Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.er zuerst eine Gemeinheitstheilung und die Zusammenlegung der Ländereien In Bezug auf seine national-ökonomischen Grundsätze war der König er zuerst eine Gemeinheitstheilung und die Zusammenlegung der Ländereien In Bezug auf seine national-ökonomischen Grundsätze war der König <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0103" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/136214"/> <p xml:id="ID_231" prev="#ID_230"> er zuerst eine Gemeinheitstheilung und die Zusammenlegung der Ländereien<lb/> ins Auge faßte, der geistige Urheber der preußischen Agrargesetzgebung ge¬<lb/> worden. Die Verhältnisse waren für die Regierung sehr schwierig, fast jede<lb/> Provinz hatte andere Einrichtungen; und überdem waren Schlesien und West¬<lb/> preußen eben erst in den Staatsverband aufgenommen. Begreiflich, daß den<lb/> guten Absichten überall Widerstand entgegentrat, und zwar nicht nur von<lb/> solchen, die sich in ihren Vorrechten geschädigt glaubten, sondern selbst von<lb/> denen, deren Erleichterung beabsichtigt ward. Richtig ist gewiß, daß dies<lb/> große Werk erst ausgeführt werden konnte, nachdem der große Organismus<lb/> des ganzen Staates auf andere Grundlagen gestellt war; und selbst dann<lb/> bedürfte es, wie es sich unter Friedrich Wilhelm III. gezeigt hat, noch ge¬<lb/> raumer Zeit bis zur Vollendung. Einigermaßen in Erstaunen setzt den Leser<lb/> die Notiz, daß im Jahre 1769 der Minister v. Hagen den Auftrag erhielt,<lb/> zu sorgen, „daß ein gantz platt Büchelgen, welches wie einen Calender jeder<lb/> Bauer vor wenige Pfennige kaufen könnte, von dem Nutzen der Theilungen<lb/> gedruckt, und in jedem Dorf und in jeder Stadt vertheilet und bekannt<lb/> würde." Und nicht minder erstaunt sind wir, wenn wir im Vergleich zu den<lb/> Einnahmen der modernen Oekonomie-Kommissarien, erfahren, daß der Pots¬<lb/> damer Bürgermeister Walter, welcher zum Kommissar für die Gemeinheits¬<lb/> theilung des Vorwerks Gütergotz erwählt war, folgende Berechnung aufstellt:<lb/> „Endlich füge ich die Liquidation meiner Kommissionsgebühren mit der aller-<lb/> dehmüthigsten Bitte bei, mir solche — 6 Tage Diäten, pro relations 12 Gr.,<lb/> Copialien pp. 12 Gr. — mit zusammen 9 Thlr. in höchsten Gnaden zu<lb/> ÄSLiMii-on». Und diese Summe begriff sämmtliche Kosten der Separation in<lb/> sich, mit der auch die Gemeinde völlig zufrieden war!</p><lb/> <p xml:id="ID_232" next="#ID_233"> In Bezug auf seine national-ökonomischen Grundsätze war der König<lb/> allerdings in den Anschauungen seiner Zeit befangen, und bekannt ist ja,<lb/> daß er durch die Härte, mit welcher er das Merkantilsystem aufrecht erhielt<lb/> und die darauf gegründeten Steuern eintreiben ließ, einen Theil seiner Popu¬<lb/> larität in den letzten Decennien seines Lebens einbüßte. Viel ersprießlicher<lb/> war überhaupt aus diesem Gebiete Alles, was er im Detail nur als guter<lb/> Hausvater schuf. Hier lag recht eigentlich seine Begabung; eine billige Be¬<lb/> urtheilung wird indeß in Rechnung bringen, daß sein immerhin kleiner und<lb/> von dem großen Weltverkehr abgeschlossener Staat ihm eine Umbildung und<lb/> Correctur der landläufigen Meinungen weniger nahe legte. Zu jenen<lb/> Schöpfungen rechnet der Verf. mit Recht die landwirthschaftltchen Credit¬<lb/> institute, die sich bis auf unsere Tage, wenn auch thetlweise in etwas ver-<lb/> änderter Gestalt, zum Segen der Provinzen erhalten haben. Er rechnet<lb/> ferner dazu Alles, was Friedrich zur Hebung einzelner Culturen für Acker¬<lb/> bau oder Viehzucht anregte. Hier entging im Grunde nichts seinem eini°</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0103]
er zuerst eine Gemeinheitstheilung und die Zusammenlegung der Ländereien
ins Auge faßte, der geistige Urheber der preußischen Agrargesetzgebung ge¬
worden. Die Verhältnisse waren für die Regierung sehr schwierig, fast jede
Provinz hatte andere Einrichtungen; und überdem waren Schlesien und West¬
preußen eben erst in den Staatsverband aufgenommen. Begreiflich, daß den
guten Absichten überall Widerstand entgegentrat, und zwar nicht nur von
solchen, die sich in ihren Vorrechten geschädigt glaubten, sondern selbst von
denen, deren Erleichterung beabsichtigt ward. Richtig ist gewiß, daß dies
große Werk erst ausgeführt werden konnte, nachdem der große Organismus
des ganzen Staates auf andere Grundlagen gestellt war; und selbst dann
bedürfte es, wie es sich unter Friedrich Wilhelm III. gezeigt hat, noch ge¬
raumer Zeit bis zur Vollendung. Einigermaßen in Erstaunen setzt den Leser
die Notiz, daß im Jahre 1769 der Minister v. Hagen den Auftrag erhielt,
zu sorgen, „daß ein gantz platt Büchelgen, welches wie einen Calender jeder
Bauer vor wenige Pfennige kaufen könnte, von dem Nutzen der Theilungen
gedruckt, und in jedem Dorf und in jeder Stadt vertheilet und bekannt
würde." Und nicht minder erstaunt sind wir, wenn wir im Vergleich zu den
Einnahmen der modernen Oekonomie-Kommissarien, erfahren, daß der Pots¬
damer Bürgermeister Walter, welcher zum Kommissar für die Gemeinheits¬
theilung des Vorwerks Gütergotz erwählt war, folgende Berechnung aufstellt:
„Endlich füge ich die Liquidation meiner Kommissionsgebühren mit der aller-
dehmüthigsten Bitte bei, mir solche — 6 Tage Diäten, pro relations 12 Gr.,
Copialien pp. 12 Gr. — mit zusammen 9 Thlr. in höchsten Gnaden zu
ÄSLiMii-on». Und diese Summe begriff sämmtliche Kosten der Separation in
sich, mit der auch die Gemeinde völlig zufrieden war!
In Bezug auf seine national-ökonomischen Grundsätze war der König
allerdings in den Anschauungen seiner Zeit befangen, und bekannt ist ja,
daß er durch die Härte, mit welcher er das Merkantilsystem aufrecht erhielt
und die darauf gegründeten Steuern eintreiben ließ, einen Theil seiner Popu¬
larität in den letzten Decennien seines Lebens einbüßte. Viel ersprießlicher
war überhaupt aus diesem Gebiete Alles, was er im Detail nur als guter
Hausvater schuf. Hier lag recht eigentlich seine Begabung; eine billige Be¬
urtheilung wird indeß in Rechnung bringen, daß sein immerhin kleiner und
von dem großen Weltverkehr abgeschlossener Staat ihm eine Umbildung und
Correctur der landläufigen Meinungen weniger nahe legte. Zu jenen
Schöpfungen rechnet der Verf. mit Recht die landwirthschaftltchen Credit¬
institute, die sich bis auf unsere Tage, wenn auch thetlweise in etwas ver-
änderter Gestalt, zum Segen der Provinzen erhalten haben. Er rechnet
ferner dazu Alles, was Friedrich zur Hebung einzelner Culturen für Acker¬
bau oder Viehzucht anregte. Hier entging im Grunde nichts seinem eini°
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |