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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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Me ofstziöse Messe in IranKreich.

Die französische Presse ist naturgemäß bet uns in Deutschland Gegen¬
stand vielseitiger Beobachtung und Erörterung. Ein Blick in das innere
Triebwerk derselben dürste deßhalb nicht ohne Interesse sein.

Das journalistische Personal zerfällt in Frankreich wie auch anderswo
in zwei Kategorien: die einzelnen Redactionen, deren Mitglieder ihre publi-
cistischen Aeußerungen im Einklang mit der Tendenz ihrer respectiven Blätter
zu halten haben; und andererseits die Reporter, ein Geschäftszweig, der in
Frankreich zu besonderer Entwicklung und Anerkennung gelangt ist, und
deshalb einige Worte der Erklärung verdient. Im Gegensatz zum Redactions-
personal kümmert der Reporter sich mehr um die Nachricht als um die Ten¬
denz derselben. Er nimmt die Neuigkeit, wo er sie findet, in Regierungs- und
Finanzkreisen, von Journalisten und fremden Diplomaten. Für die Richtig¬
keit der Nachricht verläßt sich das Blatt auf den Reporter und er wiederum
auf seinen Gewährsmann. Bei jeder Nachricht von einigem Interesse giebt
es eine Gruppe von Blättern, für deren Tendenz dieselbe förderlich und eine
andere Gruppe, der sie unwillkommen ist. Die dritte und meistens zahl¬
reichste Gruppe verwerthet die Notiz einfach zur Ausfüllung ihrer Spalten.
Der Antagonismus der erst erwähnten beiden Gruppen führt zur Wider¬
legung der von interessirter Seite vorgebrachten unrichtigen Thatsachen. Dem¬
zufolge unterbleibt die Berichtigung häufig da, wo der Antagonismus
aufhört, wo eine allgemeine nationale Antipathie ins Spiel
kommt. --

Man kann sagen, daß mehr falsche Nachrichten aus finanziellen als aus
politischen Kreisen kommen, weil für politische Zwecke eine durch sofortige Wider¬
legung neutraltsirte Eintagswirkung selten von Nutzen ist. Eine Ausnahme
machen diejenigen auf das Ausland bezüglichen Nachrichten, bei denen eine
Widerlegung nicht zu erwarten ist, weil sie im Einklang mit der öffentlichen
Stimmung stehen.

Es hieße die Bedeutung, welche die französische Regierung der Presse
beilegt, weit unterschätzen, wollte man annehmen, daß die Verständigung
zwischen den Beiden lediglich dem Zufalle und den Reportern überlassen ist.
Sowohl der Minister des Innern wie der Minister des Aeußeren haben jeder
einen abgesonderten Dienst für die Presse. Die Thätigkeit der beiden
Ressorts wird noch ergänzt durch die officiöse Agence Havas.

Der Preßdienst im Ministerium des Innern zerfällt in das "Bureau
der französischen Presse" und das "Bureau der fremden Presse". Das Per¬
sonal besteht aus zwei Ehefs, zwei Souschefs und 24 Beamten.


Me ofstziöse Messe in IranKreich.

Die französische Presse ist naturgemäß bet uns in Deutschland Gegen¬
stand vielseitiger Beobachtung und Erörterung. Ein Blick in das innere
Triebwerk derselben dürste deßhalb nicht ohne Interesse sein.

Das journalistische Personal zerfällt in Frankreich wie auch anderswo
in zwei Kategorien: die einzelnen Redactionen, deren Mitglieder ihre publi-
cistischen Aeußerungen im Einklang mit der Tendenz ihrer respectiven Blätter
zu halten haben; und andererseits die Reporter, ein Geschäftszweig, der in
Frankreich zu besonderer Entwicklung und Anerkennung gelangt ist, und
deshalb einige Worte der Erklärung verdient. Im Gegensatz zum Redactions-
personal kümmert der Reporter sich mehr um die Nachricht als um die Ten¬
denz derselben. Er nimmt die Neuigkeit, wo er sie findet, in Regierungs- und
Finanzkreisen, von Journalisten und fremden Diplomaten. Für die Richtig¬
keit der Nachricht verläßt sich das Blatt auf den Reporter und er wiederum
auf seinen Gewährsmann. Bei jeder Nachricht von einigem Interesse giebt
es eine Gruppe von Blättern, für deren Tendenz dieselbe förderlich und eine
andere Gruppe, der sie unwillkommen ist. Die dritte und meistens zahl¬
reichste Gruppe verwerthet die Notiz einfach zur Ausfüllung ihrer Spalten.
Der Antagonismus der erst erwähnten beiden Gruppen führt zur Wider¬
legung der von interessirter Seite vorgebrachten unrichtigen Thatsachen. Dem¬
zufolge unterbleibt die Berichtigung häufig da, wo der Antagonismus
aufhört, wo eine allgemeine nationale Antipathie ins Spiel
kommt. —

Man kann sagen, daß mehr falsche Nachrichten aus finanziellen als aus
politischen Kreisen kommen, weil für politische Zwecke eine durch sofortige Wider¬
legung neutraltsirte Eintagswirkung selten von Nutzen ist. Eine Ausnahme
machen diejenigen auf das Ausland bezüglichen Nachrichten, bei denen eine
Widerlegung nicht zu erwarten ist, weil sie im Einklang mit der öffentlichen
Stimmung stehen.

Es hieße die Bedeutung, welche die französische Regierung der Presse
beilegt, weit unterschätzen, wollte man annehmen, daß die Verständigung
zwischen den Beiden lediglich dem Zufalle und den Reportern überlassen ist.
Sowohl der Minister des Innern wie der Minister des Aeußeren haben jeder
einen abgesonderten Dienst für die Presse. Die Thätigkeit der beiden
Ressorts wird noch ergänzt durch die officiöse Agence Havas.

Der Preßdienst im Ministerium des Innern zerfällt in das „Bureau
der französischen Presse" und das „Bureau der fremden Presse". Das Per¬
sonal besteht aus zwei Ehefs, zwei Souschefs und 24 Beamten.


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[0362] Me ofstziöse Messe in IranKreich. Die französische Presse ist naturgemäß bet uns in Deutschland Gegen¬ stand vielseitiger Beobachtung und Erörterung. Ein Blick in das innere Triebwerk derselben dürste deßhalb nicht ohne Interesse sein. Das journalistische Personal zerfällt in Frankreich wie auch anderswo in zwei Kategorien: die einzelnen Redactionen, deren Mitglieder ihre publi- cistischen Aeußerungen im Einklang mit der Tendenz ihrer respectiven Blätter zu halten haben; und andererseits die Reporter, ein Geschäftszweig, der in Frankreich zu besonderer Entwicklung und Anerkennung gelangt ist, und deshalb einige Worte der Erklärung verdient. Im Gegensatz zum Redactions- personal kümmert der Reporter sich mehr um die Nachricht als um die Ten¬ denz derselben. Er nimmt die Neuigkeit, wo er sie findet, in Regierungs- und Finanzkreisen, von Journalisten und fremden Diplomaten. Für die Richtig¬ keit der Nachricht verläßt sich das Blatt auf den Reporter und er wiederum auf seinen Gewährsmann. Bei jeder Nachricht von einigem Interesse giebt es eine Gruppe von Blättern, für deren Tendenz dieselbe förderlich und eine andere Gruppe, der sie unwillkommen ist. Die dritte und meistens zahl¬ reichste Gruppe verwerthet die Notiz einfach zur Ausfüllung ihrer Spalten. Der Antagonismus der erst erwähnten beiden Gruppen führt zur Wider¬ legung der von interessirter Seite vorgebrachten unrichtigen Thatsachen. Dem¬ zufolge unterbleibt die Berichtigung häufig da, wo der Antagonismus aufhört, wo eine allgemeine nationale Antipathie ins Spiel kommt. — Man kann sagen, daß mehr falsche Nachrichten aus finanziellen als aus politischen Kreisen kommen, weil für politische Zwecke eine durch sofortige Wider¬ legung neutraltsirte Eintagswirkung selten von Nutzen ist. Eine Ausnahme machen diejenigen auf das Ausland bezüglichen Nachrichten, bei denen eine Widerlegung nicht zu erwarten ist, weil sie im Einklang mit der öffentlichen Stimmung stehen. Es hieße die Bedeutung, welche die französische Regierung der Presse beilegt, weit unterschätzen, wollte man annehmen, daß die Verständigung zwischen den Beiden lediglich dem Zufalle und den Reportern überlassen ist. Sowohl der Minister des Innern wie der Minister des Aeußeren haben jeder einen abgesonderten Dienst für die Presse. Die Thätigkeit der beiden Ressorts wird noch ergänzt durch die officiöse Agence Havas. Der Preßdienst im Ministerium des Innern zerfällt in das „Bureau der französischen Presse" und das „Bureau der fremden Presse". Das Per¬ sonal besteht aus zwei Ehefs, zwei Souschefs und 24 Beamten.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/362>, abgerufen am 27.11.2024.