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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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die andere verlangt das gleiche Wahlrecht. Von den Anhängern des letzteren
wollen Einige einen mäßigen Census, Andere gar keinen. So lange man
die richtige Bedingung des aktiven Bürgerrechts nicht wieder einführen kann,
so lange wird man das Dreiklassensystem beibehalten müssen, weil es zwar
"icht das mindeste positiv Gute hat, aber wenigstens die verheerenden Uebel¬
stände des allgemeinen Wahlrechts eindämmt. Für das letztere wurde u. A.
auch die Stein'sche Städteordnung ins Gefecht geführt. Nun, das gleiche
Wahlrecht der Stein'schen Städteordnung ist es gerade, was wir wollen. Nur
die im Stadtbezirk ansässigen Grundbesitzer sollen aktive Bürger sein und
außerdem diejenigen Stadtbewohner, welche nach etwa dreijährigem Aufent¬
halt das Minimum der städtischen Grundsteuer freiwillig zu entrichten über¬
nehmen, auch wenn sie ihrerseits nicht Grundbesitzer geworden sind. Außer der
Grund- und Gebäudesteuer dürfen andere städtische Steuern nicht erhoben
werden. Alle Stadtbewohner, die nicht Grundbesitzer oder nicht den Grundbe¬
sitzern freiwillig gleichgestellt werden, sind Schutzverwandte. Wenn wir diese
Bedingung des aktiven Bürgerrechts zurückerobert, dann werdenwir ein gutes
Stück Pathologie der Städte und Städteordnung überwunden haben. Wenn
Mit dem Grundbesitz wieder ausschließliche Pflichten verbunden sind, dann wird
er auch aufhören, ein bequemes Object der Spekulation zu sein. Hieran haupt¬
sächlich liegt das jetzige Verderben unserer Städte. Doch dies in narevtliizsi.

Herr Virchow meinte, man dürfe sich von der Einführung des allge¬
meinen Wahlrechts in den Städten nicht durch die Furcht vor den Social¬
demokraten abhalten lassen; diese hätten, wo sie einmal bei den Wahlen
durchgedrungen, sich als treffliche Väter der Stadt gezeigt*). Wie wäre es,
wenn man einmal der Socialdemokratie brevi manu den ganzen Staat über¬
gäbe? Am Ende ist ihr Recept das richtige, es kommt auf den Versuch an,
und sie befreit uns von allen Nöthen.

Das Herrenhaus hat in dieser Woche an wichtigeren Vorlagen das Ge¬
setz über die evangelische Kirchenverfassung berathen. Die wenigen, an den
Beschlüssen des Abgeordnetenhauses vorgenommenen Aenderungen sind un¬
wesentlich, bis auf die Streichung der auf Antrag des Herrn Virchow ange¬
nommenen Bestimmung, daß der Kirche keine Mitwirkung zustehen soll bei
Besetzung der evangelisch-theologischen Lehrstühle. Diese Streichung ist eine
wahre Wohlthat, wir wollen nicht sagen für die Kirche, aber für den gesunden
Menschenverstand. Die evangelischen Professoren sind für die evangelische
Kirche und nur für dieselbe allein. Die Kirche soll aber bei der Bestellung
für sie wichtigsten Lehrorganes nicht einmal gehört werden dürfen! Das
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^i-r>ge nur Herr Virchow heraus.
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') Herr Virchow scheint ohne die geringste Kenntniß der Erfahrungen in Reichenbach
(S D. Red. achse,,), Crimmijzschau u, s. w. gesprochen haben.
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die andere verlangt das gleiche Wahlrecht. Von den Anhängern des letzteren
wollen Einige einen mäßigen Census, Andere gar keinen. So lange man
die richtige Bedingung des aktiven Bürgerrechts nicht wieder einführen kann,
so lange wird man das Dreiklassensystem beibehalten müssen, weil es zwar
"icht das mindeste positiv Gute hat, aber wenigstens die verheerenden Uebel¬
stände des allgemeinen Wahlrechts eindämmt. Für das letztere wurde u. A.
auch die Stein'sche Städteordnung ins Gefecht geführt. Nun, das gleiche
Wahlrecht der Stein'schen Städteordnung ist es gerade, was wir wollen. Nur
die im Stadtbezirk ansässigen Grundbesitzer sollen aktive Bürger sein und
außerdem diejenigen Stadtbewohner, welche nach etwa dreijährigem Aufent¬
halt das Minimum der städtischen Grundsteuer freiwillig zu entrichten über¬
nehmen, auch wenn sie ihrerseits nicht Grundbesitzer geworden sind. Außer der
Grund- und Gebäudesteuer dürfen andere städtische Steuern nicht erhoben
werden. Alle Stadtbewohner, die nicht Grundbesitzer oder nicht den Grundbe¬
sitzern freiwillig gleichgestellt werden, sind Schutzverwandte. Wenn wir diese
Bedingung des aktiven Bürgerrechts zurückerobert, dann werdenwir ein gutes
Stück Pathologie der Städte und Städteordnung überwunden haben. Wenn
Mit dem Grundbesitz wieder ausschließliche Pflichten verbunden sind, dann wird
er auch aufhören, ein bequemes Object der Spekulation zu sein. Hieran haupt¬
sächlich liegt das jetzige Verderben unserer Städte. Doch dies in narevtliizsi.

Herr Virchow meinte, man dürfe sich von der Einführung des allge¬
meinen Wahlrechts in den Städten nicht durch die Furcht vor den Social¬
demokraten abhalten lassen; diese hätten, wo sie einmal bei den Wahlen
durchgedrungen, sich als treffliche Väter der Stadt gezeigt*). Wie wäre es,
wenn man einmal der Socialdemokratie brevi manu den ganzen Staat über¬
gäbe? Am Ende ist ihr Recept das richtige, es kommt auf den Versuch an,
und sie befreit uns von allen Nöthen.

Das Herrenhaus hat in dieser Woche an wichtigeren Vorlagen das Ge¬
setz über die evangelische Kirchenverfassung berathen. Die wenigen, an den
Beschlüssen des Abgeordnetenhauses vorgenommenen Aenderungen sind un¬
wesentlich, bis auf die Streichung der auf Antrag des Herrn Virchow ange¬
nommenen Bestimmung, daß der Kirche keine Mitwirkung zustehen soll bei
Besetzung der evangelisch-theologischen Lehrstühle. Diese Streichung ist eine
wahre Wohlthat, wir wollen nicht sagen für die Kirche, aber für den gesunden
Menschenverstand. Die evangelischen Professoren sind für die evangelische
Kirche und nur für dieselbe allein. Die Kirche soll aber bei der Bestellung
für sie wichtigsten Lehrorganes nicht einmal gehört werden dürfen! Das
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^i-r>ge nur Herr Virchow heraus.
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') Herr Virchow scheint ohne die geringste Kenntniß der Erfahrungen in Reichenbach
(S D. Red. achse,,), Crimmijzschau u, s. w. gesprochen haben.
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[0397] die andere verlangt das gleiche Wahlrecht. Von den Anhängern des letzteren wollen Einige einen mäßigen Census, Andere gar keinen. So lange man die richtige Bedingung des aktiven Bürgerrechts nicht wieder einführen kann, so lange wird man das Dreiklassensystem beibehalten müssen, weil es zwar "icht das mindeste positiv Gute hat, aber wenigstens die verheerenden Uebel¬ stände des allgemeinen Wahlrechts eindämmt. Für das letztere wurde u. A. auch die Stein'sche Städteordnung ins Gefecht geführt. Nun, das gleiche Wahlrecht der Stein'schen Städteordnung ist es gerade, was wir wollen. Nur die im Stadtbezirk ansässigen Grundbesitzer sollen aktive Bürger sein und außerdem diejenigen Stadtbewohner, welche nach etwa dreijährigem Aufent¬ halt das Minimum der städtischen Grundsteuer freiwillig zu entrichten über¬ nehmen, auch wenn sie ihrerseits nicht Grundbesitzer geworden sind. Außer der Grund- und Gebäudesteuer dürfen andere städtische Steuern nicht erhoben werden. Alle Stadtbewohner, die nicht Grundbesitzer oder nicht den Grundbe¬ sitzern freiwillig gleichgestellt werden, sind Schutzverwandte. Wenn wir diese Bedingung des aktiven Bürgerrechts zurückerobert, dann werdenwir ein gutes Stück Pathologie der Städte und Städteordnung überwunden haben. Wenn Mit dem Grundbesitz wieder ausschließliche Pflichten verbunden sind, dann wird er auch aufhören, ein bequemes Object der Spekulation zu sein. Hieran haupt¬ sächlich liegt das jetzige Verderben unserer Städte. Doch dies in narevtliizsi. Herr Virchow meinte, man dürfe sich von der Einführung des allge¬ meinen Wahlrechts in den Städten nicht durch die Furcht vor den Social¬ demokraten abhalten lassen; diese hätten, wo sie einmal bei den Wahlen durchgedrungen, sich als treffliche Väter der Stadt gezeigt*). Wie wäre es, wenn man einmal der Socialdemokratie brevi manu den ganzen Staat über¬ gäbe? Am Ende ist ihr Recept das richtige, es kommt auf den Versuch an, und sie befreit uns von allen Nöthen. Das Herrenhaus hat in dieser Woche an wichtigeren Vorlagen das Ge¬ setz über die evangelische Kirchenverfassung berathen. Die wenigen, an den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses vorgenommenen Aenderungen sind un¬ wesentlich, bis auf die Streichung der auf Antrag des Herrn Virchow ange¬ nommenen Bestimmung, daß der Kirche keine Mitwirkung zustehen soll bei Besetzung der evangelisch-theologischen Lehrstühle. Diese Streichung ist eine wahre Wohlthat, wir wollen nicht sagen für die Kirche, aber für den gesunden Menschenverstand. Die evangelischen Professoren sind für die evangelische Kirche und nur für dieselbe allein. Die Kirche soll aber bei der Bestellung für sie wichtigsten Lehrorganes nicht einmal gehört werden dürfen! Das ^ — r. ^i-r>ge nur Herr Virchow heraus. "" ') Herr Virchow scheint ohne die geringste Kenntniß der Erfahrungen in Reichenbach (S D. Red. achse,,), Crimmijzschau u, s. w. gesprochen haben. Brenzboten it. IK7<'- 50

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/397>, abgerufen am 25.11.2024.