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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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Fehlschlüssen gelangen soll. In Ländern wo die Baarzahlung und Metall-
geldcirculation ungeschmälert besteht, geht die Herstellung des Gleichgewichts
zwischen Schulden und Guthaben entfernter Gegenden in geregelter Weise
und ohne Convulston vor sich. Durch den natürlichen Pulsschlag des Marktes
in Angebot und Nachfrage so wie durch das Arbitrage-Geschäft wird das
internationale Niveau hergestellt. In Ländern wo zu Circulationsrnitteln
neben dem Metallgeld auch noch Banknoten verwendet werden, wo aber diese
Banknoten stets gegen hartes Geld umgewechselt werden können, die Bank¬
noten also unerschütterlich mit dem Metallgeld auf pari stehen, kann während
jener Schwankungen des Verhältnisses zwischen den Umsatzmitteln und den
Transaetionen das Gleichgewicht auch durch einen elastischen Gebrauch der
Banknoten erhalten werden. Bei einer Vermehrung der Umsätze kann durch
eine stärkere Ausgabe von Banknoten geholfen werden und wenn die Trans¬
actionen sich wieder vermindern, werden die Noten von selbst ans Emissions¬
institut zurückkehren. Dieses gilt für kurze Perioden. Für längere Zeiträume
muß auf die oben genannte Weise, zu welcher, bei einer Knappheit an Umlaufs¬
mitteln, auch noch die Ausmünzung weiterer Geldvorräthe kommt, geholfen
werden.

Ein ganz anderes Verhältniß tritt ein in dem Falle, wo ein Land oder
Münzgebiet aufgehört hat, in klingender Münze zu zahlen. Dieser Fall pflegt
dann vorzukommen, wenn ein Staat eine solche Summe von papierener
Umlaufsmitteln ausgegeben hat, daß alle Umsätze oder noch darüber hinaus
mit diesem Creditgeld vollzogen werden können. Die Staaten pflegen zu
diesem Auskunftsmittel, unverzinsliche Zwangsdarlehen vom inländischen
Publicum zu erheben, nur in der äußersten Noth, insbesondere in Kriegsfällen
zu schreiten, weil jeder andere Weg sich Baarmittel zu verschaffen, verschlossen
ist. Da das Papiergeld überhaupt im Ausland nur beschränkte Geltung, in
solchen Fällen der übertriebenen Vermehrung aber gar keine Geltung hat, so
räumt das Metallgeld den vom Papiergeld eingenommenen Raum und zieht
ins Ausland ab oder wird zum Theil im Inlands eingesperrt. Diese Be¬
wegung kann sich bis auf die Scheidemünze erstrecken, wenn die Notenemission
eine entsprechende Ausdehnung gewonnen hat. Sobald die Menge des aus¬
gegebenen Papiergeldes den Umfang der zu den Transactionen erforderlichen
Umlaufsmittel überschreitet, dann tritt in demselben Verhältniß wie diese
Ueberschreitung vorhergegangen, eine Entwerthung des Creditgeldes bzw. der
Noten gegen Gold und Silber ein -- das Edelmetallagio erscheint. Da in
der Regel bei der Papierwirthschaft gleichzeitig auch die Tendenz obwaltet,
den Zinsfuß niedrig zu halten, so werden von da an alle Schwankungen des
Geld- und Capital-Marktes in den Beziehungen des Inlands zum Auslande
in einem Steigen oder Fallen des Edelmetallagios ausgedrückt. Je stärker


Grenzboten til. I87"i. 2

Fehlschlüssen gelangen soll. In Ländern wo die Baarzahlung und Metall-
geldcirculation ungeschmälert besteht, geht die Herstellung des Gleichgewichts
zwischen Schulden und Guthaben entfernter Gegenden in geregelter Weise
und ohne Convulston vor sich. Durch den natürlichen Pulsschlag des Marktes
in Angebot und Nachfrage so wie durch das Arbitrage-Geschäft wird das
internationale Niveau hergestellt. In Ländern wo zu Circulationsrnitteln
neben dem Metallgeld auch noch Banknoten verwendet werden, wo aber diese
Banknoten stets gegen hartes Geld umgewechselt werden können, die Bank¬
noten also unerschütterlich mit dem Metallgeld auf pari stehen, kann während
jener Schwankungen des Verhältnisses zwischen den Umsatzmitteln und den
Transaetionen das Gleichgewicht auch durch einen elastischen Gebrauch der
Banknoten erhalten werden. Bei einer Vermehrung der Umsätze kann durch
eine stärkere Ausgabe von Banknoten geholfen werden und wenn die Trans¬
actionen sich wieder vermindern, werden die Noten von selbst ans Emissions¬
institut zurückkehren. Dieses gilt für kurze Perioden. Für längere Zeiträume
muß auf die oben genannte Weise, zu welcher, bei einer Knappheit an Umlaufs¬
mitteln, auch noch die Ausmünzung weiterer Geldvorräthe kommt, geholfen
werden.

Ein ganz anderes Verhältniß tritt ein in dem Falle, wo ein Land oder
Münzgebiet aufgehört hat, in klingender Münze zu zahlen. Dieser Fall pflegt
dann vorzukommen, wenn ein Staat eine solche Summe von papierener
Umlaufsmitteln ausgegeben hat, daß alle Umsätze oder noch darüber hinaus
mit diesem Creditgeld vollzogen werden können. Die Staaten pflegen zu
diesem Auskunftsmittel, unverzinsliche Zwangsdarlehen vom inländischen
Publicum zu erheben, nur in der äußersten Noth, insbesondere in Kriegsfällen
zu schreiten, weil jeder andere Weg sich Baarmittel zu verschaffen, verschlossen
ist. Da das Papiergeld überhaupt im Ausland nur beschränkte Geltung, in
solchen Fällen der übertriebenen Vermehrung aber gar keine Geltung hat, so
räumt das Metallgeld den vom Papiergeld eingenommenen Raum und zieht
ins Ausland ab oder wird zum Theil im Inlands eingesperrt. Diese Be¬
wegung kann sich bis auf die Scheidemünze erstrecken, wenn die Notenemission
eine entsprechende Ausdehnung gewonnen hat. Sobald die Menge des aus¬
gegebenen Papiergeldes den Umfang der zu den Transactionen erforderlichen
Umlaufsmittel überschreitet, dann tritt in demselben Verhältniß wie diese
Ueberschreitung vorhergegangen, eine Entwerthung des Creditgeldes bzw. der
Noten gegen Gold und Silber ein — das Edelmetallagio erscheint. Da in
der Regel bei der Papierwirthschaft gleichzeitig auch die Tendenz obwaltet,
den Zinsfuß niedrig zu halten, so werden von da an alle Schwankungen des
Geld- und Capital-Marktes in den Beziehungen des Inlands zum Auslande
in einem Steigen oder Fallen des Edelmetallagios ausgedrückt. Je stärker


Grenzboten til. I87«i. 2
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/17>, abgerufen am 27.09.2024.