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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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sich namentlich Herr Präsident von Wegnern durch seinen Eifer für sie her-
vorgethan, bis 1874 als Vizepräsident im Regierungsbezirk Posen, seitdem
als Regierungs-Prästdent im Bezirk Bromberg. Sein Amtsnachfolger in
Posen, Herr Wegner, ist darin weniger thätig; er befolgt den Grundsatz,
nicht anders eine Veränderung der polnischen Ortsnamen von Amtswegen
vorzunehmen, als wenn sie im Munde des deutschen Theiles der Bevölke¬
rung gebräuchlich geworden ist. Da nun aber im größeren Theile des Re¬
gierungsbezirks eine deutsche Bevölkerung kaum vorhanden ist, so bedeutet
das um so mehr Beibehaltung des bisherigen Zustandes, als auch ein
großer Theil des deutschen Volksbestandtheils der Aenderung widerstrebt.

Präsident v. Wegnern befolgt seinerseits den Grundsatz, daß alle polni¬
schen Ortsnamen mindestens deutsch geschrieben werden müssen und daß dabei
den Namen der Städte und der Dörfer mit deutscher Bewohnerschaft zugleich
ein deutscher Klang, besonders in der Endung, zu geben sei. Als Probe
dieser bescheidensten Verdeutschung diene diejenige von 21 Namen von
Städten und Flecken, welche im September 1874 von der Regierung in
Bromberg auf ein mal angeordnet wurde. Danach sollte von da an ge¬
schrieben werden: Chodziesen Chodschesen, Samoczyn Samotschin, Usez Asch,
Budzyn Budsin, Klecko Kletzko, Kiszkowo Kischkowen. Mielczyn Mieltschin,
Inowraclaw Jnowrazlaw, Kruszwice Kruschwitz, Strzelno Strelno, Gembie
Gembitz, Pakosc Pakosch. Wylatowo Wilatowen. Barnim Bartschin, Labtszyn
Labischin, Gonzawa Gonsawa, Mroczen Mrotschen, Gollancz Gollantsch,
Janowiee Janowitz. Miescisko Mietschlsko, Wongrowiee Wongrowitz.

Schon oben wurde erwähnt, daß nicht blos bei der polnischen sondern
auch bei der deutschen Bevölkerung hin und wieder Widerstand gegen die
Ortsnamen-Verdeutschung erhoben wird -- aus trägem Hangen am Be¬
stehenden und Querköpfigkeit bei Mangel an deutschem Nationalgefühl.
So sollen denn auch die Stadtverordneten von Jnowrazlaw, wenn anders
ein polnisches Blatt wahr berichtete, gegen die Verwandlung des c
des Stadtnamens in z Protest erhoben haben, der begreiflich keinen weiteren
Erfolg hatte. -- Von denjenigen Querköpfigen, welche ihre Opposition in
öffentlichen Blättern mit Gründen belegen, spreche ich weiter unten. Hier
sei nur erwähnt, daß mehrere von denen, die gegen die Namenverdeutschung
überhaupt Einspruch erheben, gegen solche Einführung der deutschen Recht¬
schreibung nach vorstehendem Muster ihr verwerfendes Urtheil fällen, weil
sie -- gar keine Verdeutschung sei. Wenn diese Ansicht maßgebend für alle
Opposition gegen die Maßregel wäre, so würde den Leuten von den Deutsch-
gesinnten wohl geholfen werden. Die bromberger Regierung namentlich ordnet
die Anwendung der deutschen Schreibweise nur als das Geringste an, was
zur Wahrung der Würde des deutschen Volksbestandtheils in dem gemischt


sich namentlich Herr Präsident von Wegnern durch seinen Eifer für sie her-
vorgethan, bis 1874 als Vizepräsident im Regierungsbezirk Posen, seitdem
als Regierungs-Prästdent im Bezirk Bromberg. Sein Amtsnachfolger in
Posen, Herr Wegner, ist darin weniger thätig; er befolgt den Grundsatz,
nicht anders eine Veränderung der polnischen Ortsnamen von Amtswegen
vorzunehmen, als wenn sie im Munde des deutschen Theiles der Bevölke¬
rung gebräuchlich geworden ist. Da nun aber im größeren Theile des Re¬
gierungsbezirks eine deutsche Bevölkerung kaum vorhanden ist, so bedeutet
das um so mehr Beibehaltung des bisherigen Zustandes, als auch ein
großer Theil des deutschen Volksbestandtheils der Aenderung widerstrebt.

Präsident v. Wegnern befolgt seinerseits den Grundsatz, daß alle polni¬
schen Ortsnamen mindestens deutsch geschrieben werden müssen und daß dabei
den Namen der Städte und der Dörfer mit deutscher Bewohnerschaft zugleich
ein deutscher Klang, besonders in der Endung, zu geben sei. Als Probe
dieser bescheidensten Verdeutschung diene diejenige von 21 Namen von
Städten und Flecken, welche im September 1874 von der Regierung in
Bromberg auf ein mal angeordnet wurde. Danach sollte von da an ge¬
schrieben werden: Chodziesen Chodschesen, Samoczyn Samotschin, Usez Asch,
Budzyn Budsin, Klecko Kletzko, Kiszkowo Kischkowen. Mielczyn Mieltschin,
Inowraclaw Jnowrazlaw, Kruszwice Kruschwitz, Strzelno Strelno, Gembie
Gembitz, Pakosc Pakosch. Wylatowo Wilatowen. Barnim Bartschin, Labtszyn
Labischin, Gonzawa Gonsawa, Mroczen Mrotschen, Gollancz Gollantsch,
Janowiee Janowitz. Miescisko Mietschlsko, Wongrowiee Wongrowitz.

Schon oben wurde erwähnt, daß nicht blos bei der polnischen sondern
auch bei der deutschen Bevölkerung hin und wieder Widerstand gegen die
Ortsnamen-Verdeutschung erhoben wird — aus trägem Hangen am Be¬
stehenden und Querköpfigkeit bei Mangel an deutschem Nationalgefühl.
So sollen denn auch die Stadtverordneten von Jnowrazlaw, wenn anders
ein polnisches Blatt wahr berichtete, gegen die Verwandlung des c
des Stadtnamens in z Protest erhoben haben, der begreiflich keinen weiteren
Erfolg hatte. — Von denjenigen Querköpfigen, welche ihre Opposition in
öffentlichen Blättern mit Gründen belegen, spreche ich weiter unten. Hier
sei nur erwähnt, daß mehrere von denen, die gegen die Namenverdeutschung
überhaupt Einspruch erheben, gegen solche Einführung der deutschen Recht¬
schreibung nach vorstehendem Muster ihr verwerfendes Urtheil fällen, weil
sie — gar keine Verdeutschung sei. Wenn diese Ansicht maßgebend für alle
Opposition gegen die Maßregel wäre, so würde den Leuten von den Deutsch-
gesinnten wohl geholfen werden. Die bromberger Regierung namentlich ordnet
die Anwendung der deutschen Schreibweise nur als das Geringste an, was
zur Wahrung der Würde des deutschen Volksbestandtheils in dem gemischt


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[0298] sich namentlich Herr Präsident von Wegnern durch seinen Eifer für sie her- vorgethan, bis 1874 als Vizepräsident im Regierungsbezirk Posen, seitdem als Regierungs-Prästdent im Bezirk Bromberg. Sein Amtsnachfolger in Posen, Herr Wegner, ist darin weniger thätig; er befolgt den Grundsatz, nicht anders eine Veränderung der polnischen Ortsnamen von Amtswegen vorzunehmen, als wenn sie im Munde des deutschen Theiles der Bevölke¬ rung gebräuchlich geworden ist. Da nun aber im größeren Theile des Re¬ gierungsbezirks eine deutsche Bevölkerung kaum vorhanden ist, so bedeutet das um so mehr Beibehaltung des bisherigen Zustandes, als auch ein großer Theil des deutschen Volksbestandtheils der Aenderung widerstrebt. Präsident v. Wegnern befolgt seinerseits den Grundsatz, daß alle polni¬ schen Ortsnamen mindestens deutsch geschrieben werden müssen und daß dabei den Namen der Städte und der Dörfer mit deutscher Bewohnerschaft zugleich ein deutscher Klang, besonders in der Endung, zu geben sei. Als Probe dieser bescheidensten Verdeutschung diene diejenige von 21 Namen von Städten und Flecken, welche im September 1874 von der Regierung in Bromberg auf ein mal angeordnet wurde. Danach sollte von da an ge¬ schrieben werden: Chodziesen Chodschesen, Samoczyn Samotschin, Usez Asch, Budzyn Budsin, Klecko Kletzko, Kiszkowo Kischkowen. Mielczyn Mieltschin, Inowraclaw Jnowrazlaw, Kruszwice Kruschwitz, Strzelno Strelno, Gembie Gembitz, Pakosc Pakosch. Wylatowo Wilatowen. Barnim Bartschin, Labtszyn Labischin, Gonzawa Gonsawa, Mroczen Mrotschen, Gollancz Gollantsch, Janowiee Janowitz. Miescisko Mietschlsko, Wongrowiee Wongrowitz. Schon oben wurde erwähnt, daß nicht blos bei der polnischen sondern auch bei der deutschen Bevölkerung hin und wieder Widerstand gegen die Ortsnamen-Verdeutschung erhoben wird — aus trägem Hangen am Be¬ stehenden und Querköpfigkeit bei Mangel an deutschem Nationalgefühl. So sollen denn auch die Stadtverordneten von Jnowrazlaw, wenn anders ein polnisches Blatt wahr berichtete, gegen die Verwandlung des c des Stadtnamens in z Protest erhoben haben, der begreiflich keinen weiteren Erfolg hatte. — Von denjenigen Querköpfigen, welche ihre Opposition in öffentlichen Blättern mit Gründen belegen, spreche ich weiter unten. Hier sei nur erwähnt, daß mehrere von denen, die gegen die Namenverdeutschung überhaupt Einspruch erheben, gegen solche Einführung der deutschen Recht¬ schreibung nach vorstehendem Muster ihr verwerfendes Urtheil fällen, weil sie — gar keine Verdeutschung sei. Wenn diese Ansicht maßgebend für alle Opposition gegen die Maßregel wäre, so würde den Leuten von den Deutsch- gesinnten wohl geholfen werden. Die bromberger Regierung namentlich ordnet die Anwendung der deutschen Schreibweise nur als das Geringste an, was zur Wahrung der Würde des deutschen Volksbestandtheils in dem gemischt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/298>, abgerufen am 27.11.2024.