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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.

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Mit meinem Papier geht auch meine Muße zu Ende. -- Meine herz¬
lichen Grüße wirst Du an alle Freunde nicht vergessen. Vorzüglich nicht
meinen l. Geschwistern und in. herzl. Freund Sam. v. Haller mit dem Kuß
der innigsten Liebe. -- Gott mache mich so glücklich, daß ich von Allem bald
die besten Nachrichten höre. --

Meine Adresse lese im Couvert mit Bericht. Vergebe mein Geschmier,
aber ich bin im Augenblick übel mit Schreib - Material daran, die man hier
gar nicht bekommen kann. Gott seegne Deinen Eintritt in das Neue Jahr
und erhalte Deine Liebe

Deinem


Br. Carl Haller.

Zarte den 15. August 1811.

Mein letzter Brief war im vergangenen Winter aus Athen an Dich
abgeschickt, den Du, wenn er auch, was ich hoffe, in Deine Hände gekommen
ist, auf jedem Fall spät erhalten haben mußt, da wie ich bei meiner neuerlg.
Durchreise durch Patraß, von dem dänischen Consul erfuhr, daß er keine
Gelegenheit hatte, ihn über Corfu gehen zu lassen, und daher nach Malta
schickte. Ich hatte Dir darinnen eine kleine Skizze von meinem Aufenthalt
zu Athen gemacht. -- Meine damals angefangenen Beschäftigungen dauerten
noch eine Weile fort, bis ich nach Beendigung eines Theiles davon im Monat
April mit meinem Freund Cockerell eine Reise nach der Insel Aegina be¬
schloß, zu welcher uns ein anderer engl. Architekt Foster und Freund Links
Gesellschaft leisteten. Ich hatte mich lange auf die Untersuchung des dortigen
Jupiter-?ankellemu8-Tempels gefreut, die ich nun mit einem größeren
Eifer vornahm, nachdem ich meinen Sinn durch die genauere Kenntniß der
dorischen B. K. an den herrlichen Monumenten zu Athen geweidet hatte.
Ich sah bald, daß sich mir hier ein großes Feld zur Erweiterung meiner
Kenntnisse darbot, als ich die Ruinen, die ich bisher nur durch oberflächliche
Schilderungen und mahlerische Darstellungen kannte, in ihrer Wirklichkeit
anschaute, und wir waren bald einstimmig, keinen Muth und Kosten zu
sparen, um eine deutliche Erkenntniß von der Beschaffenheit dieses herrlichen
Tempels in seiner Vollendung zu erhalten, in wie weit es uns hterinnen
gelungen ist, möchte ich Dir es. Br. vor Allem gerne mittheilen, allein es
ist mir, beherrscht von den mancherlei Umständen, für den Augenblick un¬
möglich, es mit ruhigem Nachdenken zu thun. Vielleicht kann Dir die mit¬
folgende Relation und die fragmentarische Zeichnung, die ich, so gut es die
Umstände der Reise, und die nöthige Eilfertigkeit erlaubten, zu machen be¬
müht war, hinlängliche äg-eg. geben, um vorläufig über unseren Antikenfund
den wir bey der Untersuchung des genannten Tempels machten, so bald als


Mit meinem Papier geht auch meine Muße zu Ende. — Meine herz¬
lichen Grüße wirst Du an alle Freunde nicht vergessen. Vorzüglich nicht
meinen l. Geschwistern und in. herzl. Freund Sam. v. Haller mit dem Kuß
der innigsten Liebe. — Gott mache mich so glücklich, daß ich von Allem bald
die besten Nachrichten höre. —

Meine Adresse lese im Couvert mit Bericht. Vergebe mein Geschmier,
aber ich bin im Augenblick übel mit Schreib - Material daran, die man hier
gar nicht bekommen kann. Gott seegne Deinen Eintritt in das Neue Jahr
und erhalte Deine Liebe

Deinem


Br. Carl Haller.

Zarte den 15. August 1811.

Mein letzter Brief war im vergangenen Winter aus Athen an Dich
abgeschickt, den Du, wenn er auch, was ich hoffe, in Deine Hände gekommen
ist, auf jedem Fall spät erhalten haben mußt, da wie ich bei meiner neuerlg.
Durchreise durch Patraß, von dem dänischen Consul erfuhr, daß er keine
Gelegenheit hatte, ihn über Corfu gehen zu lassen, und daher nach Malta
schickte. Ich hatte Dir darinnen eine kleine Skizze von meinem Aufenthalt
zu Athen gemacht. — Meine damals angefangenen Beschäftigungen dauerten
noch eine Weile fort, bis ich nach Beendigung eines Theiles davon im Monat
April mit meinem Freund Cockerell eine Reise nach der Insel Aegina be¬
schloß, zu welcher uns ein anderer engl. Architekt Foster und Freund Links
Gesellschaft leisteten. Ich hatte mich lange auf die Untersuchung des dortigen
Jupiter-?ankellemu8-Tempels gefreut, die ich nun mit einem größeren
Eifer vornahm, nachdem ich meinen Sinn durch die genauere Kenntniß der
dorischen B. K. an den herrlichen Monumenten zu Athen geweidet hatte.
Ich sah bald, daß sich mir hier ein großes Feld zur Erweiterung meiner
Kenntnisse darbot, als ich die Ruinen, die ich bisher nur durch oberflächliche
Schilderungen und mahlerische Darstellungen kannte, in ihrer Wirklichkeit
anschaute, und wir waren bald einstimmig, keinen Muth und Kosten zu
sparen, um eine deutliche Erkenntniß von der Beschaffenheit dieses herrlichen
Tempels in seiner Vollendung zu erhalten, in wie weit es uns hterinnen
gelungen ist, möchte ich Dir es. Br. vor Allem gerne mittheilen, allein es
ist mir, beherrscht von den mancherlei Umständen, für den Augenblick un¬
möglich, es mit ruhigem Nachdenken zu thun. Vielleicht kann Dir die mit¬
folgende Relation und die fragmentarische Zeichnung, die ich, so gut es die
Umstände der Reise, und die nöthige Eilfertigkeit erlaubten, zu machen be¬
müht war, hinlängliche äg-eg. geben, um vorläufig über unseren Antikenfund
den wir bey der Untersuchung des genannten Tempels machten, so bald als


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[0295] Mit meinem Papier geht auch meine Muße zu Ende. — Meine herz¬ lichen Grüße wirst Du an alle Freunde nicht vergessen. Vorzüglich nicht meinen l. Geschwistern und in. herzl. Freund Sam. v. Haller mit dem Kuß der innigsten Liebe. — Gott mache mich so glücklich, daß ich von Allem bald die besten Nachrichten höre. — Meine Adresse lese im Couvert mit Bericht. Vergebe mein Geschmier, aber ich bin im Augenblick übel mit Schreib - Material daran, die man hier gar nicht bekommen kann. Gott seegne Deinen Eintritt in das Neue Jahr und erhalte Deine Liebe Deinem Br. Carl Haller. Zarte den 15. August 1811. Mein letzter Brief war im vergangenen Winter aus Athen an Dich abgeschickt, den Du, wenn er auch, was ich hoffe, in Deine Hände gekommen ist, auf jedem Fall spät erhalten haben mußt, da wie ich bei meiner neuerlg. Durchreise durch Patraß, von dem dänischen Consul erfuhr, daß er keine Gelegenheit hatte, ihn über Corfu gehen zu lassen, und daher nach Malta schickte. Ich hatte Dir darinnen eine kleine Skizze von meinem Aufenthalt zu Athen gemacht. — Meine damals angefangenen Beschäftigungen dauerten noch eine Weile fort, bis ich nach Beendigung eines Theiles davon im Monat April mit meinem Freund Cockerell eine Reise nach der Insel Aegina be¬ schloß, zu welcher uns ein anderer engl. Architekt Foster und Freund Links Gesellschaft leisteten. Ich hatte mich lange auf die Untersuchung des dortigen Jupiter-?ankellemu8-Tempels gefreut, die ich nun mit einem größeren Eifer vornahm, nachdem ich meinen Sinn durch die genauere Kenntniß der dorischen B. K. an den herrlichen Monumenten zu Athen geweidet hatte. Ich sah bald, daß sich mir hier ein großes Feld zur Erweiterung meiner Kenntnisse darbot, als ich die Ruinen, die ich bisher nur durch oberflächliche Schilderungen und mahlerische Darstellungen kannte, in ihrer Wirklichkeit anschaute, und wir waren bald einstimmig, keinen Muth und Kosten zu sparen, um eine deutliche Erkenntniß von der Beschaffenheit dieses herrlichen Tempels in seiner Vollendung zu erhalten, in wie weit es uns hterinnen gelungen ist, möchte ich Dir es. Br. vor Allem gerne mittheilen, allein es ist mir, beherrscht von den mancherlei Umständen, für den Augenblick un¬ möglich, es mit ruhigem Nachdenken zu thun. Vielleicht kann Dir die mit¬ folgende Relation und die fragmentarische Zeichnung, die ich, so gut es die Umstände der Reise, und die nöthige Eilfertigkeit erlaubten, zu machen be¬ müht war, hinlängliche äg-eg. geben, um vorläufig über unseren Antikenfund den wir bey der Untersuchung des genannten Tempels machten, so bald als

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/295>, abgerufen am 27.09.2024.