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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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eine, fast das ganze politische Leben der amerikanischen Nation vergiftende
Corruption. Die Gerichtshöfe, die Staatsgesetzgebungen, die Bundeslegis¬
latur und selbst die Regierung böten die schreckenerregendsten Beispiele der
Sittenverderbniß dar. Unter solchen Umständen sei es ganz natürlich, daß
die Erinnerung an die glorreiche Vergangenheit der Vereinigten Staaten in
den Herzen der Amerikaner "einen Vergleich wachrufe zwischen dem. ^was die
(amerikanische) Republik einst war, was sie sein sollte und was sie gegen¬
wärtig wirklich ist (vkat tkis Rexudlie ouoe nah > ndat it >pas mtönäeä to
dö, ava vlist it non is)." Der Aufruf hebt nun hervor, daß die ganze
gebildete Welt in dieser Beziehung ein Urtheil über die Union fällen werde,
daß die Geschichte der Vereinigten Staaten viele glänzende Stellen auszu¬
weisen habe, daß aber gerade das Centennialjahr durch die massenhafte
Corruption im politischen Leben den sonst berechtigten Nationalstolz der
Amerikaner tief demüthigen müsse. "Zur Ehre des amerikanischen Volkes",
heißt es dann weiter, "sei es gesagt, daß jeder patriotische Bürger der Union
die brennende Schmach fühlt, welche das Centennialjahr offenbart: dort sind
die Andenken und die Erinnerungszeichen an die Tugenden und Großthaten
der Vergangenheit, -- hier die schlagenden Beweise der Entsittlichung und
Corruption in der Gegenwart! dort das strahlende Lob, welches die Geschichte
der Weisheit und Sittenreinheit unserer Vorfahren zollt. -- hier in vollem
Gegensatze die Urthetlssprüche der Gerichtshöfe und die Akten der legislativen
Körperschaften, welche die politische Moral der Jetztzeit illustriren; und dies
Alles vor den Augen der ganzen Welt, die wir feierlich zu unserer Weltaus¬
stellung eingeladen haben. Niemals hatte Amerika so viel Ursache zur Be¬
schämung; das empfindet jedes patriotisch schlagende Herz auf das Schmerz¬
lichste. Wie aber können wir die drohenden Gefahren abwenden und unsere
Schmach tilgen? Einzig und allein dadurch, daß, wenn auch die Regierungs¬
maschine corrupt wurde (alttwuAli tds government maedinsr^ das dsevrak
korrupt), die große Masse des Volks sich als gesund und stark im Kerne
(sonna g,na strvllF at tds ovre) bewährt, daß sie den ehrlichen und festen
Willen hat. die Mißbräuche im politischen Leben Amerikas abzuschaffen, und
die Ursachen der Uebel, die das Vaterland in Gefahr bringen, es mag kosten,
was es wolle, zu ersticken. Nur eine solche Anstrengung in der richtigen
Weise unternommen und bis zur Erreichung des Zieles energisch festgehalten,
kann und wird den guten Namen der amerikanischen Nation retten, die
Krankheit, an der sie leidet, nicht tödtlich werden lassen und das Vertrauen
unseres Volkes zu seiner eigenen Kraft und zu seinen Regierungstnstitutionen
wiederherstellen."

Alsdann geht der Aufruf auf die Diseusston der wesentlichsten Fragen
über, die bei der kommenden Präsidentenwahl zur Lösung stehen. Hier wird


Grenzboten it. 1876. gg

eine, fast das ganze politische Leben der amerikanischen Nation vergiftende
Corruption. Die Gerichtshöfe, die Staatsgesetzgebungen, die Bundeslegis¬
latur und selbst die Regierung böten die schreckenerregendsten Beispiele der
Sittenverderbniß dar. Unter solchen Umständen sei es ganz natürlich, daß
die Erinnerung an die glorreiche Vergangenheit der Vereinigten Staaten in
den Herzen der Amerikaner „einen Vergleich wachrufe zwischen dem. ^was die
(amerikanische) Republik einst war, was sie sein sollte und was sie gegen¬
wärtig wirklich ist (vkat tkis Rexudlie ouoe nah > ndat it >pas mtönäeä to
dö, ava vlist it non is)." Der Aufruf hebt nun hervor, daß die ganze
gebildete Welt in dieser Beziehung ein Urtheil über die Union fällen werde,
daß die Geschichte der Vereinigten Staaten viele glänzende Stellen auszu¬
weisen habe, daß aber gerade das Centennialjahr durch die massenhafte
Corruption im politischen Leben den sonst berechtigten Nationalstolz der
Amerikaner tief demüthigen müsse. „Zur Ehre des amerikanischen Volkes",
heißt es dann weiter, „sei es gesagt, daß jeder patriotische Bürger der Union
die brennende Schmach fühlt, welche das Centennialjahr offenbart: dort sind
die Andenken und die Erinnerungszeichen an die Tugenden und Großthaten
der Vergangenheit, — hier die schlagenden Beweise der Entsittlichung und
Corruption in der Gegenwart! dort das strahlende Lob, welches die Geschichte
der Weisheit und Sittenreinheit unserer Vorfahren zollt. — hier in vollem
Gegensatze die Urthetlssprüche der Gerichtshöfe und die Akten der legislativen
Körperschaften, welche die politische Moral der Jetztzeit illustriren; und dies
Alles vor den Augen der ganzen Welt, die wir feierlich zu unserer Weltaus¬
stellung eingeladen haben. Niemals hatte Amerika so viel Ursache zur Be¬
schämung; das empfindet jedes patriotisch schlagende Herz auf das Schmerz¬
lichste. Wie aber können wir die drohenden Gefahren abwenden und unsere
Schmach tilgen? Einzig und allein dadurch, daß, wenn auch die Regierungs¬
maschine corrupt wurde (alttwuAli tds government maedinsr^ das dsevrak
korrupt), die große Masse des Volks sich als gesund und stark im Kerne
(sonna g,na strvllF at tds ovre) bewährt, daß sie den ehrlichen und festen
Willen hat. die Mißbräuche im politischen Leben Amerikas abzuschaffen, und
die Ursachen der Uebel, die das Vaterland in Gefahr bringen, es mag kosten,
was es wolle, zu ersticken. Nur eine solche Anstrengung in der richtigen
Weise unternommen und bis zur Erreichung des Zieles energisch festgehalten,
kann und wird den guten Namen der amerikanischen Nation retten, die
Krankheit, an der sie leidet, nicht tödtlich werden lassen und das Vertrauen
unseres Volkes zu seiner eigenen Kraft und zu seinen Regierungstnstitutionen
wiederherstellen."

Alsdann geht der Aufruf auf die Diseusston der wesentlichsten Fragen
über, die bei der kommenden Präsidentenwahl zur Lösung stehen. Hier wird


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[0469] eine, fast das ganze politische Leben der amerikanischen Nation vergiftende Corruption. Die Gerichtshöfe, die Staatsgesetzgebungen, die Bundeslegis¬ latur und selbst die Regierung böten die schreckenerregendsten Beispiele der Sittenverderbniß dar. Unter solchen Umständen sei es ganz natürlich, daß die Erinnerung an die glorreiche Vergangenheit der Vereinigten Staaten in den Herzen der Amerikaner „einen Vergleich wachrufe zwischen dem. ^was die (amerikanische) Republik einst war, was sie sein sollte und was sie gegen¬ wärtig wirklich ist (vkat tkis Rexudlie ouoe nah > ndat it >pas mtönäeä to dö, ava vlist it non is)." Der Aufruf hebt nun hervor, daß die ganze gebildete Welt in dieser Beziehung ein Urtheil über die Union fällen werde, daß die Geschichte der Vereinigten Staaten viele glänzende Stellen auszu¬ weisen habe, daß aber gerade das Centennialjahr durch die massenhafte Corruption im politischen Leben den sonst berechtigten Nationalstolz der Amerikaner tief demüthigen müsse. „Zur Ehre des amerikanischen Volkes", heißt es dann weiter, „sei es gesagt, daß jeder patriotische Bürger der Union die brennende Schmach fühlt, welche das Centennialjahr offenbart: dort sind die Andenken und die Erinnerungszeichen an die Tugenden und Großthaten der Vergangenheit, — hier die schlagenden Beweise der Entsittlichung und Corruption in der Gegenwart! dort das strahlende Lob, welches die Geschichte der Weisheit und Sittenreinheit unserer Vorfahren zollt. — hier in vollem Gegensatze die Urthetlssprüche der Gerichtshöfe und die Akten der legislativen Körperschaften, welche die politische Moral der Jetztzeit illustriren; und dies Alles vor den Augen der ganzen Welt, die wir feierlich zu unserer Weltaus¬ stellung eingeladen haben. Niemals hatte Amerika so viel Ursache zur Be¬ schämung; das empfindet jedes patriotisch schlagende Herz auf das Schmerz¬ lichste. Wie aber können wir die drohenden Gefahren abwenden und unsere Schmach tilgen? Einzig und allein dadurch, daß, wenn auch die Regierungs¬ maschine corrupt wurde (alttwuAli tds government maedinsr^ das dsevrak korrupt), die große Masse des Volks sich als gesund und stark im Kerne (sonna g,na strvllF at tds ovre) bewährt, daß sie den ehrlichen und festen Willen hat. die Mißbräuche im politischen Leben Amerikas abzuschaffen, und die Ursachen der Uebel, die das Vaterland in Gefahr bringen, es mag kosten, was es wolle, zu ersticken. Nur eine solche Anstrengung in der richtigen Weise unternommen und bis zur Erreichung des Zieles energisch festgehalten, kann und wird den guten Namen der amerikanischen Nation retten, die Krankheit, an der sie leidet, nicht tödtlich werden lassen und das Vertrauen unseres Volkes zu seiner eigenen Kraft und zu seinen Regierungstnstitutionen wiederherstellen." Alsdann geht der Aufruf auf die Diseusston der wesentlichsten Fragen über, die bei der kommenden Präsidentenwahl zur Lösung stehen. Hier wird Grenzboten it. 1876. gg

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/469>, abgerufen am 27.11.2024.