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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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steht, daß weder Oesterreich, noch Europa die Ereignisse des Feldzuges um
ihrer Folgen willen zu beklagen haben.

Der Feldzug von 1859 mißglückte wegen ungenügender Vorbereitung zum
Kriege und wegen mangelhafter Führung, trotz aller Tapferkeit der Truppen.
Dazu kam aber noch, daß die damals zur Leitung der Politik und der Armee
Oesterreichs berufenen Männer an tiefem Ernst und richtigem Verständnisse
Mangel litten und die wichtigsten Angelegenheiten mit einer geradezu un¬
glaublichen Leichtfertigkeit und Oberflächlichkeit behandelten; daher überall Ver¬
wirrung und eine nicht zu überwältigende Reibung in allen Theilen der
Heeresmaschine. Im Lande aber zeigten sich in bedenklicher Weise die Folgen
des verderblichen Systems, in dem Oesterreichs Regierung damals befangen
war. Endlich erkennt man auch aus der Geschichte dieses Feldzuges, daß
schon im Frieden alle Vorbereitungen zum Kriege wol bedacht und gut ge¬
regelt sein müssen und daß derjenige die meisten Chancen für sich hat, welcher
von Anfang an die Initiative in seiner Hand festzuhalten versteht.


E. Becher.



Bezirkstagswahlen. -- Landesausschuß.

Am 10. und 11. Juni haben in einem großen Theile der Cantone
Elsaß-Lothringens Ergänzungswahlen für die austretenden Mitglieder der
Bezirks- und Kreistage (eonsoil gon^lat und Conseil ü'^rronäissoment) statt¬
gefunden. Schon einige Wochen vor dem durch Präsidial-Ordonnanz fest¬
gesetzten Termine war die Wahlbewegung, geweckt und getragen von der
Provinzial- und Local-Presse, allenthalben eine sehr rege und lebhafte. Zuerst
war das Kreisblatt von Thann im Oberelsaß (Journal de Thann) mit einem
Wahlaufruf aufgetreten, der ziemlich günstig aufgenommen und von den
größern Blättern des Oberelsasses, der "Mühlhauser, Colmar-Freiburger Zei-
tung" u. s. w. besprochen und commentirt wurde. Ihm folgte für Lothringen
die "Saargemünder Zettung", die sogar die Candidatur eines Altdeutschen
für den Bezirkstag unterstützte -- obwohl ja unter den obwaltenden Verhält¬
nissen von dessen Wahl nimmer die Rede sein konnte -- um damit wenigstens
einigermaßen die in Lothringen verhältnißmäßig noch sehr grassirende politische
Lethargie und Indolenz zu wecken und anzustacheln. Endlich trat auch das
Hauptorgan des Reichslandes, das "Elsässer Journal", mit einem feurigen


Grenzboten II, 187K. 64

steht, daß weder Oesterreich, noch Europa die Ereignisse des Feldzuges um
ihrer Folgen willen zu beklagen haben.

Der Feldzug von 1859 mißglückte wegen ungenügender Vorbereitung zum
Kriege und wegen mangelhafter Führung, trotz aller Tapferkeit der Truppen.
Dazu kam aber noch, daß die damals zur Leitung der Politik und der Armee
Oesterreichs berufenen Männer an tiefem Ernst und richtigem Verständnisse
Mangel litten und die wichtigsten Angelegenheiten mit einer geradezu un¬
glaublichen Leichtfertigkeit und Oberflächlichkeit behandelten; daher überall Ver¬
wirrung und eine nicht zu überwältigende Reibung in allen Theilen der
Heeresmaschine. Im Lande aber zeigten sich in bedenklicher Weise die Folgen
des verderblichen Systems, in dem Oesterreichs Regierung damals befangen
war. Endlich erkennt man auch aus der Geschichte dieses Feldzuges, daß
schon im Frieden alle Vorbereitungen zum Kriege wol bedacht und gut ge¬
regelt sein müssen und daß derjenige die meisten Chancen für sich hat, welcher
von Anfang an die Initiative in seiner Hand festzuhalten versteht.


E. Becher.



Bezirkstagswahlen. — Landesausschuß.

Am 10. und 11. Juni haben in einem großen Theile der Cantone
Elsaß-Lothringens Ergänzungswahlen für die austretenden Mitglieder der
Bezirks- und Kreistage (eonsoil gon^lat und Conseil ü'^rronäissoment) statt¬
gefunden. Schon einige Wochen vor dem durch Präsidial-Ordonnanz fest¬
gesetzten Termine war die Wahlbewegung, geweckt und getragen von der
Provinzial- und Local-Presse, allenthalben eine sehr rege und lebhafte. Zuerst
war das Kreisblatt von Thann im Oberelsaß (Journal de Thann) mit einem
Wahlaufruf aufgetreten, der ziemlich günstig aufgenommen und von den
größern Blättern des Oberelsasses, der „Mühlhauser, Colmar-Freiburger Zei-
tung" u. s. w. besprochen und commentirt wurde. Ihm folgte für Lothringen
die „Saargemünder Zettung", die sogar die Candidatur eines Altdeutschen
für den Bezirkstag unterstützte — obwohl ja unter den obwaltenden Verhält¬
nissen von dessen Wahl nimmer die Rede sein konnte — um damit wenigstens
einigermaßen die in Lothringen verhältnißmäßig noch sehr grassirende politische
Lethargie und Indolenz zu wecken und anzustacheln. Endlich trat auch das
Hauptorgan des Reichslandes, das „Elsässer Journal", mit einem feurigen


Grenzboten II, 187K. 64
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/509>, abgerufen am 27.11.2024.