Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.Jas Pamphlet gegen die nationale "Kartei und Mrjt Aismarck*). Ein Pamphlet, dessen ersichtlicher Zweck, Gift zu säen zwischen der natio¬ Ein Zweck, recht verständlich vor den Wahlen. Aber wessen Zweck: Aber trotz der Symptome, welche für den ultramontanen Ursprung spre¬ ") Nationalliberale Partei, nationalliberale Presse und höheres Gentlemanthum. Berlin,
Julius Springer 187K. Jas Pamphlet gegen die nationale "Kartei und Mrjt Aismarck*). Ein Pamphlet, dessen ersichtlicher Zweck, Gift zu säen zwischen der natio¬ Ein Zweck, recht verständlich vor den Wahlen. Aber wessen Zweck: Aber trotz der Symptome, welche für den ultramontanen Ursprung spre¬ ") Nationalliberale Partei, nationalliberale Presse und höheres Gentlemanthum. Berlin,
Julius Springer 187K. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0196" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/135777"/> </div> <div n="1"> <head> Jas Pamphlet gegen die nationale "Kartei und<lb/> Mrjt Aismarck*).</head><lb/> <p xml:id="ID_660"> Ein Pamphlet, dessen ersichtlicher Zweck, Gift zu säen zwischen der natio¬<lb/> nalliberalen Partei und dem Reichskanzler; die Partei aufzuregen gegen den<lb/> Kanzler, gleichzeitig aber auch den Kanzler, wie die nationalliberale Partei<lb/> in den Augen der großen Menge 1>es In- und Auslandes zu discreditiren.</p><lb/> <p xml:id="ID_661"> Ein Zweck, recht verständlich vor den Wahlen. Aber wessen Zweck:<lb/> wem zu Nutz- und Frommen verfolgt? Es liegt nahe genug, den Ursprung<lb/> des Pamphlets bei der ultramontanen Partei zu suchen. Wem kann mehr<lb/> daran gelegen sein, die Partei gegen den Kanzler aufzuhetzen, welche bisher<lb/> die parlamentarische Stütze desselben gewesen ist; wem mehr daran gelegen,<lb/> die nationalliberale Partei und den Kanzler womöglich durcheinander zu<lb/> ruiniren? Die Vermuthung dieses Ursprungs gewinnt scheinbar einen weiteren<lb/> Anhalt durch den Verlag, aus welchem wir mit diesem Pamphlet beschenkt<lb/> worden: ein Verlag, der ersichtlich neuerdings zum Stapelort der ultramon¬<lb/> tanen Artikel ausersehen worden und sich dazu hergegeben hat, mittels einer<lb/> Verbindung, die beiden Betheiligten von Vortheil sein mag. Der ultramon¬<lb/> tanen Ladung ist eine notorisch ultramontane Flagge nicht günstig; die Ladung<lb/> aber, unter wie fremder Flagge sie in die Welt gehen mag, ist eines be¬<lb/> stimmten Marktes sicher.</p><lb/> <p xml:id="ID_662" next="#ID_663"> Aber trotz der Symptome, welche für den ultramontanen Ursprung spre¬<lb/> chen, hat der Ultramontanismus bei diesem Pamphlet wohl nur Pathe ge¬<lb/> standen und seine Pathengeschenke eingebunden. Der Urheber aber ist Karlchen<lb/> Mießnik, der den Pelham gelesen hat und den Tummelplatz seiner Eitelkeit<lb/> im Parlament sucht, wie er eine schon im Verschwinden begriffene Generation<lb/> sich vorstellt. Karlchen Mießnik ist entrüstet, daß der erträumte Tummelplatz<lb/> seiner Thaten und selner eigenen Verherrlichung in der Wirklichkeit nicht zu<lb/> finden sein soll, wie seine Vorfahren in einem poetischen Zeitalter entrüstet<lb/> waren, als sie erfuhren, daß die Welt der Abenteuer suchenden Ritter nicht<lb/> mehr eristire. Unser Pelham, um gleich ein Bild seiner ersten Seite anzu¬<lb/> wenden, reitet auf dem abgetriebenen Pferd der sogenannten parlamentarischen<lb/> Regierung. Ein allgewaltiges Parlament, das Ministerien stürzt wie Kegel<lb/> und das den Staat alle Tage umblasen kann, wie ein Kartenhaus, ist sein<lb/> Ideal. Das Ideal verhält sich zu dem historischen Urbild des englischen<lb/> Parlaments ungefähr wie die Ritter in den Romanen von Kramer und Spieß<lb/> zu den wirklichen Rittern des Mtttelalters. Wie aber die Nachahmung des</p><lb/> <note xml:id="FID_45" place="foot"> ") Nationalliberale Partei, nationalliberale Presse und höheres Gentlemanthum. Berlin,<lb/> Julius Springer 187K.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0196]
Jas Pamphlet gegen die nationale "Kartei und
Mrjt Aismarck*).
Ein Pamphlet, dessen ersichtlicher Zweck, Gift zu säen zwischen der natio¬
nalliberalen Partei und dem Reichskanzler; die Partei aufzuregen gegen den
Kanzler, gleichzeitig aber auch den Kanzler, wie die nationalliberale Partei
in den Augen der großen Menge 1>es In- und Auslandes zu discreditiren.
Ein Zweck, recht verständlich vor den Wahlen. Aber wessen Zweck:
wem zu Nutz- und Frommen verfolgt? Es liegt nahe genug, den Ursprung
des Pamphlets bei der ultramontanen Partei zu suchen. Wem kann mehr
daran gelegen sein, die Partei gegen den Kanzler aufzuhetzen, welche bisher
die parlamentarische Stütze desselben gewesen ist; wem mehr daran gelegen,
die nationalliberale Partei und den Kanzler womöglich durcheinander zu
ruiniren? Die Vermuthung dieses Ursprungs gewinnt scheinbar einen weiteren
Anhalt durch den Verlag, aus welchem wir mit diesem Pamphlet beschenkt
worden: ein Verlag, der ersichtlich neuerdings zum Stapelort der ultramon¬
tanen Artikel ausersehen worden und sich dazu hergegeben hat, mittels einer
Verbindung, die beiden Betheiligten von Vortheil sein mag. Der ultramon¬
tanen Ladung ist eine notorisch ultramontane Flagge nicht günstig; die Ladung
aber, unter wie fremder Flagge sie in die Welt gehen mag, ist eines be¬
stimmten Marktes sicher.
Aber trotz der Symptome, welche für den ultramontanen Ursprung spre¬
chen, hat der Ultramontanismus bei diesem Pamphlet wohl nur Pathe ge¬
standen und seine Pathengeschenke eingebunden. Der Urheber aber ist Karlchen
Mießnik, der den Pelham gelesen hat und den Tummelplatz seiner Eitelkeit
im Parlament sucht, wie er eine schon im Verschwinden begriffene Generation
sich vorstellt. Karlchen Mießnik ist entrüstet, daß der erträumte Tummelplatz
seiner Thaten und selner eigenen Verherrlichung in der Wirklichkeit nicht zu
finden sein soll, wie seine Vorfahren in einem poetischen Zeitalter entrüstet
waren, als sie erfuhren, daß die Welt der Abenteuer suchenden Ritter nicht
mehr eristire. Unser Pelham, um gleich ein Bild seiner ersten Seite anzu¬
wenden, reitet auf dem abgetriebenen Pferd der sogenannten parlamentarischen
Regierung. Ein allgewaltiges Parlament, das Ministerien stürzt wie Kegel
und das den Staat alle Tage umblasen kann, wie ein Kartenhaus, ist sein
Ideal. Das Ideal verhält sich zu dem historischen Urbild des englischen
Parlaments ungefähr wie die Ritter in den Romanen von Kramer und Spieß
zu den wirklichen Rittern des Mtttelalters. Wie aber die Nachahmung des
") Nationalliberale Partei, nationalliberale Presse und höheres Gentlemanthum. Berlin,
Julius Springer 187K.
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