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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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heimathen der Dinge. Naturerkenntniß war ihnen daher Erkenntniß der Ge¬
setze Gottes, und deshalb erwachte in der Zeit der Reformation jene wissen¬
schaftliche Methode, welche frei von subjectiven Aesthetisiren die Dinge
in ihrer Objectivität, d. h. in ihrer von Gott als eg-usa, sui und der Welt
geordneten Bestimmtheit, in ihrem gesetzlichen Sein und Werden er¬
kennen wollte.

Nicht als unrein und nicht als gemein, sondern als Zeichen der Macht
und Herrlichkett Gottes galt deshalb die Materie, und Galilei zeigte daher
die Unrichtigkeit jener ästhetistrenden und im Sinnenschein verharrenden Vor¬
stellung, daß das Feuer nach oben steige, weil es mehr des reinen zum
Himmel strebenden Princips theilhaftig sei, als die schweren Körper. Er be¬
wies, daß allen Körpern und Materien, den luftigen und schweren eine gleich¬
artige, gradlinige Bewegung zukomme. Boyle bekämpfte die ästhetistrende
Vorstellung von reinen und unreinen Elementen, nach ihm ist jedes Element
rein, wenn nichts anderes in ihm steckt, und verunreinigend ist jedes Element,
wenn es an einem Ort ist, wo es nicht hingehört. Gold selbst ist verun¬
reinigend, wenn es z. B. in rein sein sollenden Eisen ist. Newton's Ruhm
aber gründet in Bezug auf unsere Frage darin, daß seit ihm jene subjective
Vorstellung, wonach nur die Seele Kraft sei und die Materie kraftlos, als
unrichtig erkannt ward, da er bewies, daß alle Materie Kraft sei, insofern
sie proportional der Masse und umgekehrt proportional dem Quadrat der
Entfernung anziehend wirke. Kant führte in seinen metaphysischen Anfangs¬
gründen der Naturwissenschaft den Gedanken, daß Materie Kraft sei, weiter
aus. Er sagte, die Materie ist das beweglich Bewegende als anziehende
Kraft. Die Materie ist das Bewegende als gravierende Anziehung, sie ist das
Bewegliche, insofern sie der Anziehung folgt. Aber Kant, der Meister der
Metaphysik, setzte hinzu, a xriori könne metaphysisch von der Materie nur
gesagt werden, daß sie aus anziehenden und abstoßenden Kräften zu bestehen
habe; aber selbst das Gesetz der Gravitation könne nur aus Daten der Er¬
fahrung und nicht a priori bestimmt werden. Möglich sei, sagte er weiter
zur Erklärung der Vielartigkeit der Körper, daß diese eine gravitirende Materie
in verschiedene Materien von verschiedener specifischer Dichtigkeit unterschieden
sei, aber hierüber, wie namentlich über die chemischen Verbindungen könnte
nichts g. priori, sondern nur durch die Daten der Erfahrung entschieden
werden. Diese Daten sind denn seit Kant durch die Chemiker herbeigeschafft
worden. Ich nenne dabei Dalton. weil er zeigte, daß die einheitlich anziehende
Materie in Atome unterschieden sei, ich nenne Avogadro, insofern er zeigte,
daß das Gewicht der Atome ihre specifische Dichtigkeit bezeichne. Ich nenne
Kekule, weil er mit der Entdeckung des atombindenden Werthes zeigte, daß
den Atomen eine bestimmte Natur oder Eigenart zukomme.


heimathen der Dinge. Naturerkenntniß war ihnen daher Erkenntniß der Ge¬
setze Gottes, und deshalb erwachte in der Zeit der Reformation jene wissen¬
schaftliche Methode, welche frei von subjectiven Aesthetisiren die Dinge
in ihrer Objectivität, d. h. in ihrer von Gott als eg-usa, sui und der Welt
geordneten Bestimmtheit, in ihrem gesetzlichen Sein und Werden er¬
kennen wollte.

Nicht als unrein und nicht als gemein, sondern als Zeichen der Macht
und Herrlichkett Gottes galt deshalb die Materie, und Galilei zeigte daher
die Unrichtigkeit jener ästhetistrenden und im Sinnenschein verharrenden Vor¬
stellung, daß das Feuer nach oben steige, weil es mehr des reinen zum
Himmel strebenden Princips theilhaftig sei, als die schweren Körper. Er be¬
wies, daß allen Körpern und Materien, den luftigen und schweren eine gleich¬
artige, gradlinige Bewegung zukomme. Boyle bekämpfte die ästhetistrende
Vorstellung von reinen und unreinen Elementen, nach ihm ist jedes Element
rein, wenn nichts anderes in ihm steckt, und verunreinigend ist jedes Element,
wenn es an einem Ort ist, wo es nicht hingehört. Gold selbst ist verun¬
reinigend, wenn es z. B. in rein sein sollenden Eisen ist. Newton's Ruhm
aber gründet in Bezug auf unsere Frage darin, daß seit ihm jene subjective
Vorstellung, wonach nur die Seele Kraft sei und die Materie kraftlos, als
unrichtig erkannt ward, da er bewies, daß alle Materie Kraft sei, insofern
sie proportional der Masse und umgekehrt proportional dem Quadrat der
Entfernung anziehend wirke. Kant führte in seinen metaphysischen Anfangs¬
gründen der Naturwissenschaft den Gedanken, daß Materie Kraft sei, weiter
aus. Er sagte, die Materie ist das beweglich Bewegende als anziehende
Kraft. Die Materie ist das Bewegende als gravierende Anziehung, sie ist das
Bewegliche, insofern sie der Anziehung folgt. Aber Kant, der Meister der
Metaphysik, setzte hinzu, a xriori könne metaphysisch von der Materie nur
gesagt werden, daß sie aus anziehenden und abstoßenden Kräften zu bestehen
habe; aber selbst das Gesetz der Gravitation könne nur aus Daten der Er¬
fahrung und nicht a priori bestimmt werden. Möglich sei, sagte er weiter
zur Erklärung der Vielartigkeit der Körper, daß diese eine gravitirende Materie
in verschiedene Materien von verschiedener specifischer Dichtigkeit unterschieden
sei, aber hierüber, wie namentlich über die chemischen Verbindungen könnte
nichts g. priori, sondern nur durch die Daten der Erfahrung entschieden
werden. Diese Daten sind denn seit Kant durch die Chemiker herbeigeschafft
worden. Ich nenne dabei Dalton. weil er zeigte, daß die einheitlich anziehende
Materie in Atome unterschieden sei, ich nenne Avogadro, insofern er zeigte,
daß das Gewicht der Atome ihre specifische Dichtigkeit bezeichne. Ich nenne
Kekule, weil er mit der Entdeckung des atombindenden Werthes zeigte, daß
den Atomen eine bestimmte Natur oder Eigenart zukomme.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/330>, abgerufen am 27.11.2024.