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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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dort an seinem Platze gewesen sein und sich große Verdienste um das Ganze
erworben haben!

Eine Zeit lang scheint Schön von dem Kronprinzen eine, seinen geheimen
Wünschen förderliche Einwirkung erhofft zu haben, (vgl. S. 72, 82. 87,
117 ff., 132); er stand in Briefwechsel mit ihm und hatte von dem Geiste des
Kronprinzen eine sehr rosige Vorstellung gewonnen, er machte nachher die
Erfahrung, daß er sich getäuscht. Aber, wie die Briefe aus den Jahren
1840 -- 1842 deutlich für Jeden, der sie zu lesen und zu erklären versteht,
darthun, auch nach der Thronbesteigung Friedrich Wilhelm's IV. hielt Schön
eine Zeit lang noch zähe und hoffnungsvoll an der Idee fest, trotz aller
Enttäuschungen und trotz aller Widersprüche und Seltsamkeiten im öffent¬
lichen Auftreten des Königs vielleicht doch noch zur Mitwirkung an der
ersehnten Neugestaltung des Staates berufen zu werden.

Die Briefe Schön's, die hier vom 8. Juni 1840 bis zum 22. Juni 1842
gedruckt sind, gewähren eine große und wirkliche Bereicherung unserer histo¬
rischen Kenntnisse. Dankbar nehmen wir sie an, aber unser Verlangen ist
doch auch hier durch die gebotene Gabe nicht ganz befriedigt.

In erster Linie greift unsere Wißbegier nach Schön's Briefen an Friedrich
Wilhelm IV., die für den bezeichneten Zeitraum hier aus den Concepten mit¬
getheilt sind. Weshalb -- von selbst entsteht in uns die Frage -- hat diese
Mittheilung sich auf die Briefe vom Juni 1840 an beschränkt? sollten die
Concepte der an den Kronprinzen gerichteten Schreiben nicht aufbewahrt sein?
und weshalb sind diese früheren, zu einem wirklich gesicherten Verständniß der
Beziehungen zwischen Friedrich Wilhelm IV. und Schön nothwendigen Stücke
uns vorenthalten? Oder ist ihre Mittheilung im IV. Bande beabsichtigt?
Zwar würde jeder Andere die chronologische Ordnung befolgt haben, doch
lesen wir das jetzt vermißte immer noch lieber an unrechter Stelle als gar
nicht. Auch jetzt ist ein Register über die ganze Sammlung, wenn sie erst
fertig ist, jedem Benutzer schon nothwendig gemacht.

Ferner, die Mittheilung dieses Briefwechsels ist eine einseitige: nur die
Briefe Schön's machen ihre Erscheinung. Auf S. 138 werden wir allerdings
belehrt: "die sämmtlichen eigenhändigen Briefe des Königs Friedrich Wil¬
helm IV. auch aus der Zeit noch als Kronprinz an Schön sind durch Ver¬
mittlung des Ministers von Flottwell einige Zeit nach dem Tode Schön's
an die Krone zurückgegeben." Aber nach gelegentlichen Anmerkungen dieses
Bandes selbst sind Abschriften derselben vorhanden; und sollten diese nicht
vollständig sein, wäre es unmöglich gewesen, Abschriften an der ""'petenten
Stelle zu erbitten und zu erhalten? Daran glaube ich nicht, solange nicht
die ausdrückliche Versicherung vorliegt, daß ein solcher Schritt, den ich als
eine selbstverständliche Pflicht des Herausgebers der Schön'schen Papiere an-


dort an seinem Platze gewesen sein und sich große Verdienste um das Ganze
erworben haben!

Eine Zeit lang scheint Schön von dem Kronprinzen eine, seinen geheimen
Wünschen förderliche Einwirkung erhofft zu haben, (vgl. S. 72, 82. 87,
117 ff., 132); er stand in Briefwechsel mit ihm und hatte von dem Geiste des
Kronprinzen eine sehr rosige Vorstellung gewonnen, er machte nachher die
Erfahrung, daß er sich getäuscht. Aber, wie die Briefe aus den Jahren
1840 — 1842 deutlich für Jeden, der sie zu lesen und zu erklären versteht,
darthun, auch nach der Thronbesteigung Friedrich Wilhelm's IV. hielt Schön
eine Zeit lang noch zähe und hoffnungsvoll an der Idee fest, trotz aller
Enttäuschungen und trotz aller Widersprüche und Seltsamkeiten im öffent¬
lichen Auftreten des Königs vielleicht doch noch zur Mitwirkung an der
ersehnten Neugestaltung des Staates berufen zu werden.

Die Briefe Schön's, die hier vom 8. Juni 1840 bis zum 22. Juni 1842
gedruckt sind, gewähren eine große und wirkliche Bereicherung unserer histo¬
rischen Kenntnisse. Dankbar nehmen wir sie an, aber unser Verlangen ist
doch auch hier durch die gebotene Gabe nicht ganz befriedigt.

In erster Linie greift unsere Wißbegier nach Schön's Briefen an Friedrich
Wilhelm IV., die für den bezeichneten Zeitraum hier aus den Concepten mit¬
getheilt sind. Weshalb — von selbst entsteht in uns die Frage — hat diese
Mittheilung sich auf die Briefe vom Juni 1840 an beschränkt? sollten die
Concepte der an den Kronprinzen gerichteten Schreiben nicht aufbewahrt sein?
und weshalb sind diese früheren, zu einem wirklich gesicherten Verständniß der
Beziehungen zwischen Friedrich Wilhelm IV. und Schön nothwendigen Stücke
uns vorenthalten? Oder ist ihre Mittheilung im IV. Bande beabsichtigt?
Zwar würde jeder Andere die chronologische Ordnung befolgt haben, doch
lesen wir das jetzt vermißte immer noch lieber an unrechter Stelle als gar
nicht. Auch jetzt ist ein Register über die ganze Sammlung, wenn sie erst
fertig ist, jedem Benutzer schon nothwendig gemacht.

Ferner, die Mittheilung dieses Briefwechsels ist eine einseitige: nur die
Briefe Schön's machen ihre Erscheinung. Auf S. 138 werden wir allerdings
belehrt: „die sämmtlichen eigenhändigen Briefe des Königs Friedrich Wil¬
helm IV. auch aus der Zeit noch als Kronprinz an Schön sind durch Ver¬
mittlung des Ministers von Flottwell einige Zeit nach dem Tode Schön's
an die Krone zurückgegeben." Aber nach gelegentlichen Anmerkungen dieses
Bandes selbst sind Abschriften derselben vorhanden; und sollten diese nicht
vollständig sein, wäre es unmöglich gewesen, Abschriften an der ""'petenten
Stelle zu erbitten und zu erhalten? Daran glaube ich nicht, solange nicht
die ausdrückliche Versicherung vorliegt, daß ein solcher Schritt, den ich als
eine selbstverständliche Pflicht des Herausgebers der Schön'schen Papiere an-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/378>, abgerufen am 27.11.2024.