Stift rettete. Eine &#x201E;Reformationscommisston"<lb/>
Erzherzog Karl's II. erschien 1568 in Admont, erzwang die Resignation<lb/>
Val. Abel's und berief den Italiener Lorenzo Lombards zum Abte. Man<lb/>
sieht auch hier, wie die Gegenreformation, die von Spanien und Italien<lb/>
ausging, sich immer wieder auf die Fremden stützte; war doch auch die von<lb/>
Karl 1572 begründete Jesuitenevlonie in Graz, der er 1586 eine glänzend<lb/>
ausgestattete Universität einrichtete, und die ganz besonders die Katholisirung<lb/>
Steiermarks leitete, zumeist italienisch. Lombards freilich sah sich noch nicht<lb/>
im Stande, die alte Ordnung ganz wiederherzustellen; das blieb einem<lb/>
Deutschen überlassen, Johann Hoffmann aus Kärnthen (Abt 1581&#x2014;1614),<lb/>
der in Rom und Perugia gebildet war, also auch unter italienischem Einfluß<lb/>
stand. Er war es denn, der, unterstützt von der Regierung des fanatischen<lb/>
Jesuitenzöglings Ferdinand II., dem es ganz wie Philipp II. von Spanien<lb/>
lieber war, über eine Wüste als über Ketzer zu herrschen, rings um Admont,<lb/>
im Enns- und Paltenthale, die Vernichtung des Protestantismus mit brutaler</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0223] entsetzlichen Türkeneinfälle, die 1629 und 1632 Oesterreich und Steiermark direct trafen, und die Nothwendigkeit, das Habsburgische Ungarn gegen sie Jahrzehnte lang zu vertheidigen, zwangen Admont, auf eigne Kosten ein Truppencorps zu stellen und den dritten Theil seiner Einkünfte als „Türken¬ steuer" zu liefern, was Alles nur durch Aufopferung fast sämmtlicher Kirchen¬ geräthe und zahlreicher Stiftsgüter zu ermöglichen war. Die Existenz aber des ganzen Ordenshauses stellte die Reformation in Frage. Denn auch in Steiermark griff die Lehre Luther's mit reißender Schnelligkeit um sich und fand im oberen Theile des Landes, im Enns- und Paltenthale, seit der Mitte des Jahrhunderts in den begabten und mit aller Bildung ihrer Zeit ver¬ trauten Brüdern Friedrich und Adam Ferdinand Hoffmann, Herren des prächtigen Schlosses Strechau bei Rottenmann, eifrige Förderung und feste Stütze. Aller Orten auf ihren Gütern setzten die Brüder lutherische Prediger ein, selbst in der unmittelbaren Nähe Admonts; bei Rottenmann bauten sie eine stattliche protestantische Kirche und waren willens, hier eine Super- intendur zu gründen. Dies Alles würde zwar die Abtei noch nicht direct bedroht haben, aber tödtltch mußte es ihr werden, wenn ein Zustand dauerte, wie er unter dem 1545 gewählten, sehr tüchtigen Abte Valentin Abel ein¬ trat. Denn bei aller Sorge für das materielle Wohs des Stifts war Abel ein offner Anhänger Luther's und stand mit ihm in Briefwechsel. Auch die meisten Mönche neigten sich der neuen Richtung zu. Das mußte mochte auch der Abt formell noch den Convent zusammenhalten, unfehlbar zu seiner Auflösung führen, und das Nonnenkloster löste sich in der That auf; 1568 starb die letzte Nonne. Da war es wie überall in Steiermark das gewalt¬ same Eingreifen der landesherrlichen Macht, welche die neue Lehre unterdrückte und damit allerdings auch das Stift rettete. Eine „Reformationscommisston" Erzherzog Karl's II. erschien 1568 in Admont, erzwang die Resignation Val. Abel's und berief den Italiener Lorenzo Lombards zum Abte. Man sieht auch hier, wie die Gegenreformation, die von Spanien und Italien ausging, sich immer wieder auf die Fremden stützte; war doch auch die von Karl 1572 begründete Jesuitenevlonie in Graz, der er 1586 eine glänzend ausgestattete Universität einrichtete, und die ganz besonders die Katholisirung Steiermarks leitete, zumeist italienisch. Lombards freilich sah sich noch nicht im Stande, die alte Ordnung ganz wiederherzustellen; das blieb einem Deutschen überlassen, Johann Hoffmann aus Kärnthen (Abt 1581—1614), der in Rom und Perugia gebildet war, also auch unter italienischem Einfluß stand. Er war es denn, der, unterstützt von der Regierung des fanatischen Jesuitenzöglings Ferdinand II., dem es ganz wie Philipp II. von Spanien lieber war, über eine Wüste als über Ketzer zu herrschen, rings um Admont, im Enns- und Paltenthale, die Vernichtung des Protestantismus mit brutaler

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/223
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/223>, abgerufen am 27.09.2024.