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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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jetzt geltende Gesetz. Die Einzelstaaten der Union können durch ihre Gesetz¬
gebungen hieran durchaus nichts ändern. Die Elektorenwahl muß demnach in
allen Unionsstaaten an einem und demselben Tage, wie im Jahre 1872 am
5. November, so in diesem Jahre am 7. November stattfinden.

Was nun die Nomination des Präsidentschaft s-Candidaten
anbetrifft, so wird dieselbe von den verschiedenen Parteien auf sogenannten
Nationalconventionen vorgenommenen, die durch Delegaten der einzel¬
nen Parteien beschickt werden. Die republikanische Partei hat ihre diesjährige
Nationaleonvention auf den 14. Juni nach Cincinnati im Staate Ohio aus¬
geschrieben, während die demokratische Partei die ihrige am 27. Juni zu
Se. Louis im Staate Missouri abzuhalten beschlossen hat; doch ist davon die
Rede, daß die Republikaner vielleicht nicht in Cincinnati, sondern in Chicago
oder einer andern Stadt der Union zusammentreten werden.

Zur Beschickung der Nationalconventtonen sind nun bereits von verschie¬
denen Staatsconventionen die nöthigen Schritte gethan worden, so z. B. in
Neu-Hampshire, Connecticut, Rhode Island, Pennsylvanien und New-Uork;
es finden aber noch den ganzen April und den Mai hindurch, bis in den
Juni hinein, solche Staatsconventionen statt. Von besonderem Interesse ist
die republikanische Staatsconvention von New-Uork gewesen, die am 22.
März in der Stadt Syracuse abgehalten wurde. Hier gelang es den politi¬
schen Drahtzieherkünsten der alten Grant-Partei, den Bundessenator Roscoe
Conkling der demnächst in Cincinnati oder anderswo zusammentretender
Nationalconvention der Republikaner als republikanischen Präsidentschaftscan-
didaten zu empfehlen. Allein diese Empfehlung kam nicht ohne harten Kampf
zu Stande, indem nahezu der dritte Theil der Conventsmitglieder dagegen
lebhaft protestirte. Herr Roscoe Conkling zählt nämlich zu den intimsten
Freunden des Präsidenten Grant, und wenn außer diesem irgend Jemand
für die Sünden und Fehler von dessen Administration verantwortlich zu
machen ist, so ist dies Herr Roscoe Conkling. Er ist einer der corruptesten
Politiker, welche die Union gegenwärtig aufzuweisen hat. denn es würde schwer
sein, eine unsaubere Maßregel von Bedeutung aufzuweisen, bei der er nicht
unter der Grantregierung die Hand mit im Spiele gehabt hätte. Wie die
"New-Uork Tribüne" meldet, waren die Hauptunterstützer der Empfehlung von
Conklin als Präsidentschaftskandidaten auffallender Weise Vertreter von Wahl-
distrikten, in denen die demokratische Partei die Oberhand hat. während die
Delegirten, welche auf der Staatsconvention zu Syracuse die vorwiegend re¬
publikanisch gesinnten Wahldistrikte repräsentirten, entweder entschiedene Geg¬
ner von Conklin waren oder doch nur widerwillig für ihn stimmten. Jeden¬
falls werden die unabhängigen Republikaner unter keinen Umständen die
Candidatur des Herrn Conklin unterstützen. Aus diesen Gründen unterliegt


jetzt geltende Gesetz. Die Einzelstaaten der Union können durch ihre Gesetz¬
gebungen hieran durchaus nichts ändern. Die Elektorenwahl muß demnach in
allen Unionsstaaten an einem und demselben Tage, wie im Jahre 1872 am
5. November, so in diesem Jahre am 7. November stattfinden.

Was nun die Nomination des Präsidentschaft s-Candidaten
anbetrifft, so wird dieselbe von den verschiedenen Parteien auf sogenannten
Nationalconventionen vorgenommenen, die durch Delegaten der einzel¬
nen Parteien beschickt werden. Die republikanische Partei hat ihre diesjährige
Nationaleonvention auf den 14. Juni nach Cincinnati im Staate Ohio aus¬
geschrieben, während die demokratische Partei die ihrige am 27. Juni zu
Se. Louis im Staate Missouri abzuhalten beschlossen hat; doch ist davon die
Rede, daß die Republikaner vielleicht nicht in Cincinnati, sondern in Chicago
oder einer andern Stadt der Union zusammentreten werden.

Zur Beschickung der Nationalconventtonen sind nun bereits von verschie¬
denen Staatsconventionen die nöthigen Schritte gethan worden, so z. B. in
Neu-Hampshire, Connecticut, Rhode Island, Pennsylvanien und New-Uork;
es finden aber noch den ganzen April und den Mai hindurch, bis in den
Juni hinein, solche Staatsconventionen statt. Von besonderem Interesse ist
die republikanische Staatsconvention von New-Uork gewesen, die am 22.
März in der Stadt Syracuse abgehalten wurde. Hier gelang es den politi¬
schen Drahtzieherkünsten der alten Grant-Partei, den Bundessenator Roscoe
Conkling der demnächst in Cincinnati oder anderswo zusammentretender
Nationalconvention der Republikaner als republikanischen Präsidentschaftscan-
didaten zu empfehlen. Allein diese Empfehlung kam nicht ohne harten Kampf
zu Stande, indem nahezu der dritte Theil der Conventsmitglieder dagegen
lebhaft protestirte. Herr Roscoe Conkling zählt nämlich zu den intimsten
Freunden des Präsidenten Grant, und wenn außer diesem irgend Jemand
für die Sünden und Fehler von dessen Administration verantwortlich zu
machen ist, so ist dies Herr Roscoe Conkling. Er ist einer der corruptesten
Politiker, welche die Union gegenwärtig aufzuweisen hat. denn es würde schwer
sein, eine unsaubere Maßregel von Bedeutung aufzuweisen, bei der er nicht
unter der Grantregierung die Hand mit im Spiele gehabt hätte. Wie die
„New-Uork Tribüne" meldet, waren die Hauptunterstützer der Empfehlung von
Conklin als Präsidentschaftskandidaten auffallender Weise Vertreter von Wahl-
distrikten, in denen die demokratische Partei die Oberhand hat. während die
Delegirten, welche auf der Staatsconvention zu Syracuse die vorwiegend re¬
publikanisch gesinnten Wahldistrikte repräsentirten, entweder entschiedene Geg¬
ner von Conklin waren oder doch nur widerwillig für ihn stimmten. Jeden¬
falls werden die unabhängigen Republikaner unter keinen Umständen die
Candidatur des Herrn Conklin unterstützen. Aus diesen Gründen unterliegt


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[0156] jetzt geltende Gesetz. Die Einzelstaaten der Union können durch ihre Gesetz¬ gebungen hieran durchaus nichts ändern. Die Elektorenwahl muß demnach in allen Unionsstaaten an einem und demselben Tage, wie im Jahre 1872 am 5. November, so in diesem Jahre am 7. November stattfinden. Was nun die Nomination des Präsidentschaft s-Candidaten anbetrifft, so wird dieselbe von den verschiedenen Parteien auf sogenannten Nationalconventionen vorgenommenen, die durch Delegaten der einzel¬ nen Parteien beschickt werden. Die republikanische Partei hat ihre diesjährige Nationaleonvention auf den 14. Juni nach Cincinnati im Staate Ohio aus¬ geschrieben, während die demokratische Partei die ihrige am 27. Juni zu Se. Louis im Staate Missouri abzuhalten beschlossen hat; doch ist davon die Rede, daß die Republikaner vielleicht nicht in Cincinnati, sondern in Chicago oder einer andern Stadt der Union zusammentreten werden. Zur Beschickung der Nationalconventtonen sind nun bereits von verschie¬ denen Staatsconventionen die nöthigen Schritte gethan worden, so z. B. in Neu-Hampshire, Connecticut, Rhode Island, Pennsylvanien und New-Uork; es finden aber noch den ganzen April und den Mai hindurch, bis in den Juni hinein, solche Staatsconventionen statt. Von besonderem Interesse ist die republikanische Staatsconvention von New-Uork gewesen, die am 22. März in der Stadt Syracuse abgehalten wurde. Hier gelang es den politi¬ schen Drahtzieherkünsten der alten Grant-Partei, den Bundessenator Roscoe Conkling der demnächst in Cincinnati oder anderswo zusammentretender Nationalconvention der Republikaner als republikanischen Präsidentschaftscan- didaten zu empfehlen. Allein diese Empfehlung kam nicht ohne harten Kampf zu Stande, indem nahezu der dritte Theil der Conventsmitglieder dagegen lebhaft protestirte. Herr Roscoe Conkling zählt nämlich zu den intimsten Freunden des Präsidenten Grant, und wenn außer diesem irgend Jemand für die Sünden und Fehler von dessen Administration verantwortlich zu machen ist, so ist dies Herr Roscoe Conkling. Er ist einer der corruptesten Politiker, welche die Union gegenwärtig aufzuweisen hat. denn es würde schwer sein, eine unsaubere Maßregel von Bedeutung aufzuweisen, bei der er nicht unter der Grantregierung die Hand mit im Spiele gehabt hätte. Wie die „New-Uork Tribüne" meldet, waren die Hauptunterstützer der Empfehlung von Conklin als Präsidentschaftskandidaten auffallender Weise Vertreter von Wahl- distrikten, in denen die demokratische Partei die Oberhand hat. während die Delegirten, welche auf der Staatsconvention zu Syracuse die vorwiegend re¬ publikanisch gesinnten Wahldistrikte repräsentirten, entweder entschiedene Geg¬ ner von Conklin waren oder doch nur widerwillig für ihn stimmten. Jeden¬ falls werden die unabhängigen Republikaner unter keinen Umständen die Candidatur des Herrn Conklin unterstützen. Aus diesen Gründen unterliegt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/156>, abgerufen am 27.11.2024.