Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band."Abgesehen, daß der Unterschied zwischen Eroberungen auf physischem und Wir müssen eilen, aus dem Mittelalter herauszukommen, doch mag der ') Wenn wir in einem wissenschaftlich sein wollenden Buche Worte lesen wie S. 494
"übrigens dürfte manche Schöne im Orient sehr unfreiwillig die Haremsgenüsse zu kosten be¬ kommen haben", fo wird uns für unsern Theil der gütige Leser verzeihen, wenn wir diesmal unsern Gefühlen mit einem unumwundenen Pfr.i Teufel! Luft machen. „Abgesehen, daß der Unterschied zwischen Eroberungen auf physischem und Wir müssen eilen, aus dem Mittelalter herauszukommen, doch mag der ') Wenn wir in einem wissenschaftlich sein wollenden Buche Worte lesen wie S. 494
„übrigens dürfte manche Schöne im Orient sehr unfreiwillig die Haremsgenüsse zu kosten be¬ kommen haben", fo wird uns für unsern Theil der gütige Leser verzeihen, wenn wir diesmal unsern Gefühlen mit einem unumwundenen Pfr.i Teufel! Luft machen. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0138" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/136249"/> <p xml:id="ID_313" prev="#ID_312"> „Abgesehen, daß der Unterschied zwischen Eroberungen auf physischem und<lb/> geistigem Gebiete nur ein relativer ist, da die physischen Mittel, je nach Ma߬<lb/> gabe der geistigen und sittlichen Entwicklung der Menschheit zumeist von<lb/> geistigen Faktoren abhängen, sind jene Eroberungen, die am friedlichsten<lb/> scheinen, oft die blutigsten von Allen". Der „gütige Leser", der S. 840 und<lb/> an vielen andern Orten im schlechten Feuilletonstil*) angerufen wird, kann<lb/> diesen Satz zu den übrigen legen, wird auch wohl thun, das spanische Citat<lb/> auf derselben Seite nicht zu genau anzusehen. Wir zählen 6 Druckfehler auf<lb/> 4 Zeilen: freilich wollen wir damit nicht sagen, daß diese sich auf die spani¬<lb/> schen Citate beschränken, z. B. Dante's alpina, oommeäig, S. 629 und zahllose<lb/> andere in allen Sprachen. Wir gehen an den „im Uebrigen resultatlosen" Kreuz¬<lb/> zügen vorüber: „es ist gleichgültig ob wir den Papst einen geistlichen Kaiser oder<lb/> den Kaiser einen weltlichen Papst nennen": ebenso gleichgültig allerdings, wie<lb/> alle die übrigen schiefen, halbwahren und mithin wissenschaftlich „belanglosen"<lb/> Bezeichnungen, mit denen H. v. H. Scholastik, Mönchthum, Feudalismus u. s. w.<lb/> charakterisirr — gleichgültig wie das ganze Buch sein würde, wenn es nicht<lb/> arglose Leser gäbe, denen der Ton der Unfehlbarkeit imponirt, indem jeden<lb/> Augenblick von Wissenschaft, Forschung, dem von der Wissenschaft mit un»<lb/> widerleglicher Kraft gelehrten Monismus u. tgi. die Rede ist. Eine Ahnung<lb/> davon, wie viel Uhr es mit dieser Wissenschaft ist, wird aber doch auch über<lb/> den harmlosesten Leser kommen, wenn er S. 551 ein Stück aus der bekannten<lb/> Rede Bismarck's vom März 1873 findet: „der Machtstreit in dem Agamem-<lb/> non in Antis mit seinen Sehern lag" — die Mehrzahl ist H. v. H.'s<lb/> Entdeckung — und dazu die Quellenangabe in der Anm. „FürstBismarck's<lb/> Rede vom 10. März 1873 im königlich preußischen H errenhause.</p><lb/> <p xml:id="ID_314" next="#ID_315"> Wir müssen eilen, aus dem Mittelalter herauszukommen, doch mag der<lb/> Leser noch eine Belehrung über den Ursprung der Städte — wir vermuthen<lb/> es ist von Deutschland die Rede — auf S. 575 mitnehmen. „Die Städte<lb/> gingen, ich habe es erwähnt, theils aus der Unsicherheit des Eigenthums und<lb/> Lebens hervor, theils aus der Verbreitung des Christenthums." Damit denken<lb/> wir. hat auch, „wer für das Mittelalter den verstehenden Standpunkt ein¬<lb/> nehmen will", (S. 437) genug: wir bemerken nur, daß von Ordnung.<lb/> Gliederung, chronologischer Genauigkeit, Uebersicht absolut nirgends die Rede<lb/> ist, und daß die angeführten Beispiele nur sehr wenige von sehr vielen sind.<lb/> Der Verfasser mag uns die Seite angeben: wir sind bereit, ihm von S. 230<lb/> — S. 800 auf jeder wenigstens Einen Druck-, Sinn-, Sprachfehler und</p><lb/> <note xml:id="FID_8" place="foot"> ') Wenn wir in einem wissenschaftlich sein wollenden Buche Worte lesen wie S. 494<lb/> „übrigens dürfte manche Schöne im Orient sehr unfreiwillig die Haremsgenüsse zu kosten be¬<lb/> kommen haben", fo wird uns für unsern Theil der gütige Leser verzeihen, wenn wir diesmal<lb/> unsern Gefühlen mit einem unumwundenen Pfr.i Teufel! Luft machen.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0138]
„Abgesehen, daß der Unterschied zwischen Eroberungen auf physischem und
geistigem Gebiete nur ein relativer ist, da die physischen Mittel, je nach Ma߬
gabe der geistigen und sittlichen Entwicklung der Menschheit zumeist von
geistigen Faktoren abhängen, sind jene Eroberungen, die am friedlichsten
scheinen, oft die blutigsten von Allen". Der „gütige Leser", der S. 840 und
an vielen andern Orten im schlechten Feuilletonstil*) angerufen wird, kann
diesen Satz zu den übrigen legen, wird auch wohl thun, das spanische Citat
auf derselben Seite nicht zu genau anzusehen. Wir zählen 6 Druckfehler auf
4 Zeilen: freilich wollen wir damit nicht sagen, daß diese sich auf die spani¬
schen Citate beschränken, z. B. Dante's alpina, oommeäig, S. 629 und zahllose
andere in allen Sprachen. Wir gehen an den „im Uebrigen resultatlosen" Kreuz¬
zügen vorüber: „es ist gleichgültig ob wir den Papst einen geistlichen Kaiser oder
den Kaiser einen weltlichen Papst nennen": ebenso gleichgültig allerdings, wie
alle die übrigen schiefen, halbwahren und mithin wissenschaftlich „belanglosen"
Bezeichnungen, mit denen H. v. H. Scholastik, Mönchthum, Feudalismus u. s. w.
charakterisirr — gleichgültig wie das ganze Buch sein würde, wenn es nicht
arglose Leser gäbe, denen der Ton der Unfehlbarkeit imponirt, indem jeden
Augenblick von Wissenschaft, Forschung, dem von der Wissenschaft mit un»
widerleglicher Kraft gelehrten Monismus u. tgi. die Rede ist. Eine Ahnung
davon, wie viel Uhr es mit dieser Wissenschaft ist, wird aber doch auch über
den harmlosesten Leser kommen, wenn er S. 551 ein Stück aus der bekannten
Rede Bismarck's vom März 1873 findet: „der Machtstreit in dem Agamem-
non in Antis mit seinen Sehern lag" — die Mehrzahl ist H. v. H.'s
Entdeckung — und dazu die Quellenangabe in der Anm. „FürstBismarck's
Rede vom 10. März 1873 im königlich preußischen H errenhause.
Wir müssen eilen, aus dem Mittelalter herauszukommen, doch mag der
Leser noch eine Belehrung über den Ursprung der Städte — wir vermuthen
es ist von Deutschland die Rede — auf S. 575 mitnehmen. „Die Städte
gingen, ich habe es erwähnt, theils aus der Unsicherheit des Eigenthums und
Lebens hervor, theils aus der Verbreitung des Christenthums." Damit denken
wir. hat auch, „wer für das Mittelalter den verstehenden Standpunkt ein¬
nehmen will", (S. 437) genug: wir bemerken nur, daß von Ordnung.
Gliederung, chronologischer Genauigkeit, Uebersicht absolut nirgends die Rede
ist, und daß die angeführten Beispiele nur sehr wenige von sehr vielen sind.
Der Verfasser mag uns die Seite angeben: wir sind bereit, ihm von S. 230
— S. 800 auf jeder wenigstens Einen Druck-, Sinn-, Sprachfehler und
') Wenn wir in einem wissenschaftlich sein wollenden Buche Worte lesen wie S. 494
„übrigens dürfte manche Schöne im Orient sehr unfreiwillig die Haremsgenüsse zu kosten be¬
kommen haben", fo wird uns für unsern Theil der gütige Leser verzeihen, wenn wir diesmal
unsern Gefühlen mit einem unumwundenen Pfr.i Teufel! Luft machen.
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