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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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Bande vor und füllt den Rest seines dritten Bandes --- 400 Seiten! -- mit
Briefen aus den Jahren von 1840 -- 1842 aus! Und wenn aus einem
gleichzeitigen Tagebuche Schön's von 1813 in dem Ersten Band (I. 2. p. 149--
151) schon eine Stelle abgedruckt war*), so erfahren wir (S. 20) jetzt, daß
dies Tagebuch als Anlage zu der II. Selbstbiographie im IV. Bande gedruckt
werden soll -- in dieser Selbstbiographie aber hat nun Schön 1844 einige
Zusätze zu seinem früheren Tagebuche gemacht (S. 22): wir haben also das
Vergnügen, die Zusätze zur ursprünglichen Aufzeichnung im dritten Bande
jetzt zu genießen, und leben der Hoffnung, dereinst im IV. Bande den Text,
zu dem die Zusätze gemacht sind, kennen zu lernen. Existirt überhaupt ein
Plan, nach welchem die Edition angelegt ist? Daran könnte man nach den
gemachten Erfahrungen schwer glauben.

Bis jetzt haben wir also zwei autobiographische Erzählungen Schön's
kennen gelernt, die erste 1838, die zweite 1844 verfaßt. Nicht ganz ohne
Anhalt würde die Vermuthung sein, daß noch mehrere, wahrscheinlich
spätere Aufzeichnungen verwandten Inhaltes vorhanden seien **). Wer weiß
darüber etwas bestimmtes? Des Herausgebers Sache wäre es darüber Licht
zu verbreiten und eine genaue Vergleichung der verschiedenen Manuskripte
vorzunehmen, -- wir fürchten, alles was vorhanden abzudrucken wird als
nicht möglich sich schließlich erweisen.

Der hier abgedruckte Theil der Selbstbiographie II zerfällt seinem Inhalte
nach in zwei Partien: 1) Schön's Antheil an den Ereignissen des großen
Jahres 1813 und 2) sein Walten in der Provinz Preußen, als Präsident
in Gumbinnen bis 1816, als Oberpräsident in Danzig bis 1824 und in
Königsberg bis 1840 -- (mitten im Satze bricht beim Dezember 1840 die
Darstellung ab). In welchem Sinne Schön im späteren Leben die Ereignisse
von 1813 angesehen, war aus der I. Biographie bekannt: in derselben Ton¬
art ergeht er sich 1844, wie 1838. Nicht jede Einzelheit aus dieser Erzählung
(S. 5 -- 33) kann an anderweitigen Zeugnissen geprüft werden; vor der Be¬
nutzung als historische Quellenschrift ist eine solche Prüfung unerläßlich. Unser
Mißtrauen gegen die Schön'sche Tradition erhält auch hier Nahrung durch
einen Vergleich mit dem was Flathe (Geschichte Sachsens III) und Treitschke
(Preuß. Jahrbücher, 36, 684 ff.) neuerdings über die sächsisch-preußischen
Dinge mitgetheilt haben; andrerseits aber ist nicht zu verkennen, daß in diesem
Abschnitte Schön's Erinnerung an ein gleichzeitig von ihm geführtes Tage¬
buch sich anlehnt: wir schließen die quellenkritische Erörterung und Unter-




') Ich erinnere an den 1875 ausgesprochenen Tadel über die WilMrlichkeit des Heraus¬
gebers, statt des Ganzen nur ein Stück zu bringen (S. IK4).
-) Vgl. darüber auch Lehmann's Aeußerung in seinem neulich besprochenen Buche S. se.

Bande vor und füllt den Rest seines dritten Bandes —- 400 Seiten! — mit
Briefen aus den Jahren von 1840 — 1842 aus! Und wenn aus einem
gleichzeitigen Tagebuche Schön's von 1813 in dem Ersten Band (I. 2. p. 149—
151) schon eine Stelle abgedruckt war*), so erfahren wir (S. 20) jetzt, daß
dies Tagebuch als Anlage zu der II. Selbstbiographie im IV. Bande gedruckt
werden soll — in dieser Selbstbiographie aber hat nun Schön 1844 einige
Zusätze zu seinem früheren Tagebuche gemacht (S. 22): wir haben also das
Vergnügen, die Zusätze zur ursprünglichen Aufzeichnung im dritten Bande
jetzt zu genießen, und leben der Hoffnung, dereinst im IV. Bande den Text,
zu dem die Zusätze gemacht sind, kennen zu lernen. Existirt überhaupt ein
Plan, nach welchem die Edition angelegt ist? Daran könnte man nach den
gemachten Erfahrungen schwer glauben.

Bis jetzt haben wir also zwei autobiographische Erzählungen Schön's
kennen gelernt, die erste 1838, die zweite 1844 verfaßt. Nicht ganz ohne
Anhalt würde die Vermuthung sein, daß noch mehrere, wahrscheinlich
spätere Aufzeichnungen verwandten Inhaltes vorhanden seien **). Wer weiß
darüber etwas bestimmtes? Des Herausgebers Sache wäre es darüber Licht
zu verbreiten und eine genaue Vergleichung der verschiedenen Manuskripte
vorzunehmen, — wir fürchten, alles was vorhanden abzudrucken wird als
nicht möglich sich schließlich erweisen.

Der hier abgedruckte Theil der Selbstbiographie II zerfällt seinem Inhalte
nach in zwei Partien: 1) Schön's Antheil an den Ereignissen des großen
Jahres 1813 und 2) sein Walten in der Provinz Preußen, als Präsident
in Gumbinnen bis 1816, als Oberpräsident in Danzig bis 1824 und in
Königsberg bis 1840 — (mitten im Satze bricht beim Dezember 1840 die
Darstellung ab). In welchem Sinne Schön im späteren Leben die Ereignisse
von 1813 angesehen, war aus der I. Biographie bekannt: in derselben Ton¬
art ergeht er sich 1844, wie 1838. Nicht jede Einzelheit aus dieser Erzählung
(S. 5 — 33) kann an anderweitigen Zeugnissen geprüft werden; vor der Be¬
nutzung als historische Quellenschrift ist eine solche Prüfung unerläßlich. Unser
Mißtrauen gegen die Schön'sche Tradition erhält auch hier Nahrung durch
einen Vergleich mit dem was Flathe (Geschichte Sachsens III) und Treitschke
(Preuß. Jahrbücher, 36, 684 ff.) neuerdings über die sächsisch-preußischen
Dinge mitgetheilt haben; andrerseits aber ist nicht zu verkennen, daß in diesem
Abschnitte Schön's Erinnerung an ein gleichzeitig von ihm geführtes Tage¬
buch sich anlehnt: wir schließen die quellenkritische Erörterung und Unter-




') Ich erinnere an den 1875 ausgesprochenen Tadel über die WilMrlichkeit des Heraus¬
gebers, statt des Ganzen nur ein Stück zu bringen (S. IK4).
-) Vgl. darüber auch Lehmann's Aeußerung in seinem neulich besprochenen Buche S. se.
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[0374] Bande vor und füllt den Rest seines dritten Bandes —- 400 Seiten! — mit Briefen aus den Jahren von 1840 — 1842 aus! Und wenn aus einem gleichzeitigen Tagebuche Schön's von 1813 in dem Ersten Band (I. 2. p. 149— 151) schon eine Stelle abgedruckt war*), so erfahren wir (S. 20) jetzt, daß dies Tagebuch als Anlage zu der II. Selbstbiographie im IV. Bande gedruckt werden soll — in dieser Selbstbiographie aber hat nun Schön 1844 einige Zusätze zu seinem früheren Tagebuche gemacht (S. 22): wir haben also das Vergnügen, die Zusätze zur ursprünglichen Aufzeichnung im dritten Bande jetzt zu genießen, und leben der Hoffnung, dereinst im IV. Bande den Text, zu dem die Zusätze gemacht sind, kennen zu lernen. Existirt überhaupt ein Plan, nach welchem die Edition angelegt ist? Daran könnte man nach den gemachten Erfahrungen schwer glauben. Bis jetzt haben wir also zwei autobiographische Erzählungen Schön's kennen gelernt, die erste 1838, die zweite 1844 verfaßt. Nicht ganz ohne Anhalt würde die Vermuthung sein, daß noch mehrere, wahrscheinlich spätere Aufzeichnungen verwandten Inhaltes vorhanden seien **). Wer weiß darüber etwas bestimmtes? Des Herausgebers Sache wäre es darüber Licht zu verbreiten und eine genaue Vergleichung der verschiedenen Manuskripte vorzunehmen, — wir fürchten, alles was vorhanden abzudrucken wird als nicht möglich sich schließlich erweisen. Der hier abgedruckte Theil der Selbstbiographie II zerfällt seinem Inhalte nach in zwei Partien: 1) Schön's Antheil an den Ereignissen des großen Jahres 1813 und 2) sein Walten in der Provinz Preußen, als Präsident in Gumbinnen bis 1816, als Oberpräsident in Danzig bis 1824 und in Königsberg bis 1840 — (mitten im Satze bricht beim Dezember 1840 die Darstellung ab). In welchem Sinne Schön im späteren Leben die Ereignisse von 1813 angesehen, war aus der I. Biographie bekannt: in derselben Ton¬ art ergeht er sich 1844, wie 1838. Nicht jede Einzelheit aus dieser Erzählung (S. 5 — 33) kann an anderweitigen Zeugnissen geprüft werden; vor der Be¬ nutzung als historische Quellenschrift ist eine solche Prüfung unerläßlich. Unser Mißtrauen gegen die Schön'sche Tradition erhält auch hier Nahrung durch einen Vergleich mit dem was Flathe (Geschichte Sachsens III) und Treitschke (Preuß. Jahrbücher, 36, 684 ff.) neuerdings über die sächsisch-preußischen Dinge mitgetheilt haben; andrerseits aber ist nicht zu verkennen, daß in diesem Abschnitte Schön's Erinnerung an ein gleichzeitig von ihm geführtes Tage¬ buch sich anlehnt: wir schließen die quellenkritische Erörterung und Unter- ') Ich erinnere an den 1875 ausgesprochenen Tadel über die WilMrlichkeit des Heraus¬ gebers, statt des Ganzen nur ein Stück zu bringen (S. IK4). -) Vgl. darüber auch Lehmann's Aeußerung in seinem neulich besprochenen Buche S. se.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/374>, abgerufen am 27.11.2024.