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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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Kündeten oder (sagt H. v. H.) der Bürgerkrieg, in welchem die Nebenbuhler¬
schaft des Marius und Sulla Rom mit Metzeleien erfüllte:" was uns "lebhast"
an S. 726 erinnert, wo "Napoleon's Herrschaft Europa von einem Ende zum
andern in Waffengeklirr versetzte" (S. 347). Wie sich H. v. H. den Ständekampf
denkt S.348: "den alten Senat hatten die Plebejer seinerzeit
aller Macht völlig beraubt und damit den Hemmschuh beseitigt, der wie
ein Moderator die Pulsschläge des Volkslebens im Staate re-
gulirte!" Wir können dem Buche nicht Seite für Seite nachgehn; nur einige
kleine Fragen möchten wir an den Verfasser richten, die sich auf seine römische
Geschichte beziehen. Die Sage vom Tanaquil S. 144, 146, 149, 200 ist
uns unbekannt: wir hielten Tanaquil seither wie S. 318 für die Frau des
Tarquinius Priscus. Eine lox Hortensig. ?ublillg, und Nania, welche 286
v. Chr. dem Ständehader ein Ende gemacht, scheint uns eben jener Sage vom
Tanaquil zu entstammen: es ist ein Rattenkönig von Fehlern, nur einer
davon Nauis, statt Nasua. Den Vers über Baja (mit H. v. H. zu
reden), nullus in orth situs Lajis xi-aelucst g-moems haben wir an der
S. 369 angegebenen Stelle Hör. lib. I. Sieg- 1, v. 11 nicht finden können:
ein ungefähr solcher findet sich in einem anderen etwas bekannteren Werke
dieses geschätzten Dichters, den Episteln nämlich I, 1, 83: mit der eben
dort citirten Stelle Oiesrv, pro (üslio hat es aber seine Richtigkeit, vor¬
ausgesetzt, daß die Rede xrv N. of-ello gemeint ist, wo Man nach einigem
Suchen in oap. 16. das Gewünschte finden wird. Und weil wir gerade am
Citiren sind: zu S. 713 ist die tiefeinschneidende Bemerkung gemacht, daß
Neaumur seinen Namen ohne 6 schrieb, daß R6aumur wohl nur eine Er¬
findung Voltaire's sei: erlaubt uns der Verfasser vielleicht zum Dank für
diese werthvolle Bereicherung unseres Wissens, ihn darauf aufmerksam zu
machen, daß Renan sein Buch 1'antienrist schrieb, nicht (S. 366 und sonst)
I'und^eKi-ist, daß S. 303 ^IMenus Varus sich lieber ^.Itönus, LeotnillL
(S. 62S und im Register) lieber Loetius, Liävuius ^xollillariuiz lieber
^pvlling-ris nennen hörte? Bei dieser Gelegenheit möchten wir uns noch über
einige andere Kleinigkeiten mit ihm verständigen. Sehr neu war uns, was
S 379 so schön über die hoch entwickelte klang- und formenreiche Sprache
der Celten gesagt wird: "Regelrecht und scharf ausgebildet wie polir-
ter Stahl ist diese Sprache zu allen Ausdrucksweisen geschickt, und fähig auch
die geringsten Sinnes- und Gefühlsnüancen aufzunehmen, wovon das glän¬
zendste Zeugniß die Dichtkunst ablegt, an Herrlichkeit der griechischen nicht nach-
stehend." Indeß wir beruhigten uns bei dem Gedanken, daß man auf der
Redaction des Auslands mehr vom polirten Stahl und mehr von den
Celten, die "den herrlichen Boden, auf dem sie saßen, gebändigt, erzogen und be¬
baut haben" S. 378, wissen wird, als wir im Inland uns träumen lassen: aber


Kündeten oder (sagt H. v. H.) der Bürgerkrieg, in welchem die Nebenbuhler¬
schaft des Marius und Sulla Rom mit Metzeleien erfüllte:" was uns „lebhast"
an S. 726 erinnert, wo „Napoleon's Herrschaft Europa von einem Ende zum
andern in Waffengeklirr versetzte" (S. 347). Wie sich H. v. H. den Ständekampf
denkt S.348: „den alten Senat hatten die Plebejer seinerzeit
aller Macht völlig beraubt und damit den Hemmschuh beseitigt, der wie
ein Moderator die Pulsschläge des Volkslebens im Staate re-
gulirte!" Wir können dem Buche nicht Seite für Seite nachgehn; nur einige
kleine Fragen möchten wir an den Verfasser richten, die sich auf seine römische
Geschichte beziehen. Die Sage vom Tanaquil S. 144, 146, 149, 200 ist
uns unbekannt: wir hielten Tanaquil seither wie S. 318 für die Frau des
Tarquinius Priscus. Eine lox Hortensig. ?ublillg, und Nania, welche 286
v. Chr. dem Ständehader ein Ende gemacht, scheint uns eben jener Sage vom
Tanaquil zu entstammen: es ist ein Rattenkönig von Fehlern, nur einer
davon Nauis, statt Nasua. Den Vers über Baja (mit H. v. H. zu
reden), nullus in orth situs Lajis xi-aelucst g-moems haben wir an der
S. 369 angegebenen Stelle Hör. lib. I. Sieg- 1, v. 11 nicht finden können:
ein ungefähr solcher findet sich in einem anderen etwas bekannteren Werke
dieses geschätzten Dichters, den Episteln nämlich I, 1, 83: mit der eben
dort citirten Stelle Oiesrv, pro (üslio hat es aber seine Richtigkeit, vor¬
ausgesetzt, daß die Rede xrv N. of-ello gemeint ist, wo Man nach einigem
Suchen in oap. 16. das Gewünschte finden wird. Und weil wir gerade am
Citiren sind: zu S. 713 ist die tiefeinschneidende Bemerkung gemacht, daß
Neaumur seinen Namen ohne 6 schrieb, daß R6aumur wohl nur eine Er¬
findung Voltaire's sei: erlaubt uns der Verfasser vielleicht zum Dank für
diese werthvolle Bereicherung unseres Wissens, ihn darauf aufmerksam zu
machen, daß Renan sein Buch 1'antienrist schrieb, nicht (S. 366 und sonst)
I'und^eKi-ist, daß S. 303 ^IMenus Varus sich lieber ^.Itönus, LeotnillL
(S. 62S und im Register) lieber Loetius, Liävuius ^xollillariuiz lieber
^pvlling-ris nennen hörte? Bei dieser Gelegenheit möchten wir uns noch über
einige andere Kleinigkeiten mit ihm verständigen. Sehr neu war uns, was
S 379 so schön über die hoch entwickelte klang- und formenreiche Sprache
der Celten gesagt wird: „Regelrecht und scharf ausgebildet wie polir-
ter Stahl ist diese Sprache zu allen Ausdrucksweisen geschickt, und fähig auch
die geringsten Sinnes- und Gefühlsnüancen aufzunehmen, wovon das glän¬
zendste Zeugniß die Dichtkunst ablegt, an Herrlichkeit der griechischen nicht nach-
stehend." Indeß wir beruhigten uns bei dem Gedanken, daß man auf der
Redaction des Auslands mehr vom polirten Stahl und mehr von den
Celten, die „den herrlichen Boden, auf dem sie saßen, gebändigt, erzogen und be¬
baut haben" S. 378, wissen wird, als wir im Inland uns träumen lassen: aber


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/134>, abgerufen am 28.09.2024.