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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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Anzahl wohlunterrichteter Männer giebt, die ihren Landsleuten über das
Tissot'sche Werk die Augen öffnen könnten; es fehlt diesen aber zum Theil
der gute Wille, zum Theil der moralische Muth dazu, denn sie würden dabei
immerhin Gefahr laufen, für Preußenfreunde, für Spione Bismarcks verketzert
zu werden.

Wenn in Deutschland wirklich eine Partei existirte, die auf einen neuen
Krieg mit Frankreich speculirte, so würde diese die einzige sein, die das
Tissot'sche Werk mit unverholener Freude begrüßen könnte; denn darüber
kann kein Zweifel obwalten, daß das kritiklose Verschlingen desselben von
Seiten des französischen Publikums den kaum unterdrückten Haß gegen
Deutschland neu auflodern läßt und dem Revanche-Gedanken neue Nahrung
zuführt und also die Eventualität eines Volkskrieges näher rückt. Mit tiefem
Bedauern muß aber dieses elende Machwerk alle diejenigen Deutschen erfüllen,
die überhaupt von dem Prestige einer einzelnen Nation nichts wissen wollen,
die die Vorzüge jeder Nation freudig anerkennen, ohne die eigenen deshalb zu
unterschätzen, die in jedem Krieg eine Bedrohung der Civilisation sehen, die
sich bewußt sind, daß nur durch das friedliche Nebeneinanderwirken freier,
gebildeter, selbständiger, sich gegenseitig achtender Nationen die höheren Ziele
fortschreitender Cultur erreicht werden können.

Der Deutsche scheut den Krieg, aber er fürchtet ihn nicht. Wie wir
jeder andern Nation ihr Hausrecht voll und unbedingt anerkennen, so wollen
auch wir Herr im eignen Hause sein. Sollte man uns in diesem Rechte be¬
schränken wollen, wohlan, so werden wir, trotz der verschiedenen Bestrebungen
und vielfachen Anschwärzungen beweisen, daß wir sind ein einig Volk von
Brüdern, welches das höchste Maaß opferfreudiger Hingabe an das Vater¬
land, dessen es fähig ist, im letzten Kriege noch lange nicht erreicht hat.




Lin neuer amerikanischer Humorist.

Wieder liegt uns unter dem Titel: "Fern vom Weltgetümmel" von
Max Adeler ein neuer Band der Sammlung von Uebertragungen ameri¬
kanischer Humoristen vor, die Moritz Busch im Verlage von F. W. Grunow
in Leipzig herausgiebt. Es ist bereits der achte Band dieser Collectio", und
wie wir hören, wird ihm noch in diesem Jahre ein neunter (das Beste von
Artemus Ward) und vielleicht ein zehnter (Neue Schwänke von Mark Twain)
folgen. Das Unternehmen hat also offenbar den verdienten Anklang gefunden-
Auch Adeler's Buch wird, glauben wir, sich viele Freunde erwerben. Nächst


Anzahl wohlunterrichteter Männer giebt, die ihren Landsleuten über das
Tissot'sche Werk die Augen öffnen könnten; es fehlt diesen aber zum Theil
der gute Wille, zum Theil der moralische Muth dazu, denn sie würden dabei
immerhin Gefahr laufen, für Preußenfreunde, für Spione Bismarcks verketzert
zu werden.

Wenn in Deutschland wirklich eine Partei existirte, die auf einen neuen
Krieg mit Frankreich speculirte, so würde diese die einzige sein, die das
Tissot'sche Werk mit unverholener Freude begrüßen könnte; denn darüber
kann kein Zweifel obwalten, daß das kritiklose Verschlingen desselben von
Seiten des französischen Publikums den kaum unterdrückten Haß gegen
Deutschland neu auflodern läßt und dem Revanche-Gedanken neue Nahrung
zuführt und also die Eventualität eines Volkskrieges näher rückt. Mit tiefem
Bedauern muß aber dieses elende Machwerk alle diejenigen Deutschen erfüllen,
die überhaupt von dem Prestige einer einzelnen Nation nichts wissen wollen,
die die Vorzüge jeder Nation freudig anerkennen, ohne die eigenen deshalb zu
unterschätzen, die in jedem Krieg eine Bedrohung der Civilisation sehen, die
sich bewußt sind, daß nur durch das friedliche Nebeneinanderwirken freier,
gebildeter, selbständiger, sich gegenseitig achtender Nationen die höheren Ziele
fortschreitender Cultur erreicht werden können.

Der Deutsche scheut den Krieg, aber er fürchtet ihn nicht. Wie wir
jeder andern Nation ihr Hausrecht voll und unbedingt anerkennen, so wollen
auch wir Herr im eignen Hause sein. Sollte man uns in diesem Rechte be¬
schränken wollen, wohlan, so werden wir, trotz der verschiedenen Bestrebungen
und vielfachen Anschwärzungen beweisen, daß wir sind ein einig Volk von
Brüdern, welches das höchste Maaß opferfreudiger Hingabe an das Vater¬
land, dessen es fähig ist, im letzten Kriege noch lange nicht erreicht hat.




Lin neuer amerikanischer Humorist.

Wieder liegt uns unter dem Titel: „Fern vom Weltgetümmel" von
Max Adeler ein neuer Band der Sammlung von Uebertragungen ameri¬
kanischer Humoristen vor, die Moritz Busch im Verlage von F. W. Grunow
in Leipzig herausgiebt. Es ist bereits der achte Band dieser Collectio«, und
wie wir hören, wird ihm noch in diesem Jahre ein neunter (das Beste von
Artemus Ward) und vielleicht ein zehnter (Neue Schwänke von Mark Twain)
folgen. Das Unternehmen hat also offenbar den verdienten Anklang gefunden-
Auch Adeler's Buch wird, glauben wir, sich viele Freunde erwerben. Nächst


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/416>, abgerufen am 27.11.2024.